HI521241

Geschäftsführer

LI1929282

Zusammenfassung

Name: LI1929283 Rz:

Begriff

Der Geschäftsführer ist Organ einer juristischen Person. Er ist im Innenverhältnis den Mitgesellschaftern gegenüber berechtigt, organisatorische Maßnahmen durchzuführen und dazu den Mitarbeitern Weisungen zu erteilen. Meist vertritt er die Gesellschaft im Geschäftsverkehr nach außen. Der Geschäftsführer einer GmbH ist steuerlich als Arbeitnehmer anzusehen; er bezieht daher Arbeitslohn. Das gilt auch für einen an einer GmbH beteiligten Geschäftsführer (Gesellschafter-Geschäftsführer). Auch hier ist die auf der Grundlage des Anstellungsvertrags gezahlte Tätigkeitsvergütung Arbeitslohn.

Name: LI1929284 Rz:

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Regelungen über die Geschäftsführung finden sich in § 709 BGB, §§ 114, 115, 164 HGB.

Lohnsteuer: Nach dem BFH-Urteil v. 23.4.2009, VI R 81/06, BStBl 2012 II S. 262 gelten Geschäftsführer steuerrechtlich als Arbeitnehmer i. S. d. § 1 Abs. 2 Sätze 1, 2 LStDV. Zur Einordnung eines GmbH-Geschäftsführers als nichtselbstständiger Arbeitnehmer aufgrund einer Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse vgl. FG Berlin, Urteil v. 6.3.2006, 9 K 2574/03, EFG 2006 S. 1425.

Sozialversicherung: § 7 SGB IV definiert die Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne für alle Zweige der Sozialversicherung. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung informieren detailliert im Gemeinsamen Rundschreiben zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen (GR v. 1.4.2022: Anlage 3).

HI726920

Arbeitsrecht

HI2330604

1 Rechtliche Grundlagen und Stellung

Der organschaftlich bestellte Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. [ 1 ] Sein Dienstvertrag ist auf eine Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramts gerichtet. [ 2 ] Dies gilt unabhängig davon, ob der (Fremd-)Geschäftsführer einen starken Anteilseigner oder einen weiteren Geschäftsführer neben sich hat, der die konkrete Geschäftstätigkeit bestimmend mitgestaltet.

Er ist daher kein Arbeitnehmer, sondern der gesetzliche Vertreter der GmbH. [ 3 ]

Auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer steht der Gesellschaft ein unternehmerisches Weisungsrecht zu. Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt aber allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht. [ 4 ] Dies würde voraussetzen, dass die Gesellschaft eine – über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehende – Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen kann. [ 5 ]

Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH nimmt regelmäßig Arbeitgeberfunktionen wahr und ist deshalb keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine arbeitgeberähnliche Person. [ 6 ]

Auf die sog. Organ-Geschäftsführer finden nicht die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen, sondern die BGB-Vorschriften über den Dienstvertrag Anwendung. [ 7 ]

Für den GmbH-(Gesellschafter-)Geschäftsführer finden daher keine Anwendung

  • der Kündigungsschutz [ 8 ] ,
  • die Rechte der Arbeitnehmer gemäß Betriebsverfassungsgesetz [ 9 ] ,
  • die Rechte der leitenden Angestellten [ 10 ] ,
  • Ansprüche aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG),
  • die Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes. [ 11 ]

    Name: LI15960586 Rz:

    Achtung

    Trennungsgrundsatz und Kopplungsklauseln

    Von besonderer Bedeutung ist der aus § 38 GmbHG abgeleitete Trennungsgrundsatz. Bei der Organstellung und dem Anstellungsverhältnis handelt es sich um selbstständige, nebeneinanderstehende Rechtsverhältnisse mit einem jeweils eigenen rechtlichen Schicksal. Beide Rechtsverhältnisse werden grundsätzlich unabhängig voneinander nach den jeweiligen für sie geltenden Vorschriften behandelt, also begründet und auch beendet. [ 12 ]

    Kopplungsklauseln, mit denen der Bestand des Anstellungsvertrags an die Organstellung geknüpft werden soll, sind mit Vorsicht zu genießen. Da die organschaftliche Abberufung jederzeit erfolgen kann, versprechen sie zwar auf den ersten Blick eine schnelle Lösung vom Anstellungsverhältnis. Allerdings müssen sie sich am AGB-Recht messen lassen und können regelmäßig nicht den Ablauf der Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB außer Kraft setzen. [ 13 ]

HI15314904

2 Abschluss des Geschäftsführervertrags

Für den Abschluss des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags ist in der Regel die Gesellschafterversammlung zuständig. [ 14 ] Im Gesellschaftsvertrag kann diese Aufgabe einem anderen Organ übertragen werden, z. B. dem Beirat oder einem einzelnen Gesellschafter oder einer Gesellschaftergruppe. Für GmbHs, die unter das Mitbestimmungsgesetz fallen, ist der Aufsichtsrat für den Abschluss und für die Änderung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers zuständig. [ 15 ]

Name: LI15017624 Rz:

Hinweis

Schriftform empfehlenswert

Ein Anstellungsverhältnis zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer entsteht auch dann, wenn kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wird. Auch durch mündliche Vereinbarung oder die tatsächliche Durchführung des Anstellungsverhältnisses entsteht ein wirksamer Vertrag, der im Konfliktfall gerichtlich durchgesetzt werden kann. Die Einhaltung der Schriftform ist aus arbeitsrechtlicher Sicht zwar nicht notwendig, aber aus Gründen der Beweisbarkeit dennoch dringend zu empfehlen.

Da es sich beim Geschäftsführervertrag nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt, finden die Vorgaben des Nachweisgesetzes keine Anwendung.

HI2330605

3 Kündigung

HI15314905

3.1 Beendigungsgründe

Der Anstellungs- bzw. Geschäftsführervertrag endet durch Kündigung. Außerdem kommen als Beendigungsgründe in Betracht: Zeitablauf, Aufhebungsvertrag, Eintritt einer auflösenden Bedingung oder Tod des Geschäftsführers. In der Regel sind die Gesellschafter sowohl für den Abschluss als auch für die Kündigung des Anstellungsvertrags zuständig. Ist sowohl das Recht zur Bestellung als auch zur Abberufung per Satzung einem Beirat zugewiesen, gilt dies auch für den Abschluss und die Kündigung des Geschäftsführervertrags.

Name: LI15017625 Rz:

Achtung

Mitbestimmte GmbH

Die mitbestimmte GmbH muss einen Aufsichtsrat bilden. [ 16 ] Nicht die Gesellschafter, sondern der Aufsichtsrat sind für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig. [ 17 ] Dies gilt auch für den Abschluss und die Kündigung des Geschäftsführervertrags.

HI2330606

3.2 Kündigungsfristen

Die gesetzliche Kündigungsfrist für Geschäftsführerdienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind, folgt nach der Rechtsprechung des BAG aus § 621 BGB. [ 18 ]

§ 622 BGB ist nach dem BAG – seinem Wortlaut entsprechend – nur auf die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses anzuwenden.

Der BGH hatte in älteren Urteilen [ 19 ] die Auffassung vertreten, für die Kündigung des Dienstverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers, der nicht zugleich Mehrheitsgesellschafter ist, gelte in entsprechender Anwendung des § 622 Abs. 1 BGB a. F. eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Die Rechtsprechung des BGH erfolgte zu § 622 BGB in der bis 1993 gültigen Fassung. In der Zeit nach der Neufassung sind keine Entscheidungen des BGH dokumentiert, in denen er sich tragend zur gesetzlichen Kündigungsfrist für (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH geäußert hat. Im Jahr 2005 [ 20 ] hat er vielmehr ausdrücklich offengelassen, ob § 622 Abs. 6 BGB auf das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers entsprechend anwendbar ist, und auf seine zuvor ergangenen Entscheidungen nur berichtend hingewiesen.

Das BAG hat die Argumentation der älteren Urteile des BGH ausdrücklich abgelehnt.

§ 621 BGB ist abdingbar, es kann also durch vertragliche Vereinbarung von den gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfristen abgewichen werden. In Hinblick auf die Differenzen zwischen dem BAG und dem BGH und die damit verbundene rechtliche Unsicherheit, sollte in Geschäftsführer-Anstellungsverträgen eine ausdrückliche vertragliche Regelung zu den Kündigungsfristen erfolgen. In der Praxis werden hierbei häufig längere Kündigungsfristen vereinbart, womit regelmäßig dem wegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht bestehenden Kündigungsschutz Rechnung getragen wird.

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R 8.5 KStR 2022.

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R 8.5 Abs. 2 KStR 2022,

FG Münster, Urteil v. 17.12.2020, 9 V 3073/20 E: Monatlich stark schwankende Vergütung an den Gesellschafter-Geschäftsführer.

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§§ 34, 69 AO; BFH, Urteil v. 16.5.2017, VII R 25/16, BStBl 2017 II S. 934: Einwendungsausschluss im Haftungsverfahren durch unterlassenen Widerspruch des Geschäftsführers im insolvenzrechtlichen Prüfungstermin; BFH, Urteil v. 14.12.2021, VII R 32/20, BFH/NV 2022 S. 692; BFH, Beschluss v. 15.11.2022, VII R 23/19, BStBl 2023 II S. 549: Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen.

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[ 58 ]

BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001, BStBl 2013 I S. 860; FG München, Urteil v. 2.1.2015, 15 K 3748/13; FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 11.5.2022, 2 K 1811/17.

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[ 61 ]

BFH, Urteil v. 15.5.2013, VI R 24/12, BStBl 2014 II S. 495; BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001, BStBl 2013 I S. 860.

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[ 63 ]
[ 64 ]

BFH, Urteil v. 11.11.2015, I R 26/15, BStBl 2016 II S. 489; FG Münster, Urteil v. 5.9.2018, 7 K 3531/16 L, rkr.; s. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 21.12.2016, 1 K 1381/14, rkr.: Zur steuerlichen Anerkennung von Vereinbarungen über Arbeitszeitkonten bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern; BMF, Schreiben v. 8.8.2019, IV C 5 – S 2332/07/0004 :004, BStBl 2019 I S. 874.

[ 65 ]

BFH, Urteil v. 4.9.2019, VI R 39/17, BFH/NV 2020 S. 85; BFH, Urteil v. 22.2.2018, VI R 17/16, BStBl 2019 II S. 496; BMF, Schreiben v. 8.8.2019, IV C 5 – S 2332/07/0004:004, BStBl 2019 I S. 874.

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BFH, Urteil v. 7.3.2018, I R 89/15, BStBl 2019 II S. 70; Hessisches FG, Urteil v. 29.9.2021, 4 K 1476/20, Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH unter Az. I B 87/21: Entgeltumwandlung, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer durch Rücklage bereits erdienter Aktivbezüge auf Zeitwertkonto (Investmentkonto der GmbH) zugunsten künftiger Altersbezüge über sein eigenes Vermögen verfügt.

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[ 76 ]

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 14.6.2021, 3 V 276/21; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 27.4.2022, 3 K 161/21, Rev. beim BFH unter Az. VI R 21/22, Unentgeltliche Übertragung von Anteilen an der Arbeitgeber-GmbH kein Arbeitslohn.

[ 77 ]

FG Münster, Urteil v. 4.9.2019, 4 K 1538/16 E G, Rev. beim BFH unter Az. III R 58/19.

[ 78 ]
[ 79 ]
[ 80 ]

BMF, Schreiben v. 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001, BStBl 2013 I S. 860.

[ 81 ]
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[ 83 ]
[ 84 ]
[ 85 ]
[ 86 ]

BGH, Urteil v. 1.10.2019, II ZR 387/17; BGH, Urteil v. 1.10.2019, II ZR 386/17.

[ 87 ]
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§ 34 Abs. 1 und 2 Nr. 4 EStG; ab VZ 2025 nur noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung.

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[ 100 ]

FG Düsseldorf, Urteil v. 9.6.2021, 7 K 3034/15 K, G, F, aufgehoben durch BFH, Urteil v. 28.2.2024, I R 29/21, BFH/NV 2024 S. 969, Zurückverweisung an das FG Düsseldorf mangels Spruchreife.

[ 101 ]

FG Münster, Urteil v. 18.3.2021, 10 K 4131/15 F, Rev. beim BFH unter Az. XI R 25/21: Zum Ansatz und zur Berechnung einer Pensionsrückstellung für wertpapiergebundene Pensionszusagen.

[ 102 ]

FG Düsseldorf, Urteil v. 16.11.2021, 6 K 2196/17 K, G, F, Rev. beim BFH unter Az. I R 50/22: Fehlende Erdienbarkeit einer auf Entgeltumwandlung beruhenden Pensionszusage bei über 60 Jahre altem Geschäftsführer (Alleingesellschafter der GmbH) rechtfertigt keinen Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung.

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GR v. 21.3.2019: Anlage 3 i. d. F. v. 8.11.2017.

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GR v. 1.4.2022: Abschn. 5.

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