HI520213

Arbeitslosenversicherung

LI1096896

Zusammenfassung

Name: LI3709937 Rz:

Begriff

Die Arbeitslosenversicherung ist das Sozialleistungssystem zum Schutz der Arbeitnehmer vor den wirtschaftlichen Folgen der Arbeitslosigkeit. Kernleistung ist das Arbeitslosengeld. Daneben gehören das Teilarbeitslosengeld und das Kurzarbeitergeld zu den Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung werden aus Beiträgen der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und deren Arbeitgeber finanziert. Die Arbeitslosenversicherung ist Bestandteil des Systems der Arbeitsförderung, die mit weiteren Förderleistungen zum Ziel hat, dem Entstehen von Arbeitslosigkeit präventiv entgegenzuwirken bzw. bei Eintritt von Arbeitslosigkeit diese so schnell wie möglich zu beenden.

Name: LI3739894 Rz:

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die Regelungen zum Entstehen des Versicherungspflichtverhältnisses der Arbeitslosenversicherung sind in den §§ 24 bis 28a SGB III, das Leistungsrecht des Arbeitslosengeldes in den §§ 136 bis 164 SGB III geregelt. Der Arbeitslosenversicherungsschutz nach einer Beschäftigung im EU-Ausland richtet sich maßgeblich nach Regelungen des europäischen Koordinierungsrechts der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009.

HI726508

Arbeitsrecht

HI3401789

1 Einführung

Bei Arbeitskämpfen sind die Agenturen für Arbeit zur Neutralität verpflichtet. Durch die Zahlung von Entgeltersatzleistungen der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld, insb. aber Kurzarbeitergeld) darf deshalb nicht in Arbeitskämpfe eingegriffen werden. [ 1 ] Daher ruht der Anspruch auf diese Entgeltersatzleistungen bei Arbeitnehmern, die unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen sind, d. h. streiken oder ausgesperrt sind.

Bei Arbeitnehmern, die mittelbar (aufgrund von Fernwirkungen) von einem Arbeitskampf betroffen sind, ruht der Leistungsanspruch nicht, wenn sie nicht dem fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags zuzuordnen sind. Der Anspruch ruht bis zur Beendigung des Arbeitskampfs aber dann, wenn Arbeitnehmer mittelbar betroffen sind und der Arbeitskampf stellvertretend für sie geführt wird. Davon geht das Gesetz aus, wenn sie in einem Betrieb beschäftigt sind oder waren, der

  • dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags zuzuordnen ist oder
  • nicht dem räumlichen aber dem fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags zuzuordnen ist und im räumlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags eine nach Art und Umfang gleiche Hauptforderung erhoben worden ist und das Ergebnis der Tarifauseinandersetzung aller Voraussicht nach im räumlichen Geltungsbereich des nicht umkämpften Tarifvertrags im Wesentlichen übernommen wird.

Die Feststellung der letzteren Voraussetzungen obliegt dem Neutralitätsausschuss der Bundesagentur für Arbeit, der sich aus den Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern im Verwaltungsrat und dem Vorsitzenden des Vorstands der Bundesagentur zusammensetzt. [ 2 ]

HI726510

Sozialversicherung

HI662799

1 Versicherungspflicht

Die Arbeitslosenversicherung ist wie die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung als Pflichtversicherung nach dem Prinzip der Zwangsmitgliedschaft mit gesetzlichen Befreiungstatbeständen ausgestaltet. Die Versicherungspflicht erstreckt sich auf Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit stehen.

HI2924402

1.1 Personenkreis der Beschäftigten

Zu den versicherungspflichtig Beschäftigten gehören grundsätzlich alle Arbeitnehmer, die gegen Entgelt beschäftigt sind. Hierzu gehören z. B. auch Beschäftigte nach dem Jugendfreiwilligendienstgesetz sowie Beschäftigte im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes. Heimarbeiter gelten als Beschäftigte und stehen insoweit den Arbeitnehmern gleich.

Versicherungspflichtig sind im Weiteren alle Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Den zur Berufsausbildung Beschäftigten stehen gleich

  • Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
  • Teilnehmende an sog. dualen Studiengängen und
  • Teilnehmende an praxisintegrierten Ausbildungen (dies sind Ausbildungsgänge, z. B. im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialbereich mit wechselnden Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung), für die ein Ausbildungsvertrag und ein Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht. [ 3 ]

Die Versicherungspflicht knüpft im Regelfall an die tatsächliche Beschäftigung und Entgeltzahlung an. Bei Unterbrechungen der Entgeltzahlung bis zu einem Monat oder bei einem längeren Arbeitsausfall wegen Kurzarbeit besteht das Versicherungspflichtverhältnis fort. [ 4 ] Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten einer Freistellung von mehr als einem Monat, wenn diese Freistellung auf Basis eines sog. Wertguthabens erfolgt. Ohne Wertguthabenvereinbarungen können Freistellungen von bis zu 3 Monaten als Beschäftigung gelten, wenn der Freistellung eine Vereinbarung zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung zugrunde liegt.

Name: LI6798513 Rz:

Achtung

Versicherungsschutz nicht von Beitragszahlung abhängig

Ein Versicherungsschutz ist nicht von der Zahlung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, sondern allein vom Bestehen der Versicherungspflicht abhängig. Daraus folgt einerseits, dass Versicherungsschutz auch dann besteht, wenn Beiträge zu Unrecht nicht entrichtet worden sind. Andererseits begründet eine fehlerhafte Beitragszahlung oder die widerspruchslose Entgegennahme von Beiträgen durch die Einzugsstelle keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

HI14557793

1.2 Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit

Die Abgrenzung einer (versicherungspflichtigen) Beschäftigung von einer (versicherungsfreien) selbstständigen Tätigkeit ist in der Praxis oft mit Schwierigkeiten verbunden. Deshalb sehen die Regelungen des Sozialversicherungsrechts hierzu ein "Statusfeststellungsverfahren" [ 6 ] vor. In diesem Verfahren entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund grundsätzlich auf Antrag der Betroffenen über die Frage, ob eine (abhängige) Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt. [ 7 ]

Die Agenturen für Arbeit sind bei ihren Entscheidungen über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld an eine Statusentscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden. Diese Bindungswirkung besteht im Grundsatz unverändert auch nach den zum 1.4.2022 reformierten Regelungen zum Statusfeststellungsverfahren. [ 8 ] Seit 1.4.2022 entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund allerdings nur noch über den "Erwerbsstatus" als Element einer möglichen Sozialversicherungspflicht und nicht mehr über das Vorliegen der konkreten Versicherungspflicht nach dem SGB III. [ 9 ]

HI2924403

1.3 Sonstige Versicherungspflichtige

Zum Personenkreis der sonstigen Versicherungspflichtigen zählen nicht die versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer. [ 10 ] Vielmehr zählen zu diesem Personenkreis [ 11 ] :

  • Jugendliche, die in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten, die ihnen eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen sollen sowie Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe, die für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen;
  • Personen, die Wehr- oder Zivildienst leisten und während dieser Zeit nicht als Beschäftigte versicherungspflichtig sind;
  • Gefangene, sofern sie nach den Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Arbeitsentgelt oder Ausbildungsbeihilfe erhalten;
  • Personen, die Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften wegen einer Organspende beziehen;
  • Bezieher von Kranken-, Verletzten- oder Übergangsgeld wegen medizinischer Rehabilitation oder von Krankentagegeld aus der privaten Krankenversicherung sowie Bezieherinnen von Mutterschaftsgeld;
  • Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung;
  • Personen in der Zeit, in der sie ein Kind erziehen oder betreuen, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (die Versicherungspflicht für Erziehende ist beitragsfrei);
  • Personen, die einen Pflegebedürftigen ab dem Pflegegrad 2 mindestens 10 Stunden wöchentlich verteilt auf mindestens 2 Tage in der Woche in seiner häuslichen Umgebung pflegen (die Beiträge werden allein von der Pflegekasse getragen).
Name: LI7936201 Rz:

Hinweis

Unmittelbare "Vorversicherung" für Versicherungspflicht bei Leistungsbezug/Erziehung/Pflege erforderlich

Die sonstige Versicherungspflicht bei Bezug der o. a. Leistungen bei Krankheit, Mutterschaft oder Erwerbsminderung sowie bei Erziehung oder Pflege setzt zusätzlich voraus, dass die Betreffenden unmittelbar vor dem Bezug der Leistungen bzw. vor Beginn der Erziehung oder Pflege entweder in einem Versicherungspflichtverhältnis [ 12 ] gestanden oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung (insbesondere also Arbeitslosengeld) [ 13 ] hatten. [ 14 ]

Unmittelbarkeit in diesem Sinne liegt nach Auslegung der Bundesagentur für Arbeit immer dann vor, wenn der Zeitraum zwischen dem Ende der vorhergehenden Versicherungspflicht bzw. dem vorhergehenden Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung und dem Beginn des neuen Versicherungstatbestands einen Monat nicht überschreitet. [ 15 ]

Beispiel:

A gibt seine Beschäftigung wegen der Pflege seiner Mutter zum 30.6. auf. Er übernimmt die Pflege jedoch erst ab dem 1.9. In der Zwischenzeit vom 1.7. bis 31.8. ist er weder versicherungspflichtig beschäftigt, noch macht er einen Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung geltend. In diesem Fall besteht ab 1.9. keine Versicherungspflicht wegen Pflege. Nach einer längeren Pflegedauer, von z. B. 2 Jahren, hätte A bei Rückkehr auf den Arbeitsmarkt damit auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen [ 16 ] nicht mehr erfüllt wären. Hätte A die Pflege ab dem 1.7. übernommen oder sich in der Zeit vom 1.7. bis 31.8. arbeitslos gemeldet und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben, wäre die Voraussetzung der "Vorversicherung" erfüllt und die Pflegekasse hätte Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten.

[ 1 ]

§§ 100, 160 SGB III.

[ 2 ]

§ 380 Abs. 1 SGB III.

[ 3 ]

§ 25 SGB III.

[ 4 ]

§ 24 Abs. 2 bis 4 SGB III, § 7 Abs. 3 SGB IV.

[ 5 ]
[ 6 ]
[ 7 ]
[ 8 ]
[ 9 ]

§ 336 SGB III i. d. F. bis 31.3.2022,

[ 10 ]
[ 11 ]

§ 26 SGB III.

[ 12 ]

§ 24 SGB III.

[ 13 ]

§ 3 Abs. 4 SGB III.

[ 14 ]

§ 26 Abs. 2, 2a und 2b SGB III.

[ 15 ]

Das BSG lässt in Ausnahmefällen auch einen längeren Zeitraum zu; BSG, Urteil v. 23.2.2017, B11 AL 4/16.

[ 16 ]
[ 17 ]
[ 18 ]

§ 28a SGB III.

[ 19 ]

§§ 27, 28 SGB III.

[ 20 ]

§§ 16e und 16i SGB II.

[ 21 ]

§ 454 Abs. 2 SGB III.

[ 22 ]

§ 136 Abs. 1 SGB III.

[ 23 ]

§ 137 SGB III.

[ 24 ]

§ 138 SGB III.

[ 25 ]

§ 140 SGB III.

[ 26 ]

§ 141 Abs. 1 SGB III.

[ 27 ]

§ 141 Abs. 3 SGB III.

[ 28 ]

Zu den Möglichkeiten und Voraussetzungen des Online-Ausweises, vgl. www.personalausweisportal.de.

[ 29 ]

§ 141 Abs. 4 SGB III.

[ 30 ]

§ 309, § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 i. V. m. Satz 1 SGB III.

[ 31 ]

§ 38 SGB III.

[ 32 ]

§ 142 Abs. 2 SGB III.

[ 33 ]

§ 144 SGB III.

[ 34 ]
[ 35 ]
[ 36 ]
[ 37 ]

§ 139 Abs. 1 Satz 2 SGB III.

[ 38 ]

§ 147 Abs. 1 SGB III.

[ 39 ]

§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.

[ 40 ]

§ 148 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 SGB III i. d. F. ab 1.7.2023.

[ 41 ]

§§ 149 ff. SGB III.

[ 42 ]

§§ 150, 151 SGB III.

[ 43 ]

§ 151 Abs. 3 Nr. 1 SGB III.

[ 44 ]

§ 421d Abs. 2 SGB III.

[ 45 ]

§ 152 SGB III.

[ 46 ]

§ 153 SGB III.

[ 47 ]

§ 149 SGB III.

[ 48 ]
[ 49 ]
[ 50 ]
[ 51 ]
[ 52 ]

§ 161 Abs. 1 SGB III.

[ 53 ]
[ 54 ]

§§ 173, 174 SGB III.

[ 55 ]
[ 56 ]

§ 146 SGB III.

[ 57 ]
[ 58 ]

§ 421d Abs. 3 SGB III,

[ 59 ]