Feiertagsarbeit
Zusammenfassung
Name: LI1919281 Rz:Begriff
Feiertagsarbeit bezeichnet die an den auf gesetzlicher Grundlage des Landesrechts geregelten Feiertagen tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung. Feiertagsarbeit ist nur eingeschränkt zulässig.
Lohnzuschläge, die zur Anerkennung besonderer Leistungen oder mit Rücksicht auf die Besonderheit der Arbeit gezahlt werden, sind lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn.
Abweichend hiervon gilt eine gesetzliche Steuerbefreiung für Zulagen, die der Arbeitgeber als Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge gewährt. Die Steuerbefreiung ist der Höhe nach begrenzt. Für welche Feiertage steuerfreie Zuschläge zulässig sind, ist im Gesetz abschließend geregelt.
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
Arbeitsrecht: Regelungen zu gesetzlichen Feiertagen finden sich überwiegend in einzelnen landesrechtlichen Normen. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sieht ein grundsätzliches Arbeitsverbot an Feiertagen vor (§ 9 ArbZG), lässt aber Ausnahmen zu (§ 10 ArbZG). Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) begründet den Entgeltanspruch für die aufgrund eines Feiertags ausgefallene Arbeitszeit (§ 2 EFZG). Arbeits- oder Tarifverträge sehen oftmals besondere Zuschläge für erbrachte Feiertagsarbeit vor.
Lohnsteuer: Die Voraussetzungen sowie die erforderliche Berechnung der Steuerfreiheit sind geregelt in § 3b EStG und R 3b LStR.
Sozialversicherung: § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV definiert das zur Beitragspflicht in der Sozialversicherung heranzuziehende Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV legt fest, unter welchen Bedingungen bestimmte Entgeltbestandteile kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt darstellen.
Kurzübersicht
Name: LI1919284 Rz:Entgelt | LSt | SV |
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Feiertagszuschläge bis zu 125 % bzw. 150 % des Grundlohns | frei (max. 50 EUR/Stunde) |
frei (max. 25 EUR/Stunde) |
1 Gesetzliche Feiertage
Welche Tage gesetzliche Feiertage sind, ist in Ländergesetzen, hinsichtlich des 3. Oktober im Einigungsvertrag (Art. 2) geregelt. Danach sind gesetzliche Feiertage in allen Bundesländern: Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, Pfingstmontag, 1. Mai, Christi Himmelfahrt, 3. Oktober, 1. und 2. Weihnachtsfeiertag (25. und 26. Dezember).
Bundeslandabhängig kommen dazu: Heilige Drei Könige (6. Januar) in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen-Anhalt; Ostersonntag und Pfingstsonntag in Brandenburg; Fronleichnam in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen (soweit durch RVO bestimmt) und Thüringen (soweit überwiegend katholische Bevölkerung); Mariä Himmelfahrt (15. August) in Bayern (soweit durch Verordnung bestimmt für Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung) und im Saarland; Reformationstag in Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen in Gebieten mit überwiegend evangelischer Bevölkerung; Buß- und Bettag in Sachsen; Allerheiligen in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in Gebieten mit überwiegend katholischer Bevölkerung. In Berlin ist zusätzlich der 8. März (Internationaler Frauentag) Feiertag. In der Stadt Augsburg ist außerdem der 8. August ein gesetzlicher Feiertag, in Thüringen der Weltkindertag. [ 1 ] An kirchlichen Feiertagen, die nicht zugleich gesetzliche Feiertage sind, darf der Arbeitgeber nicht einseitig ohne Lohnzahlung Arbeitsruhe anordnen.
2.1 Beschäftigungsverbot
Nach § 9 Abs. 1 ArbZG besteht ein grundsätzliches zwingendes Beschäftigungsverbot an Feiertagen [ 2 ] von 0 bis 24 Uhr. Erfasst werden sämtliche Formen der Beschäftigung. Dazu zählen auch Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaft, die Vornahme von Abschlussarbeiten [ 3 ] , aber auch berufliche Fort- und Weiterbildung im Betrieb. [ 4 ]
Name: LI15476281 Rz:Hinweis
Beschäftigungsverbot an nicht bundeseinheitlichen Feiertagen
Fallen (z. B. beim Arbeiten im Homeoffice) Betriebs- oder Unternehmenssitz und Arbeitsort des Arbeitnehmers auseinander, gilt in Bezug auf nicht bundeseinheitliche Feiertage Folgendes:
- Grundsätzlich sind die gesetzlichen Feiertagsregelungen am konkreten Arbeitsort maßgeblich – es kommt also weder auf den Sitz des Arbeitgebers noch auf den Wohnsitz des Arbeitnehmers an. [ 5 ]
- Ist der Tag am (Homeoffice-)Arbeitsort ein Feiertag, darf der Arbeitnehmer nicht arbeiten, auch wenn der Tag am Betriebssitz kein Feiertag ist.
- Ist der Tag am (Homeoffice-)Arbeitsort dagegen kein Feiertag, ist der Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet, auch wenn der Tag am Betriebssitz oder dem Sitz des Unternehmens ein Feiertag ist.
- Ist der Arbeitnehmer im Homeoffice und deshalb an seinem Wohnort, ist dies der relevante Arbeitsort.
Wichtig: Noch ungeklärt ist die Frage, in welchem Umfang Abweichungen von diesen Homeoffice-Grundsätzen arbeitsvertraglich zulässig sind. Unzulässig dürften dabei Regelungen oder Weisungen (Aufhebung der Homeoffice-Tätigkeit für die Dauer des Feiertags am Homeoffice-Arbeitsort) sein, die dem Arbeitnehmer Feiertage "entziehen". Abweichende vertragliche Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers sind jedoch zulässig.
2.2 Ausnahmen
Nach § 9 Abs. 2 ArbZG kann bei regelmäßigem Schichtbetrieb Beginn oder Ende der Feiertagsruhe um bis zu 6 Stunden verlegt werden. Die 24-stündige Ruhenszeit verschiebt sich dadurch entsprechend. Eine Verkürzung ist ausgeschlossen. Verlangt wird dabei eine objektive Betriebsruhe, nicht lediglich eine Ruhezeit nur für die betroffenen Arbeitnehmer. Die Ausnahme des § 9 Abs. 2 ArbZG ist mitbestimmungspflichtig.
Eine (maximal 2-stündige) Vorverlegung der Beendigung der Feiertagsruhe ist gemäß § 9 Abs. 3 ArbZG zulässig für Kraftfahrer und Beifahrer, um damit der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahme [ 6 ] einer Beschäftigung ab 22 Uhr an Sonn- und Feiertagen Rechnung zu tragen.
Weitere gesetzliche Ausnahmen enthält der Katalog des § 10 ArbZG: Die Ausnahmen des Abs. 1 setzen allerdings stets voraus, dass die dort aufgeführten Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Dabei muss das den Ausnahmen zugrunde liegende öffentliche Interesse im Einzelfall überwiegen. [ 7 ] Dies hat der Arbeitgeber in eigener Verantwortung zu prüfen, er bedarf keiner Ausnahmegenehmigung. Allerdings kann der Arbeitgeber bei Zweifeln eine Feststellung durch die Aufsichtsbehörde beantragen. [ 8 ] Außerdem kann der Arbeitgeber bei der Aufsichtsbehörde eine Ausnahmebewilligung zum Feiertagsbeschäftigungsverbot gemäß § 9 ArbZG nach den in § 13 Abs. 3 – 5 ArbZG beantragen. [ 9 ]
Nach § 10 Abs. 2 ArbZG ist die durchlaufende Produktion zulässig, wenn dies weniger Arbeitnehmer erfordert als die nach Abs. 1 Nr. 14 zulässigen Vorbereitungs- und Instandhaltungsarbeiten.
Gemäß § 11 Abs. 1 ArbZG müssen auch für die von Feiertagsbeschäftigung betroffenen Arbeitnehmer mindestens 15 Sonntage beschäftigungsfrei bleiben; zudem haben sie gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 ArbZG Anspruch auf einen Ersatzruhetag, der innerhalb von 2 Wochen zu gewähren ist. Fällt der Feiertag auf einen Werktag, muss der Ersatzruhetag innerhalb von 8 Wochen (jeweils berechnet unter Einbeziehung des Beschäftigungstages) gewährt werden. [ 10 ] Dieser muss jedoch kein Beschäftigungstag des Arbeitnehmers sein, kann also auch auf den arbeitsfreien Samstag gelegt werden – der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung. [ 11 ] Tarifvertraglich kann gemäß § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden. [ 12 ]
Danach kann tarifvertraglich auch vereinbart werden, dass keine Ersatzruhetage gewährt werden müssen – der dementsprechende Regelungswille muss jedoch zumindest ansatzweise objektiv erkennbar werden. [ 13 ] Der Arbeitgeber erfüllt seine arbeitszeitrechtliche Freistellungspflicht nur, wenn auch tatsächlich vom Arbeitnehmer keinerlei Arbeitsleistung erbracht wird. [ 14 ] Ein Ersatzruhetag ist ein Werktag, an dem der Arbeitnehmer von 0 Uhr bis 24 Uhr keine Arbeitsleistung erbringt – nicht ausreichend ist ein davon im Einzelfall abweichender Zeitraum von 24-stündiger Dauer. [ 15 ] In diesem Zusammenhang kann grundsätzlich ein ohnehin arbeitsfreier Werktag ein Ersatzruhetag sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die genannten Vorgaben – Freistellung für den kompletten Kalendertag – eingehalten werden. [ 16 ] Das Arbeitszeitgesetz verlangt (dazu s. o.) keine bezahlte Freistellung an einem Beschäftigungstag [ 17 ] , weil die Regelung auf die Erholung des Arbeitnehmers, nicht jedoch auf die Erzielung von Einkommen gerichtet ist.
Der Ruhetag kann auch vor dem Feiertag genommen werden.
Der Arbeitnehmer kann auf den Ersatzruhetag nicht verzichten, da § 11 Abs. 3 ArbZG ein objektives Verbot jeglicher Arbeitstätigkeit enthält.
Aufgrund der Verpflichtung nach § 11 Abs. 4 ArbZG muss der Arbeitgeber den Ersatzruhetag grundsätzlich mit einer Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG verknüpfen – im Ergebnis kommt es so mindestens einmal innerhalb eines 7-Tages-Zeitraums zu einer 35-stündigen Beschäftigungsruhe. Dies entspricht auch den Vorgaben der Europäischen Arbeitszeit-Richtlinie.
[ 1 ] |
Wegen des Arbeitsverbots an gesetzlichen Feiertagen s. Sonntagsarbeit; zur tarifvertraglichen Freistellung an "Vorfeiertagen" (24.12./31.12.) vgl. BAG, Urteil v. 11.7.2019, 6 AZR 460/18. |
[ 2 ] |
Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Verbots aufgrund seiner Ableitung aus dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag aus Art. 4 GG, Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV BVerfG, Urteil v. 1.12.2009, 1 BvR 2857/07, sowie BVerwG, Urteil v. 27.1.2021, 8 C 3/20; zu Verfassungsmäßigkeit von Laden- oder Betriebsöffnungen s. BVerwG, Urteil v. 17.5.2017, 8 CN 1/16, sowie OVG Lüneburg, Beschluss v. 29.12.2021, 7 ME 194/21; zur Verfassungsmäßigkeit von § 13 ArbZG unter dem Aspekt unternehmerischer Existenzgefährdung s. OVG Bautzen, Beschluss v. 16.8.2021, 6 B 63/21; zur Diskriminierung durch religionsgebundene Freistellungsansprüche EuGH, Urteil v. 22.1.2019, C-193/17. |
[ 3 ] |
BVerwG, Urteil v. 4.12.2014, 8 B 66/14: Kundenbetreuung und Abschlussarbeiten müssen in einem Supermarkt bis 24 Uhr des vorangehenden Werktags abgeschlossen sein. |
[ 4 ] | |
[ 5 ] | |
[ 6 ] |
§ 30 Abs. 3 StVO. |
[ 7 ] |
Keine Erbringung von Supermarkttätigkeiten (Aufräumen etc.) bei Ladenöffnung bis 24 Uhr vor einem Feiertag, BVerwG, Beschluss v. 4.12.2014, 8 B 66.14; Erbringung von Postdienstleistungen – auch nach streikbedingten Zustellverzögerungen – ist nicht gerechtfertigt, OVG Münster, Beschluss v. 10.7.2015, 4 B 791/15; zur Erstellung elektronischer Pressespiegel als Fall des § 10 Abs. 1 Nr. 8 ArbZG VG Berlin, Urteil v. 10.3.2017, VG 14 K 13.15; keine Ausnahme für Sportwettenbetriebsstätte am Sonntag, VG Gießen, Urteil v. 18.12.2017, 4 K 5619/17; Interesse an der frühmorgendlichen Versorgung mit Frischwaren nach dem Sonn- oder Feiertag, OVG Münster, Beschluss v. 11.12.2017, 4 B 634/17; keine umfassende Sonn- oder Feiertagsöffnung von Verkaufsstellen anlässlich internationaler Fachmesse, VGH Kassel, Beschluss v. 5.4.2016, 8 B 751/16, ähnl. OVG Münster, Beschluss v. 10.6.2016, 4 B 504/16. |
[ 8 ] | |
[ 9 ] |
Vgl. dazu BVerwG, Urteil v. 27.1.2021, 8 C 3.20: Ausnahme nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 b) nur, wenn durch äußere Faktoren ein Schadenseinritt droht; nicht jedoch, wenn der Arbeitgeber die Gefahr selbst geschaffen hat, etwa durch unzureichende Arbeitsorganisation oder Umsatzrückgang. |
[ 10 ] |
Darin ist auch kein Verstoß gegen Art. 5 der Arbeitszeit-Richtlinie zu sehen: EuGH, Urteil v. 9.11.2017, C-306/16 "Maio Marques da Rosa"; dazu auch EuGH, Urteil v. 24.2.2022, C-262/20. |
[ 11 ] | |
[ 12 ] |
Vgl. zur tarifvertraglichen Beschränkung auf bezahlte freie Tage als Ausgleich BAG, Urteil v. 22.3.2018, 6 AZR 833/16; zur Tarifauslegung bei bezahltem Freizeitausgleich für auf einen Samstag fallenden Feiertag BAG, Urteil v. 20.6.2013, 6 AZR 696/11; BAG, Urteil v. 19.9.2012, 5 AZR 727/11; BAG, Urteil v. 23.3.2006, 6 AZR 497/05. |
[ 13 ] |
Vgl. zu den Anforderungen s. BAG, Urteil v. 8.12.2021, 10 AZR 641/19. |
[ 14 ] |
Kann ein Ersatzruhetag nicht gewährt werden, weil der Arbeitnehmer in einem weiteren Beschäftigungsverhältnis an allen übrigen Wochentagen arbeitet, liegt ein personenbedingter Kündigungsgrund vor: BAG, Urteil v. 24.2.2005, 2 AZR 211/04. |
[ 15 ] | |
[ 16 ] | |
[ 17 ] | |
[ 18 ] | |
[ 19 ] |
Zur Höhe eines tarifvertraglichen Feiertagszuschlags nach TVöD: BAG, Urteil v. 9.7.2008, 5 AZR 902/07. |
[ 20 ] | |
[ 21 ] |
BAG, Urteil v. 17.1.2018, 5 AZR 69/17; BAG, Urteil v. 24.5.2017, 5 AZR 431/16; BAG, Urteil v. 25.5.2016, 5 AZR 135/16; LAG Sachsen, Urteil v. 7.12.2016, 1 Sa 234/16. |
[ 22 ] | |
[ 23 ] |
Vgl. zur Üblichkeit BAG, Urteil v. 23.8.2017, 10 AZR 859/16. |
[ 24 ] | |
[ 25 ] | |
[ 26 ] | |
[ 27 ] |
Vgl. dazu BAG, Urteil v. 24.2.2021, 10 AZR 130/19; gleiches gilt auch im Ausland: Ist der Arbeitsort im Ausland und ist nach dortigem Recht kein Feiertag, kommt eine Entgeltfortzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG nicht in Betracht – ebenso im umgekehrten Fall, dass der ausländische Feiertag kein Feiertag in Deutschland ist; in diesem Fall kann ein Anspruch eventuell über § 615 BGB begründet werden. |
[ 28 ] | |
[ 29 ] | |
[ 30 ] | |
[ 31 ] | |
[ 32 ] | |
[ 33 ] | |
[ 34 ] |
§ 3b EStG, R 3b LStR. |
[ 35 ] | |
[ 36 ] |
S. Zuschläge. |
[ 37 ] |
§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz SvEV. |
[ 38 ] | |
[ 39 ] | |
[ 40 ] |
S. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. |