1 Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind (Fremdgeschäftsführer)
Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, werden aufgrund eines mit der GmbH abgeschlossenen Dienstvertrags in einem fremden Betrieb tätig. Sie erhalten teilweise eine gewinn- und verlustunabhängige Vergütung. Solche Fremdgeschäftsführer gehören als leitende Angestellte zu den Beschäftigten. Das gilt selbst, wenn
- die Geschäftsführer in ihrer Tätigkeit weitgehend weisungsfrei sind oder
- dem Direktionsrecht der Gesellschafter nur eingeschränkt unterliegen.
Die nach dem Gesellschaftsrecht durch die Gesellschafter ausgeübte Überwachung führt bereits grundsätzlich zu einer abhängigen Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung. [ 104 ] Fremdgeschäftsführer üben daher ganz regelmäßig eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus [ 105 ] , auch wenn sie Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen. [ 106 ] Dem stehen eventuell neben der Vergütung vereinbarte Tantiemen bzw. Gewinnbeteiligungen nicht entgegen. Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung besteht wie bei allen Arbeitnehmern u. a. nur, wenn das regelmäßige Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. [ 107 ]
2 Gesellschafter-Geschäftsführer
Mitunternehmer sind in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts und keine Beschäftigten im Sinne der Sozialversicherung. Insoweit besteht also keine Sozialversicherungspflicht.
Ist ein Gesellschafter jedoch gleichzeitig im Unternehmen als Arbeitnehmer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt, müssen die Kriterien eines Beschäftigungsverhältnisses im Einzelfall überprüft werden, d. h., ob nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung eher die Merkmale der Arbeitgeberfunktion (als Gesellschafter) oder als Arbeitnehmer (leitender Angestellter) überwiegen. [ 108 ]
Selbstständig Tätige können rentenversicherungspflichtig sein
In der Rentenversicherung gelten für Gesellschafter-Geschäftsführer hinsichtlich der Versicherungspflicht besondere Regelungen. Selbst wenn ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und damit die Rentenversicherungspflicht als Arbeitnehmer verneint werden, kann es dennoch zur Rentenversicherungspflicht als selbstständig Tätiger kommen.
3 GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer
Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH können in einem abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern kann ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH aufgrund deren Beteiligung am Stammkapital oder besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag und der sich daraus ergebenden Rechtsmacht von vornherein ausgeschlossen sein.
3.1 Mindestens 50 % Anteil am Stammkapital
Verfügen Geschäftsführer einer GmbH als Gesellschafter über mindestens die Hälfte des Stammkapitals, können sie dadurch die Entscheidungen der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Die Beschlüsse werden in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Gegen ihren Willen können dann keine Beschlüsse getroffen werden. Diese Gesellschafter-Geschäftsführer sind daher aufgrund ihrer Rechtsmacht nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
3.2 Sperrminorität
Gesellschaftsverträge können auch andere Möglichkeiten der Stimmverteilung und Beschlussfassung als allein nach der Kapitalbeteiligung vorsehen. Auch wenn der Anteil von Gesellschafter-Geschäftsführern am Stammkapital einer GmbH weniger als die Hälfte beträgt, kann daher ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung von vornherein ausgeschlossen sein. Solche Gesellschafter-Geschäftsführer sind nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, wenn sie z. B. aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag sämtliche Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern können (sog. umfassende Sperrminorität). Auch sie haben die Rechtsmacht, Beschlüsse zu verhindern. [ 109 ]
Name: LI5544541 Rz:Achtung
Wirkung der eingeschränkten Sperrminorität
Eine nur eingeschränkte Sperrminorität, die nicht auf alle Angelegenheiten der GmbH Anwendung findet, schließt ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus. [ 110 ]
3.3 Übrige Gesellschafter-Geschäftsführer
Ist bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis von vornherein weder aufgrund deren Beteiligung am Stammkapital noch aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen, stehen sie aufgrund der insoweit fehlenden Rechtsmacht und der daraus resultierenden persönlichen Abhängigkeit grundsätzlich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH.
Ob in gänzlich atypischen Sonderfällen trotz fehlender Rechtsmacht eine abhängige Beschäftigung ausnahmsweise ausgeschlossen sein kann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse die rechtlichen überlagern, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung zu beurteilen. Hierfür müssen alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden. [ 111 ]
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§§ 25 und 31 MitbestG. |
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BAG, Beschluss v. 8.2.2022, 9 AZB 40/21, Rzn. 24, 25. |
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R 8.5 KStR 2022. |
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R 8.5 Abs. 2 KStR 2022, FG Münster, Urteil v. 17.12.2020, 9 V 3073/20 E: Monatlich stark schwankende Vergütung an den Gesellschafter-Geschäftsführer. |
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§§ 34, 69 AO; BFH, Urteil v. 16.5.2017, VII R 25/16, BStBl 2017 II S. 934: Einwendungsausschluss im Haftungsverfahren durch unterlassenen Widerspruch des Geschäftsführers im insolvenzrechtlichen Prüfungstermin; BFH, Urteil v. 14.12.2021, VII R 32/20, BFH/NV 2022 S. 692; BFH, Beschluss v. 15.11.2022, VII R 23/19, BStBl 2023 II S. 549: Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen. |
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BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001, BStBl 2013 I S. 860; FG München, Urteil v. 2.1.2015, 15 K 3748/13; FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 11.5.2022, 2 K 1811/17. |
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BFH, Urteil v. 15.5.2013, VI R 24/12, BStBl 2014 II S. 495; BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001, BStBl 2013 I S. 860. |
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FG Köln, Urteil v. 19.3.2024, 8 K 530/22, Rev. wurde zugelassen. |
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BFH, Urteil v. 11.11.2015, I R 26/15, BStBl 2016 II S. 489; FG Münster, Urteil v. 5.9.2018, 7 K 3531/16 L, rkr.; s. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 21.12.2016, 1 K 1381/14, rkr.: Zur steuerlichen Anerkennung von Vereinbarungen über Arbeitszeitkonten bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern; BMF, Schreiben v. 8.8.2019, IV C 5 – S 2332/07/0004 :004, BStBl 2019 I S. 874. |
[ 65 ] |
BFH, Urteil v. 4.9.2019, VI R 39/17, BFH/NV 2020 S. 85; BFH, Urteil v. 22.2.2018, VI R 17/16, BStBl 2019 II S. 496; BMF, Schreiben v. 8.8.2019, IV C 5 – S 2332/07/0004:004, BStBl 2019 I S. 874. |
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BFH, Urteil v. 7.3.2018, I R 89/15, BStBl 2019 II S. 70; Hessisches FG, Urteil v. 29.9.2021, 4 K 1476/20, Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH unter Az. I B 87/21: Entgeltumwandlung, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer durch Rücklage bereits erdienter Aktivbezüge auf Zeitwertkonto (Investmentkonto der GmbH) zugunsten künftiger Altersbezüge über sein eigenes Vermögen verfügt. |
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FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 14.6.2021, 3 V 276/21; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 27.4.2022, 3 K 161/21, Rev. beim BFH unter Az. VI R 21/22, Unentgeltliche Übertragung von Anteilen an der Arbeitgeber-GmbH kein Arbeitslohn. |
[ 77 ] |
FG Münster, Urteil v. 4.9.2019, 4 K 1538/16 E G, Rev. beim BFH unter Az. III R 58/19. |
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[ 80 ] |
BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001, BStBl 2013 I S. 860. |
[ 81 ] |
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.6.2022, 12 K 58/20, aufgehoben durch BFH, Urteil v. 5.6.2024,VI R 20/22, BFH/NV 2024 S. 1090, Zurückverweisung an das FG Baden-Württemberg. |
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BGH, Urteil v. 1.10.2019, II ZR 387/17; BGH, Urteil v. 1.10.2019, II ZR 386/17. |
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[ 89 ] |
FG Düsseldorf, Urteil v. 16.11.2021, 6 K 2196/17 K, G, F, Rev. beim BFH unter Az. I R 50/22; BFH, Urteil v. 7.3.2018, I R 89/15, BStBl 2019 II S. 70. |
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BFH, Urteil v. 18.8.2016, VI R 18/13, BStBl 2017 II S. 730; BMF, Schreiben v. 4.7.2017, IV C 5 – S 2333/16/10002, BStBl 2017 I S. 883; FG Düsseldorf, Urteil v. 13.7.2017, 9 K 1804/16 E, Zurückverweisung durch BFH, Urteil v. 15.5.2018, X R 42/17, BFH/NV 2018 S. 1275. |
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§ 34 Abs. 1 und 2 Nr. 4 EStG; ab VZ 2025 nur noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. |
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[ 100 ] |
FG Düsseldorf, Urteil v. 9.6.2021, 7 K 3034/15 K, G, F, aufgehoben durch BFH, Urteil v. 28.2.2024, I R 29/21, BFH/NV 2024 S. 969, Zurückverweisung an das FG Düsseldorf mangels Spruchreife. |
[ 101 ] |
FG Münster, Urteil v. 18.3.2021, 10 K 4131/15 F, Rev. beim BFH unter Az. XI R 25/21: Zum Ansatz und zur Berechnung einer Pensionsrückstellung für wertpapiergebundene Pensionszusagen. |
[ 102 ] |
FG Düsseldorf, Urteil v. 16.11.2021, 6 K 2196/17 K, G, F, Rev. beim BFH unter Az. I R 50/22: Fehlende Erdienbarkeit einer auf Entgeltumwandlung beruhenden Pensionszusage bei über 60 Jahre altem Geschäftsführer (Alleingesellschafter der GmbH) rechtfertigt keinen Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung. |
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GR v. 21.3.2019: Anlage 3 i. d. F. v. 8.11.2017. |
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GR v. 1.4.2022: Abschn. 5. |
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