HI520367

Aufwandsentschädigung

LI1924232

Zusammenfassung

Name: LI1924233 Rz:

Begriff

Eine Aufwandsentschädigung ist die meist pauschalierte zusätzliche Vergütung für besondere Umstände oder Belastungen der Arbeit. Typisches Beispiel sind die Auslösungen im Baugewerbe oder bei Montagearbeitern. Steuerrechtlich gehören Aufwandsentschädigungen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn - allerdings können im öffentlichen Dienst gezahlte Aufwandsentschädigungen in bestimmtem Umfang steuerfrei gewährt werden. Die Beitragspflicht in der Sozialversicherung knüpft an die Steuerpflicht an.

Name: LI1924234 Rz:

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Ein gesetzlicher Aufwandsentschädigungsanspruch existiert nicht. Zur Begründung eines Anspruchs bedarf es entweder einer vertraglichen Zusage auf individualrechtlicher oder kollektivrechtlicher Grundlage, einer betrieblichen Übung oder aber sie muss sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.

Lohnsteuer: Im Steuerrecht ist § 3 Nr. 12 EStG zu berücksichtigen, bei nebenberuflicher (ehrenamtlicher) Tätigkeit § 3 Nrn. 26, 26a und 26b EStG. Ein ausführliches Anwendungsschreiben des BMF, Schreiben v. 21.11.2014, IV C 4 - S 2121/07/0010, BStBl 2014 I S. 1581, erläutert den Anwendungsbereich von § 3 Nrn. 26a und 26b EStG. Zur steuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer s. Koordinierter Ländererlass des FinMin Baden-Württemberg, Verfügung v. 10.2.2016, 3 – S 2337/38.

Sozialversicherung: § 14 Abs. 1 SGB IV definiert das zur Beitragspflicht in der Sozialversicherung heranzuziehende Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. § 1 Abs. 1 SvEV legt fest, unter welchen Bedingungen bestimmte Entgeltbestandteile kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen.

Name: LI1924235 Rz:

Kurzübersicht

Name: LI1924236 Rz:
Entgelt LSt SV
Aufwandsentschädigung im öffentlichen Dienst frei frei
Aufwandsentschädigung im öffentlichen Dienst für Verdienstausfall oder Zeitverlust pflichtig pflichtig
Aufwandsentschädigung für nebenberufliche Tätigkeiten in der Privatwirtschaft bis 3.000 EUR frei frei
Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeiten in der Privatwirtschaft bis 840 EUR frei frei
HI726567

Arbeitsrecht

HI12019872

1 Vertragliche Grundlage

Die Aufwandsentschädigung ist im Gegensatz zum Auslagenersatz Bestandteil des Arbeitsentgelts. [ 1 ] Es bedarf einer vertraglichen Grundlage, also eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder einer individualrechtlichen Vereinbarung, die auch auf einer Gesamtzusage oder auf einer betrieblichen Übung beruhen kann. Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Anspruch folgen.

HI12019873

2 Pfändbarkeit, Mindestlohn und Schadensersatz

Als Bestandteil des Lohnanspruchs ist die Aufwandsentschädigung außerdem nur in beschränktem Umfang pfändbar: Nach § 850a Nr. 3 ZPO sind Aufwandsentschädigungen unpfändbar, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.

Daneben hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, bei einem schuldhaften Verhalten des Arbeitgebers von diesem Schadensersatz zu verlangen.

Aufwandsentschädigungen zählen bei der Berechnung des Mindestlohns nicht mit, da sie keine Gegenleistung für geleistete Arbeit darstellen.

HI726568

Lohnsteuer

HI2306770

1 Steuerfreier Auslagenersatz

Zahlt der private Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Aufwandsentschädigungen, zählen sie grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Handelt es sich um durchlaufende Gelder oder Auslagenersatz, kommt eine Steuerfreiheit in Betracht. [ 2 ]

Pauschaler Auslagenersatz hingegen führt i. d. R. zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ausnahmsweise kann pauschaler Auslagenersatz steuerfrei bleiben, wenn er

  • regelmäßig wiederkehrt und
  • der Arbeitnehmer die entstandenen Aufwendungen für einen repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten im Einzelnen nachweist. [ 3 ]
HI7386474

2 Aufwandsentschädigung im öffentlichen Bereich

HI2306771

2.1 Zahlung aus öffentlichen Kassen

Im öffentlichen Dienst gezahlte Aufwandsentschädigungen sind steuerfrei, wenn sie

  1. dem Grunde und der Höhe nach gesetzlich festgelegt und
  2. im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes ausgewiesen sind. [ 4 ]

Andere Aufwandsentschädigungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften (z. B. Gemeinden, Landkreise) sind steuerfrei, wenn sie aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand offenbar übersteigen. [ 5 ] Mit der steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung nach der Landeskommunalbesoldungsverordnung des Landes Baden-Württemberg soll der gesamte durch das Amt verursachte persönliche Aufwand abgegolten werden. [ 6 ] § 3 Nr. 12 EStG ist im Verhältnis zu § 3 Nr. 13 EStG nachrangig. [ 7 ]

Kommunaler Spitzenverband

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gilt nicht für Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder eines Präsidiumsmitglieds eines privatrechtlich organisierten kommunalen Spitzenverbands. [ 8 ]

Ortsvorsteher

Die an ehrenamtliche Mitglieder Kommunaler Vertretungen und Ortsvorsteher gezahlten Vergütungen bzw. Entschädigungen bleiben nach besonderen Länderregelungen entsprechend der Funktion und Einwohnerzahl der Gemeinde steuerfrei. [ 9 ]

Rundfunkanstalten

Die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist als öffentlicher Dienst anzusehen, soweit es sich um den normalen Programmdienst handelt. [ 10 ]

Ehrenamtlicher Richter

Bei der "Entschädigung" eines ehrenamtlichen Richters nach § 18 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) für Verdienstausfall handelt es sich nicht um eine Aufwandsentschädigung bzw. Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit. Diese "Entschädigung" ist als Ersatz für den entfallenen Arbeitslohn steuerpflichtig, eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 1 und § 3 Nr. 26 EStG kommt aber nicht in Betracht. Eine an ehrenamtliche Richter gezahlte Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 16 JVEG ist nicht steuerbar. [ 11 ]

Ehrenamtlicher Betreuer

Aufwandsentschädigungen aus der Landeskasse an eine ehrenamtliche Betreuerin aus dem Titel "Auslagen in Rechtssachen" des Staatshaushalts sind nicht nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei, denn die Ausweisung im Haushaltsplan als Aufwandsentschädigung ist weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG. [ 12 ] Für die ehrenamtliche Betreuerin gilt aber § 3 Nr. 26b EStG, d. h. die Aufwandsentschädigungen sind steuerfrei, soweit sie nicht mit weiteren steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26 EStG den Freibetrag von 3.000 EUR überschreiten.

Verwaltungsratsmitglied

An Verwaltungsratsmitglieder gezahlte Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV sind steuerpflichtige Einnahmen aus einer sonstigen selbstständigen Tätigkeit. [ 13 ] Die Entschädigungen sind nicht steuerfrei gemäß § 3 Nr. 12 EStG. § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG setzt die Zahlung von Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes- oder Landeskasse voraus, was im Streitfall nicht gegeben war. Die Zahlung erfolgte vom Sozialversicherungsträger. [ 14 ]

Aufsichtsrat

Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG kommt für eine nebenberufliche ehrenamtliche Tätigkeit als Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH in Betracht. Im Streitfall ging es um eine Aufwandsentschädigung eines von einer Kommune in den Aufsichtsrat einer kommunalen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungs-GmbH entsandten, dem Weisungsrecht der Kommune unterliegenden Steuerpflichtigen. [ 15 ]

Freiberufler

Der BFH muss sich damit auseinandersetzen, ob eine Aufwandsentschädigung ausnahmsweise nicht steuerfrei nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ist , wenn ihr keine entsprechenden Aufwendungen (Werbungskosten oder Betriebsausgaben) gegenüberstehen. Zudem muss der BFH klären, ob die Höhe der anteiligen betrieblichen Fixkosten einer Freiberuflerpraxis, in der ein Steuerpflichtiger während seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht tätig sein kann, zu berücksichtigen ist, wenn der Steuerpflichtige einen gegenüber der (steuerfreien) Aufwandsentschädigung höheren steuerlich anzuerkennenden Aufwand nachweisen will und kann. Im Streitfall erhielt ein Freiberufler für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten für öffentliche Dienste aus einer öffentlichen Kasse eine Aufwandsentschädigung. [ 16 ]

Bürgermeister

Die an eine hauptamtliche Bürgermeisterin nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfreie gezahlte Dienstaufwandsentschädigung schließt den Werbungskostenabzug für Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Bürgermeisterin nach § 3c EStG aus, soweit sie die Dienstaufwandsentschädigung nicht übersteigen. [ 17 ]

Wahlhelfer

Wahlhelfer schulden der Gemeinde ihre Arbeitskraft und erzielen somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sofern der Freibetrag i.H.v. 250 EUR überschritten wird. Das führt zu einem verpflichteten Lohnsteuerabzug durch die Gemeinde. Eine mögliche Pauschalierung muss geprüft werden. [ 18 ]

[ 1 ]
[ 2 ]
[ 3 ]
[ 4 ]
[ 5 ]

§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG,

FinMin Baden-Württemberg, Verfügung v. 11.1.2019, 3 – S 233.7/31.

[ 6 ]
[ 7 ]
[ 8 ]
[ 9 ]

OFD Frankfurt, Verfügung v. 21.9.2020, S 2248 A – 7 – St 213.

[ 10 ]

§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG,

OFD Frankfurt, Verfügung v. 16.9.2014, S 2248 A – 8 – St 213.

[ 11 ]

BFH, Urteil v. 31.1.2017, IX R 10/16, BStBl 2018 II S. 571; OFD Frankfurt, Verfügung v. 9.5.2018, S 2337 A – 073 – St 213.

[ 12 ]
[ 13 ]
[ 14 ]
[ 15 ]
[ 16 ]

Thüringer FG, Urteil v. 11.5.2023, 4 K 401/22; Rev. beim BFH unter Az. VIII R 29/23.

[ 17 ]
[ 18 ]
[ 19 ]

R 3.12 Abs. 3 LStR,

BMF, Schreiben v. 8.4.2021, IV C 5 – S 2337/20/10001:001, BStBl 2021 I S. 622.

[ 20 ]

H 3.12 LStH "Übertragung nicht ausgeschöpfter steuerfreier Monatsbeträge".

[ 21 ]

§ 3 Nr. 26a Satz 2 EStG,

LfSt Bayern, Verfügung v. 18.9.2019, S 2121.2.1-29/25 St36.

[ 22 ]

Z. B. Ausbildungstätigkeit und Sofortmaßnahmen gegenüber Verunglückten und Verletzten.

[ 23 ]

FinMin Sachsen-Anhalt, Erlass v. 6.4.2023, 45-S 2342-204,

§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG.

[ 24 ]
[ 25 ]

FinMin Bayern, Verfügung v. 13.11.2013, 34 – S 2337 – 013 – 41 621/13, mit Beispielen.

[ 26 ]

OFD Frankfurt, Verfügung v. 2.9.2019, S 2245 A – 002 – St 29; FG Köln, Urteil v. 25.2.2015, 3 K 1350/12, rkr.

[ 27 ]

§ 3 Nr. 26 EStG,

OFD Niedersachsen, Verfügung v. 28.7.2011, S 2121 –55 – St 213; OFD Frankfurt, Verfügung v. 2.9.2019, S 2245 A – 002 – St 29.

[ 28 ]
[ 29 ]
[ 30 ]
[ 31 ]

§ 1808 Abs. 2 BGB; Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts v. 4.5.2021, BGBl 2021 I S. 882; Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern v. 26.6.2022, BGBl 2022 I S. 959.

[ 32 ]
[ 33 ]

§ 3 Nr. 26b EStG,

BFH, Urteil v. 17.10.2012, VIII R 57/09, BStBl 2013 II S. 799; OFD Frankfurt, Verfügung v. 30.8.2011, S 2121 A – 33 – St 213; BFH, Urteil v. 20.12.2017, III R 23/15, BStBl 2019 II S. 469; FinMin Niedersachsen, Merkblatt v. 30.10.2018, S 2337 – 117/7 – 34 13.

[ 34 ]
[ 35 ]

FinMin Thüringen, Erlass. v. 9.1.2023, 1040-21-S 2121/18-2-2898/2023.

[ 36 ]

BFH, Urteil v. 19.4.2012, V R 31/11, BFH/NV 2012 S. 1831; OFD Nordrhein-Westfalen, 2.9.2013, Kurzinformation ESt Nr. 14/2013 zu § 1835a BGB a. F.

[ 37 ]
[ 38 ]
[ 39 ]
[ 40 ]

i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG.

[ 41 ]
[ 42 ]
[ 43 ]

BMF, Schreiben v. 22.11.2013, IV D 3 – S 7172/13/10001, BStBl 2013 I S. 1590; FinMin Niedersachsen, Verfügung v. 30.10.2018, S S 2337 – 117/7 – 34 13, dort III.

[ 44 ]
[ 45 ]

BE v. 26./27.5.1999: TOP 3.

[ 46 ]