FG Münster Urteil vom 31.10.2018 - 7 K 1976/17 E
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigungen gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV an Verwaltungsratsmitglieder
Leitsatz (redaktionell)
1) An Verwaltungsratsmitglieder gezahlte Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV sind steuerpflichtige Einnahmen i.S. des § 18 Nr. 3 EStG.
2) Die Entschädigungen sind nicht steuerfrei gemäß § 3 Nr. 12 EStG.
Tatbestand
Streitig ist, ob an den Kläger gezahlte Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Viertes Buch (IV) steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der […]. Er war im Streitjahr 2015 Mitglied bzw. alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der Krankenkasse X und Mitglied der Vertreterversammlung der Y (Körperschaft des öffentlichen Rechts). Aufgrund dieser Eigenschaften erhielt der Kläger die folgenden Zahlungen:
Pauschale Entschädigung für Zeitaufwand |
||
X |
Aus Anlass der Teilnahme an Sitzungen des Verwaltungsrates und dessen Ausschüssen |
628 € |
Für die Tätigkeit außerhalb der o. a. Sitzungen |
6.240 € |
|
Y |
Sitzungsgeld gem. § 41 Abs. 3 SGB IV |
130 € |
In der Einkommensteuererklärung für 2015 setzte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit – Aufwandsentschädigungen – i. H. v. … € an. In diesen Einkünften waren auch die o. g. pauschalen Entschädigungen für Zeitaufwand enthalten. Der Beklagte veranlagte ihn hinsichtlich dieser Einkünfte erklärungsgemäß.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass der Bundesfinanzhof (BFH) in dem Urteil vom 31.01.2017 IX R 10/16, BFHE 256, 250 entschieden habe, dass eine an ehrenamtliche Richter gezahlte Entschädigung für Zeitversäumnis nicht steuerbar sei. Hieraus folge, dass auch die an ihn gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand nicht steuerbar seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid für 2015 über Einkommensteuer vom 01.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2017 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. H. v. … € (bisher … € abzgl. der pauschalen Entschädigungen für Zeitaufwand i. H. v. 6.998 €) angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, dass die an den Kläger gezahlten Entschädigungen gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig sind. Das von ihm angeführte BFH-Urteil sei nicht einschlägig.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid für 2015 über Einkommensteuer vom 01.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die an den Kläger gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV sind steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Der Einkommensteuer werden Entgelte aus Leistungen unterworfen. Hierzu gehören auch vom Steuerpflichtigen erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3).
a) Der Kläger übt eine (sonstige) selbständige Tätigkeit i S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus.
Das EStG definiert nicht, was unter einer selbständigen Tätigkeit zu verstehen ist. Allerdings enthält § 18 EStG eine Aufzählung der dazugehörigen Tätigkeiten. Hiernach können Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus einer freiberuflichen Tätigkeit, als Einnehmer einer staatlichen Lotterie oder aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit erzielt werden (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 – 3 EStG). Der Begriff der sonstigen selbständigen Tätigkeit wird im Gesetz wiederum durch eine beispielhafte Aufzählung der Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied erläutert. Diese beispielhafte Aufzählung stellt einen nicht abschließenden Katalog der in Betracht kommenden Tätigkeiten dar. Weitere Tätigkeiten fallen in den Anwendungsbereich dieser Regelung, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen vergleichbar sind. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Tätigkeit die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfasst, aber darüber hinaus auch, wenn es sich um eine selbständig ausgeübte fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis handelt (BFH-Urteil vom 15.06.2010 VIII R 14/09, BFHE 230, 54). Darüber hinaus erfordert der Begriff der selbständigen Arbeit grundsätzlich die vier positiven Merkmale eines Gewerbebetriebs: Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und Gewinnerzielungsabsicht (BFH-Urteil vom 30.03.1994 I R 54/93, BFHE 175, 40).
aa) Die Tätigkeit des Klägers als Mitglied der Selbstverwaltungsorgane der X und der Y ist nach ihrer Art mit dem in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgeführten Regelbeispiel der Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds vergleichbar. Aufsichtsratsmitglieder i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Mitglieder von Organen einer Körperschaft wie Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat oder andere Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt sind (Wacker in Schmidt, EStG, § 18 Rz.150). Der Kläger war Mitglied von Selbstverwaltungsorganen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die unter anderem mit der Überwachung der Geschäftsführung der jeweiligen Körperschaft beauftragt sind (im Ergebnis auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.01.1989 1 K 186/86, juris).
Er war im Streitjahr Mitglied bzw. alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der X. Die X ist eine Krankenkasse und eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Ihre Organe sind der Verwaltungsrat und der Vorstand. Der Verwaltungsrat besteht aus je […] Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben. Sein Vorsitz wechselt jährlich zwischen dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter. Der Verwaltungsrat beschließt unter anderem die Satzung der X. Er überwacht den die Geschäfte führenden Vorstand und trifft alle Entscheidungen, die von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Darüber hinaus war er Mitglied der Vertreterversammlung der Y. Die Y ist […] und eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Ihre Selbstverwaltungsorgane sind die Vertreterversammlung und der Vorstand. Die Vertreterversammlung besteht aus je […] Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben. Die Vertreterversammlung beschließt unter anderem über die Satzung. Außerdem nimmt er die Jahresrechnung ab und erteilt dem Vorstand und der Geschäftsführung Entlastung.
bb) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt auch die sonstigen Merkmale (Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und Gewinnerzielungsabsicht), die im Rahmen der selbständigen Arbeit erforderlich sind. Insbesondere liegt eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor.
Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass der Steuerpflichtige im Unterschied zu einem reinen Abnehmer (Konsumenten) als Anbieter von Gütern oder Leistungen über den internen (privaten) Bereich hinaus am allgemeinen Markt gegen Entgelt und für Dritte erkennbar auftritt. Die Funktion dieses Merkmals besteht in der Trennung des Markteinkommens (aufgrund Güter-/Leistungsaustausch) von sonstigen Vermögensmehrungen (Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rz. 20).
Der Kläger wird in seiner Eigenschaft als Mitglied bzw. alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der X und als Mitglied der Vertreterversammlung der Y entschädigt. In beiden Fällen erfolgen Entschädigungen nach § 41 SGB IV. Diese Vorschrift regelt die Entschädigung von denjenigen Personen, die ehrenamtlich für einen Versicherungsträger tätig sind. Abs. 1 betrifft eine Erstattung von baren Auslagen, Abs. 2 eine Erstattung von Verdienstausfällen und Abs. 3 die Leistung eines Pauschbetrags für Zeitaufwand. Sinn und Zweck dieser Entschädigungen ist, dass den ehrenamtlich Tätigen infolge der Ausübung ihrer Tätigkeit keine (finanziellen) Nachteile und mittelbare Motivationseinbußen entstehen. Erforderlich ist diese Regelung, da die ehrenamtlich Tätigen gegenüber den Versicherungsträgern nicht in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis stehen. Für den Streitfall ist in diesem Zusammenhang insbesondere § 41 Abs. 3 SGB IV zu beachten, nach dessen Satz 1 den Mitgliedern der Selbstverwaltungsorgane für jeden Kalendertag einer Sitzung ein Pauschbetrag für Zeitaufwand geleistet werden kann. Darüber hinaus kann nach Satz 2 an bestimmte Personen – unter anderem den (stellvertretenden) Vorsitzenden der Selbstverwaltungsorgane – ein Pauschbetrag für Zeitaufwand für die Tätigkeit außerhalb von Sitzungen geleistet werden. Hierdurch sollen (finanzielle) Nachteile und mittelbare Motivationseinbußen durch den erforderlichen Zeit- und Arbeitsaufwand in Zusammenhang mit den Sitzungen aufgefangen werden. Dieser erforderliche Zeit- und Arbeitsaufwand resultiert vor allem aus der Vor- und Nachbereitung der Sitzungen (z. B. Lektüre der Protokolle und Einladungen, einschließlich der Anlagen; Teilnahme an Informations- und Schulungsveranstaltungen) sowie aus der persönlichen Teilnahme an den Sitzungen (vgl. hierzu Löcher in Eichenhofer/Wenner, § 41 SGB IV Rdn. 1, 13).
Vor diesem Hintergrund handelt der Kläger bei seinen streitgegenständlichen Tätigkeiten im Rahmen eines Leistungsaustauschs. Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten des Klägers und den von der X und der Y gewährten Entschädigungen. Aus dem zwischen dem Kläger und der jeweiligen Körperschaft bestehenden (öffentlich-rechtlichen) Rechtsverhältnis ergibt sich, dass die gewährten Entschädigungen den Gegenwert für die erbrachten Leistungen des Klägers bilden. Sinn und Zweck dieser Entschädigungen ist es, die ehrenamtlich Tätigen – mangels eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses – für ihre Tätigkeit zu motivieren. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist dies nicht anders zu werten, als eine Lohnzahlung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Die Lohnzahlung ist der Gegenwert für die vom Arbeitnehmer erbrachte Leistung, entschädigt ihn für den erforderlichen Zeit- und Arbeitsaufwand und soll ihn zu weiterer Arbeit motivieren. Diese bei wirtschaftlicher Betrachtung vorliegende Vergleichbarkeit kann nicht allein deshalb entfallen, weil der Arbeitnehmer begrifflich einen „Lohn” bzw. ein „Entgelt” erhält und der für ein Selbstverwaltungsorgan der Versicherungsträger Tätige eine „Entschädigung”.
Das BFH-Urteil vom 26.02.1988 III R 241/84, BFHE 153, 33 führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach diesem Urteil nehme ein ehrenamtlich tätiger Präsident einer öffentlich-rechtlichen Berufskammer nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil. Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr könne nur angenommen werden, wenn das der Tätigkeit zugrunde liegende Rechtsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet wäre und die bezogenen Vergütungen den Charakter eines privatrechtlichen Entgelts hätten. Diese Aussage ist in Zusammenhang mit der auch vom BFH angeführten früheren Rechtsprechung zu sehen (BFH-Urteil vom 14.12.1978 I R 121/76, BFHE 126, 331 unter Verweis auf BFH-Urteil vom 30.11.1965 I 157/63, BFHE 84, 97). Hiernach schließt die Ausübung hoheitlicher Gewalt eine Beteiligung am – privaten – allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr aus. Somit sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden, ob ein Steuerpflichtiger hoheitlich tätig wird. Im Streitfall wird der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeiten für die X und die Y nicht hoheitlich tätig. Der Verwaltungsrat der X und die Vertreterversammlung der Y üben keine hoheitliche Gewalt aus; sie sind keine selbständigen Einrichtungen zur Wahrnehmung öffentlicher Verwaltungsaufgaben. Vielmehr werden durch die Mitglieder dieser Selbstverwaltungsorgane die Geschäftsführungen einer … und eines … überwacht. Dies ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse mit der Überwachungstätigkeit eines Aufsichtsrats (vgl. § 111 des Aktiengesetzes) vergleichbar.
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch aus dem BFH-Urteil vom 31.01.2017 IX R 10/16, BFHE 256, 250 kein abweichendes Ergebnis. Zunächst bezieht sich diese Entscheidung allein auf Zahlungen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Sie hat – für sich genommen – keine Auswirkungen auf andere Formen ehrenamtlichen Engagements (Trossen, HFR 2017, S. 398, 399).
Der BFH gelangt in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass eine an ehrenamtliche Richter gezahlte Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 16 JVEG nicht steuerbar sei. Zunächst führt der BFH hierzu aus, dass keine Entschädigung i. S. d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 24 Nr. a) EStG vorliege. Die Entschädigung für Zeitaufwand trete nicht an die Stelle von entgangenen oder entgehenden Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Weiter sei auch keine Steuerbarkeit nach § 22 Nr. 3 EStG gegeben. Es fehle an einem wirtschaftlichen Leistungsaustausch. Zwar könnten Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit zu Einkünften i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG führen. Allerdings setze dies voraus, dass die Zahlungen durch die ehrenamtliche Tätigkeit ausgelöst werden und diese Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse den Tatbestand eines auf Leistungsaustausch gerichteten Verhaltens trägt. Bezogen auf eine an einen ehrenamtlichen Richter gezahlte Entschädigung für Zeitaufwand seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Tätigkeit und die Entschädigung stünden nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Der ehrenamtliche Richter solle nur pauschal für die entstandene Zeitversäumnis entschädigt werden. Dies zeige sich auch an der Formulierung in § 16 JVEG, der insoweit nur von „Entschädigung” und nicht von „Vergütung” oder „Honorar” spreche.
Diese Ausführungen des BFH lassen sich auf den vorliegenden Streitfall nicht mit dem Ergebnis übertragen, dass die an den Kläger gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand nicht gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerbar sind. Für den erkennenden Senat sind die an ehrenamtliche Richter gemäß § 16 JVEG einerseits und an ehrenamtliche Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV gezahlten Entschädigungen für Zeitversäumnis bzw. Zeitaufwand nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar. Bereits hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 JVEG einerseits und des § 41 Abs. 3 SGB IV andererseits ergeben sich Unterschiede. § 16 JVEG richtet sich ausschließlich an ehrenamtliche Richter. § 41 Abs. 3 SGB IV richtet sich nicht nur an die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane (Satz 1), sondern auch an die Versichertenältesten und die Vertrauenspersonen (Satz 2) und erfasst somit verschiedene Formen des ehrenamtlichen Engagements bei Versicherungsträgern. Darüber hinaus beziehen sich die an ehrenamtliche Richter gezahlten Entschädigungen für Zeitversäumnis auf die Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten (maximal 10 Stunden je Tag) und betragen 6 € je Stunde. Die Entschädigungen für Zeitaufwand für die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenältesten und Vertrauenspersonen können auch für eine Tätigkeit außerhalb der Sitzungen geleistet werden (§ 41 Abs. 3 Satz 2 SGB IV). Diese fehlende Vergleichbarkeit zeigt sich auch im Streitfall. Der Kläger bezieht einen Pauschbetrag für Zeitaufwand für eine Tätigkeit außerhalb von Sitzungen i. H. v. 6.240 € von der X. Einem ehrenamtlichen Richter würde eine solche Entschädigung für eine Tätigkeit außerhalb seiner Heranziehung bereits dem Grunde nach nicht geleistet werden. Im Übrigen liegen die an den Kläger gewährten Entschädigungen auch der Höhe nach weit über den üblicherweise an ehrenamtliche Richter geleisteten Entschädigungen für Zeitversäumnis.
Im Ergebnis dürfte dies auch der jüngsten Rechtsprechung des BFH entsprechen. Nach dem BFH-Urteil vom 03.07.2018 VIII R 28/15, BFHE 261, 537 ist weder die ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberater noch die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied eines Widerspruchsausschusses mit der Tätigkeit eines ehrenamtlichen Richters vergleichbar. Diesen Tätigkeiten ist immanent, dass sie im Interesse der Versicherten und der Versicherungen erfolgen. Dies unterscheidet sie von der Tätigkeit eines unabhängigen Richters. Demzufolge kann das BFH-Urteil vom 31.01.2017 IX R 10/16, BFHE 256, 250 nicht auf diese ehrenamtlichen Tätigkeiten übertragen werden.
Schließlich hat der erkennende Senat – entgegen der Auffassung des Klägers – keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Besteuerung von Bezügen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten. Insbesondere hält er die einschlägigen Vorschriften nicht für unvollständig und unklar. Darüber hinaus ist ein diesbezügliches Vollzugsdefizit für ihn nicht ersichtlich.
b) Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Beteiligten nicht vortragen, dass die selbständige Tätigkeit des Klägers als eine Nebentätigkeit zu seiner nichtselbständigen Arbeit als Geschäftsführer der […] anzusehen ist. Auch für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Tätigkeiten durch seine nichtselbständige Tätigkeit für die … veranlasst sind. Die streitgegenständlichen Tätigkeiten sind nicht voneinander abhängig, werden nicht von den Arbeitgebern des Klägers entlohnt und die Tätigkeiten sind nicht gleichartig. Schließlich ist nicht erkennbar, dass der Kläger mit seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten ihm aus seinen Arbeitsverhältnissen mit den … obliegende Nebenpflichten erfüllt.
c) Die an den Kläger gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV erhöhen die steuerpflichtigen Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (im Ergebnis ebenso FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.01.1989 1 K 186/86, juris).
Der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte sind bei selbständiger Arbeit der Gewinn (§ 2 Abs. 1 Satz 2 EStG), der durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) oder Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt werden kann. Gewinnerhöhend wirken sich Betriebseinnahmen aus. Allgemein formuliert sind Betriebseinnahmen Zugänge von Wirtschaftsgütern in der Form von Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Ob eine betriebliche Veranlassung gegeben ist, muss steuerrechtlich eigenständig geprüft werden. Eine Einnahme ist betrieblich veranlasst, wenn ein tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Entscheidend ist, ob das unmittelbar auslösende Moment im betrieblichen Bereich liegt (Loschelder in Schmidt, EStG, § 4 Rz. 28 mit weiteren Nachweisen).
Unter Beachtung dieser Grundsätze stellen die an den Kläger gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand gewinnerhöhende Betriebseinnahmen dar. Sie stehen in einem tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit für die X und die Y. Die von den Körperschaften gezahlten Entschädigungen stellen den Gegenwert für den durch die Tätigkeiten des Klägers erforderlichen Zeit- und Arbeitsaufwand dar. Diese Zahlungen erwirtschaftet der Kläger im Rahmen eines Leistungsaustauschs.
d) Schließlich sind die an den Kläger gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV nicht gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei (im Ergebnis auch FG Hamburg, Urteil vom 30.06.1988 II 132/85, EFG 1989, 10).
Gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG sind bestimmte aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge steuerfrei. Gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gilt das Gleiche für Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Rechtsgrundlage für die an den Kläger gezahlten Entschädigungen war § 41 Abs. 3 SGB IV. Danach können als Entschädigungen Pauschbeträge für Zeitaufwand geleistet werden. Mithin handelt es sich um Zahlungen für Zeitverlust, der die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ausschließt (BFH-Urteil vom 03.07.2018 VIII R 28/15, BFHE 261, 537).
In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger in Bezug genommene Vereinfachungsregelung in R 3.12 Abs. 3 LStR 2015 nicht entscheidungserheblich ist. Diese Erleichterung dient der Feststellung, inwieweit es sich in den Fällen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG um eine steuerfreie Aufwandsentschädigung handelt. Im Streitfall ist nicht fraglich, inwieweit die an den Kläger geleisteten Entschädigungen für Zeitaufwand steuerfrei sind. Da die hier streitgegenständlichen Entschädigungen allein auf § 41 Abs. 3 SGB IV beruhen und somit ausschließlich für Zeitverlust gewährt wurden, steht fest, dass sie in vollem Umfang nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.