HI15692141

FG Baden-Württemberg Urteil vom 21.09.2022 - 2 K 842/20

rechtskräftig

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenabzug für Aufwendungen einer hauptberuflichen Bürgermeisterin in Baden-Württemberg für doppelte Haushaltsführung infolge eines unmittelbaren Zusammenhangs der Aufwendungen mit der nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 7 Abs. 1 LKomBesG und § 8 Abs. 1 LKomBesG

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Leitsatz (redaktionell)

1. Die Aufwendungen einer hauptberuflichen Ortsvorsteherin bzw. Bürgermeisterin für eine doppelte Haushaltsführung stehen mit der an die Ortsvorsteherin bzw. Bürgermeisterin gezahlten, nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung nach § 7 Abs. 1 LKomBesG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 LKomBesG in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang und sind daher nach § 3c EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen, soweit sie die Dienstaufwandsentschädigung nicht übersteigen. Diese Rechtslage ist nicht verfassungswidrig.

2. Mit der Regelung des § 7 Abs. 1 LKomBesG soll der gesamte durch das Amt verursachte persönliche Aufwand abgegolten werden soll, mithin auch der Aufwand für eine doppelte Haushaltsführung.

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Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 5 S. 1, § 3 Nr. 12 S. 2, § 3c Abs. 1; LKomBesG BW § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

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Tatbestand

Streitig ist, ob die Dienstaufwandsentschädigung nach § 7 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Besoldung und Dienstaufwandsentschädigung der Landräte, der hauptamtlichen Bürgermeister und der Beigeordneten (Landeskommunalbesoldungsgesetz – LKomBesG) vom 9. November 2010 beim Abzug von Werbungskosten der Klägerin mindernd anzusetzen ist.

Die seit … verheirateten Kläger hatten im Streitjahr einen nach ihren Angaben am … begründeten gemeinsamen Wohnsitz in A. Daneben hatte die Klägerin bereits seit … einen Wohnsitz in X, bei B. Von …. bis … war sie hauptamtliche Ortsvorsteherin in B und von … bis … hauptamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde C. Im Streitjahr fuhr sie an den Wochenenden regelmäßig in das … km von X entfernte A, in dem sich der gemeinsame private Lebensmittelpunkt der Kläger befand.

Als hauptamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde C bezog sie in xxxx neben ihren Bezügen in Höhe von monatlich … EUR brutto eine Dienstaufwandsentschädigung nach § 7 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 LKomBesG, die im Streitjahr 13,5 % ihres festgesetzten Grundgehalts, mithin insgesamt 10.486 EUR betrug.

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2018 (Bl. 140-169 FG-Akte) folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit der Klägerin geltend:

Kosten für eine doppelte Haushaltsführung (Grund: „Präsenzpflicht Bürgermeisterin”): 12.034 EUR

zuzüglich Verpflegungsmehraufwendungen für 24 An- und Abreisetage sowie 36 Tage mit Abwesenheit von 24 Stunden,

sonstige Werbungskosten (u.a. Fahrt- und Reisekosten, Bewirtungskosten): 3.651 EUR,

Wahlkampfkosten für das Bürgermeisteramt in D: 13.803 EUR.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2019 und 11. Juni 2019 forderte der Beklagte Belege und Erläuterungen zu den geltend gemachten Werbungskosten der Klägerin an. Er wies darauf hin, dass Verpflegungsmehraufwand im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nicht berücksichtigt werden könne, da der doppelte Haushalt bereits über 3 Monate Bestand gehabt habe.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2019 teilte der Prozessbevollmächtigte der Kläger dem Beklagten mit, als Bewirtungskosten seien, nach Durchsicht der Unterlagen, statt 689 EUR nur noch 674,42 EUR anzusetzen. Als Nachweis legte er eine Aufstellung der Bewirtungskosten und Belege hierzu vor (Bl. 46, 48, 67 Rückseite, 128-133 der Einkommensteuerakte). Er führte weiter aus, Verpflegungsmehraufwand sei für die Klägerin angefallen. Für den Wahlkampf im Jahr 2018 habe sie 4 Wochen Urlaub genommen. Dies sei eine ausreichend lange Unterbrechung, so dass der „Lauf der Verpflegungsmehraufwendungen” von vorne beginnen könne. Dem Schriftsatz als Anlage beigefügt war eine Kopie aus der Urlaubskartei der Klägerin. Daraus ist zu entnehmen, dass sie vom 12. September 2018 bis 7. Oktober 2018 Urlaub genommen hatte. Ferner reichte er weitere Belege zu den geltend gemachten Werbungskosten der Klägerin ein (Bl. 45 – 5, 65 – 71 und 119-138 der Einkommensteuerakte), darunter auch eine Aufstellung über Ausgaben bei verschiedenen Vereinsfesten in Höhe von insgesamt 530 EUR, für die „üblicherweise keine Belege” erstellt würden (Bl. 67 der Einkommensteuerakte). Diese Ausgaben in Höhe von 530 EUR hatten die Kläger nach Lage der Akten nicht als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Belege verwiesen.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 2. August 2019 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf xxxx EUR fest. Er berücksichtigte bei der Klägerin Werbungskosten in Höhe von insgesamt 19.002 EUR. In den Erläuterungen zur Festsetzung führte er aus, Verpflegungsmehraufwand im Rahmen der doppelten Haushaltsführung könne nicht gewährt werden, da laut vorgelegter Urlaubskarte die Unterbrechung vom Mittwoch, den 12. September, bis Freitag, den 5. Oktober (bzw. Sonntag, den 7. Oktober), gedauert habe und somit keine Unterbrechung von 4 Wochen vorliege. Bei den sonstigen Werbungskosten habe er bei den Bewirtungskosten den Eigenbeleg (Bewirtung in der ZBar: 280 EUR) nicht anerkannt.

Den vom Arbeitgeber der Klägerin steuerfrei übernommenen Dienstaufwand in Höhe von 10.486,14 EUR habe er von den geltend gemachten Werbungskosten abgezogen.

Am 29. August 2019 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 ein und wendeten sich gegen die Verrechnung der allgemeinen Dienstaufwandsentschädigung mit den Kosten der doppelten Haushaltsführung. Zur Begründung führten sie an, die Regelungen der §§ 7, 8 LKomBesG gewährten hauptamtlichen Bürgermeistern einen Rechtsanspruch auf Dienstaufwandsentschädigung. Diese solle den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand ausgleichen. Einen Katalog bestimmter Aufwendungen, die sie im Einzelnen ausgleichen solle, enthalte das Gesetz nicht. Daher erhielten kommunale Wahlbeamte die Dienstaufwandsentschädigung als Entschädigung für den durch das Amt „allgemein verursachten” erhöhten persönlichen Aufwand. In der Literatur werde vertreten, der die Zweckbestimmung der Aufwandsentschädigung umschreibende unbestimmte Rechtsbegriff sei umfassend zu verstehen, so dass hierunter z. B. erhöhter Bekleidungsaufwand, kleinere Aufwendungen für dienstlich veranlasste Bewirtungen sowie Aufwendungen für Kfz-Unterhaltung fielen, letztere soweit sie nicht als Reisekostenerstattung abgegolten würden. Mit der Dienstaufwendungsentschädigung sollten – zumindest fiktiv – alle zusätzlichen Kosten der Entschädigungsempfänger, die zwar aus dem Amt folgten, aber dem persönlichen Bereich zuzuordnen seien, abgegolten werden. Unbeachtlich sei, ob die Aufwandsentschädigung hierfür ausreichend sei. Haushaltsmittel, insbesondere auch Verfügungsmittel, dürften für diese Ausgaben nicht eingesetzt werden, weil deren Verwendung einen dienstlichen Zweck voraussetze. Die Abgrenzung zwischen einer Ausgabe in Ausübung einer dienstlichen Tätigkeit und einer persönlichen Ausgabe, die im Zusammenhang mit dem Amt stehe, sei anhand des Einzelfalles zu beurteilen. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg habe in seinem Urteil vom 15. November 1984 II 119/82 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1985, 170) den Anwendungsbereich der Dienstaufwandsentschädigung weit ausgelegt. Aus kommunalrechtlicher Sicht komme es aber entscheidend darauf an, ob die Ausgaben „im Dienst”, d. h. bei der Erledigung einer dienstlichen Aufgabe, angefallen seien. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Mehraufwendungen, die im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung stünden, „im Dienst”, mithin bei der Erledigung einer dienstlichen Aufgabe entstanden sein sollten. Denn der Zweitwohnsitz der Klägerin betreffe den Kernbereich privater Lebensgestaltung, der unabhängig von ihrer Amtsausübung als Bürgermeisterin der Gemeinde C sei. Eine Minderung des Aufwands für die doppelte Haushaltsführung durch die Dienstaufwandsentschädigung überspanne sowohl den Wortlaut wie auch den Sinn und Zweck der Aufwandsentschädigung. Nach dem Wortlaut werde der „Dienstaufwand” entschädigt, also Ausgaben „im Dienst”. Da die Zweitadresse der Klägerin der gemeinsame eheliche Wohnsitz am Wochenende und keine Dienstwohnung sei, sei ausschließlich ihr privater Lebensbereich betroffen. Die diesbezüglichen Mehraufwendungen beträfen somit keine Aufwendungen bei der Erledigung einer dienstlichen Aufgabe. Nach Sinn und Zweck der Regelung solle die Aufwandspauschale den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten und nicht aus Dienstbezügen zu bestreitenden zumutbaren erhöhten persönlichen Aufwand ausgleichen. Die Entscheidung der Klägerin, ihren Zweitwohnsitz in A anzumelden, sei nicht auf die dienstliche Ausübung ihres Bürgermeisteramtes zurückzuführen. Es handele sich somit bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht um persönlichen Aufwand, der durch die Dienstaufwandspauschale als unzumutbar entschädigt werden solle. Dies sei beispielsweise nur bei einer Residenzpflicht für Bürgermeister zu bejahen, die in Baden-Württemberg aber nicht bestehe.

In der Rechtsprechung sei die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit einer doppelten Haushaltsführung neben einer steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung bisher nicht thematisiert worden. Zudem betreffe die konkrete Ausgestaltung der Ehe – wie hier durch einen Zweitwohnsitz – den privaten Bereich. Der Abzug der steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung von den Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung widerspreche einer ehe- und familiengerechten Ausgestaltung des Steuerrechts, die gem. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich geboten sei. Diese Norm gebiete es, als wertentscheidende Grundsatznorm, bei Fragen der Besteuerung die in ihr enthaltene Wertentscheidung zu Gunsten von Ehe und Familie zu berücksichtigen. Das hieraus abzuleitende Beeinträchtigungs- und Benachteiligungsverbot untersage dem Staat in Anknüpfung an die grundrechtliche Gewährleistungsdimension nicht nur Beeinträchtigungen von Ehe und Familie in immateriell-persönlicher und materiell-wirtschaftlicher Hinsicht, sondern konkretisiere darüber hinaus auch in verschärfender Weise den in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Maßstab. Der Bejahung einer gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßenden Benachteiligung stehe nicht entgegen, dass die Rechtsfolgen eine nur geringe Anzahl von Personen beträfen oder dass es einer Regelung an einer gegen die Ehe bzw. gegen die Familie gerichteten Tendenz fehle. Die in Abzug gebrachte steuerfreie Dienstaufwandspauschale bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung verstoße daher gegen das Beeinträchtigungs- und Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2020 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er an, nach § 3 Nr. 12 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) sei die Dienstaufwandsentschädigung nach §§ 7 und 8 LKomBesG steuerfrei. Aufwendungen, die mit der steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden, seien nach § 3c EStG vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Oktober 2016 VI R 23/15 (Bundessteuerblatt – BStBl – II 2017, 345) sei die Dienstaufwandsentschädigung dazu bestimmt, die gesamten beruflich veranlassten Aufwendungen abzugelten. Der Arbeitnehmer könne nur diejenigen Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, die die Dienstaufwandsentschädigung überstiegen. Nach geltender Rechtsprechung seien mit der steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung alle mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Aufwendungen abgegolten. Dies gelte für alle nach dem Steuerrecht berücksichtigungsfähigen Werbungskosten, auch für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung. Die geltend gemachten Aufwendungen seien nur wegen der Tätigkeit der Klägerin als Bürgermeisterin wegen entstanden. Nur Aufwendungen, die die Dienstaufwandsentschädigung überstiegen, könnten als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Am 25. März 2020 erhoben die Kläger Klage und führen zur Begründung weiter aus, im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2018 seien alle Werbungskosten sowie die doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach anerkannt worden, jedoch die steuerfreie Dienstaufwandspauschale sowohl für die Werbungskosten, die Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung/Wochenendheimfahrten wie auch die Wahlkampfkosten für die Bürgermeisterwahl in Abzug gebracht und nur der darüberhinausgehende Teil als Werbungskosten anerkannt worden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2018 vom 2. August 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2020 dahin zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 12.024 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen insoweit weitere Werbungskosten in Höhe von mehr als 530 EUR beantragt werden.

Er hält an seiner Rechtsauffassung fest, ergänzt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aufwandsentschädigung nur eine bestimmte Art von Aufwendungen abgelten solle und verweist auf den Erlass des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden- Württemberg in der Fassung vom 11. März 2014, 3-S 233.7/61. Aus dem Wort „allgemein” müsse geschlossen werden, dass die Regelung alle durch das Amt entstehenden Aufwendungen einschließe. Davon ausgenommen seien laut Erlass Aufwendungen, die unmittelbar und zeitlich im Zusammenhang mit der Wahl bzw. Wiederwahl stünden. Er habe Werbungskosten in Höhe von 29.488 EUR anerkannt. Hiervon entfielen auf Wahlkampfkosten 13.803 EUR. Die restlichen Werbungskosten in Höhe von 15.685 EUR, davon 12.034 EUR für die doppelte Haushaltsführung, stünden im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Bürgermeisterin von C. Von den Werbungskosten in Höhe von 15.685 EUR sei die Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 10.486 EUR abzuziehen. Im Einkommensteuerbescheid 2018 sei aus Vereinfachungsgründen von den allgemeinen Werbungskosten die Dienstaufwandsentschädigung abgezogen worden, obwohl diese die Wahlkampfkosten mitumfasst hätten. Dies ändere im Ergebnis an der festgesetzten Steuer nichts, da Werbungskosten in Höhe von 19.002 EUR berücksichtigt worden seien. Diese sollten wie folgt aufgeteilt sein: Wahlkampfkosten 13.803 EUR und der über die Dienstaufwandsentschädigung hinausgehende Betrag von 5.199 EUR als Werbungskosten, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Bürgermeisterin von C stünden.

Er habe die Dienstaufwandsentschädigung bei der doppelten Haushaltsführung gegengerechnet. Nach R 3.12 Abs. 2 Satz 1 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sei Voraussetzung für die Anerkennung als steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, dass die gezahlten Beträge dazu bestimmt seien, Aufwendungen abzugelten, die steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar wären.

Steuerrechtlich sei es nicht maßgeblich, ob die Aufwendungen „im Dienst”, also bei Erledigung dienstlicher Aufgaben angefallen seien, sondern vielmehr, ob sie im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stünden. Die doppelte Haushaltsführung sei begründet worden, damit die Klägerin ihren „Dienst” als Bürgermeisterin verrichten könne.

Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung seien nach § 9 EStG Werbungskosten und somit nach den Richtlinien und dem Erlass des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg vom 11. März 2014, 3-S 233.7/61 mit der Dienstaufwandsentschädigung gegenzurechnen. Ohne ihre Tätigkeit als Bürgermeisterin von C wären die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht entstanden. Gebe es zwischen ihnen und dem Amt der Bürgermeisterin keinen Zusammenhang und wären sie privat veranlasst, müsste man generell den Abzug als Werbungskosten untersagen.

Eine Beeinträchtigung von Ehe und Familie liege nicht vor. Die Klägerin habe für ihre Aufwendungen eine Erstattung in Form der Dienstaufwandsentschädigung erhalten. Der die Entschädigung übersteigende Betrag werde als Werbungskosten berücksichtigt. Somit seien sämtliche Aufwendungen angesetzt worden. Dabei spiele es keine Rolle, in welcher Form die Berücksichtigung erfolgt sei (direkte Erstattung durch die Dienstaufwandsentschädigung oder Berücksichtigung bei den Werbungskosten).

Am 7. Dezember 2021 fand ein Erörterungstermin statt (s. Sitzungsniederschrift). In diesem erklärten die Kläger, sie akzeptierten die Nichtberücksichtigung des geltend gemachten Verpflegungsmehraufwands sowie von Bewirtungskosten in Höhe von 280 EUR.

In dem Gerichtstermin führten die Kläger aus, bei dem Amt der Bürgermeisterin vermischten sich Ausgaben für Privates und Dienstliches. So benötige die Klägerin aufgrund ihrer Stellung z. B. eine umfangreichere Garderobe, deren Kosten sie nicht als Werbungskosten absetzen könne. Dafür sei ihrer Ansicht nach die Dienstaufwandsentschädigung gedacht. Sie geben weiter zu bedenken, dass sich das Bürgermeisteramt im Lauf der Jahre ebenso wie heutige Lebensmodelle verändert habe. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung der Aufwandsentschädigung nicht im Blick haben können, dass das Amt eines Bürgermeisters von Frauen ausgeübt werde, die ihren Familienwohnsitz nicht am Dienstort haben.

Im Nachgang zum Erörterungstermin reichten die Kläger zum Nachweis der geltend gemachten Kosten für die Wohnung in X in Höhe von 10.171 EUR einen Mietvertrag vom 15. Januar 2011 ein. Die Höhe der monatlichen Bruttomiete beträgt danach 620 EUR zuzüglich 150 EUR für den Heizkostenvorschuss. Ebenso reichten sie einen Überweisungsbeleg vom 29. Mai 2018 ein, aus dem sich eine Überweisung in Höhe von 780 EUR an die Vermieterin der Wohnung in X ergibt. Mit Schreiben vom 5. September 2022 teilten sie weiter mit, zu diesen Kosten seien noch die Stromkosten hinzuzurechnen. Nach der vorgelegten Jahresrechnung der Stromversorger G vom 28. Januar 2019 fielen im Jahr 2018 Abschlagszahlungen in Höhe von 275 EUR an. Der Gesamtbetrag für den Verbrauch 2018 belief sich auf 271,68 EUR. Der fehlende Restbetrag in Höhe von 540 EUR (10.171 EUR – 9.360 EUR – 271 EUR) könne nicht mehr nachvollzogen werden.

Am 21. September 2022 fand die mündliche Verhandlung statt (s. Sitzungsniederschrift). In dieser wurde die Klägerin informatorisch zur Sache befragt (s. Tonaufzeichnung). Die Beteiligten stellten unstreitig, dass Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Klägerin im Streitjahr nicht in Höhe von 12.034 EUR, sondern in Höhe von 11.494 EUR angefallen sind (veränderte Kosten der Unterkunft: 10.171 EUR ./. 540 EUR). Auch stellten sie unstreitig, dass weitere Aufwendungen in Höhe von 530 EUR als Werbungskosten angefallen sind. Ferner gaben die Kläger zu bedenken, dass aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 LKomBesG, der voraussetze, dass eine Bestreitung des Aufwands aus den Dienstbezügen dem Beamten nicht zugemutet werden könne, folge, dass die Dienstaufwandsentschädigung nur denjenigen Aufwand abgelten solle, der typischerweise nicht bei der Allgemeinheit der Arbeitnehmer entstehe.