Unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer
Zusammenfassung
Name: LI1824780 Rz:Begriff
Unbeschränkt steuerpflichtig sind Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die Steuerpflicht beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Der Besteuerung im Inland unterliegen alle inländischen und alle ausländischen Einkünfte des Steuerpflichtigen. Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung ausländischer Einkünfte können Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung kommen.
Der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen auch deutsche Staatsangehörige, die im Inland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn sie in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen und hierfür Arbeitslohn aus inländischen öffentlichen Kassen beziehen. Hierzu gehören z. B. deutsche Staatsangehörige, die bei deutschen Vertretungen (Botschaft, Konsulat) im Ausland tätig sind.
Von der unbeschränkten Steuerpflicht ist die beschränkte Steuerpflicht abzugrenzen. Diese kommt zur Anwendung, wenn der gewöhnliche Aufenthalt bzw. der Wohnsitz des Steuerpflichtigen nicht im Inland liegt.
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
Lohnsteuer: Die unbeschränkte Steuerpflicht von Arbeitnehmern richtet sich nach den §§ 1, 1a sowie 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
1 Unbeschränkte Steuerpflicht
Das deutsche Steuerrecht unterscheidet zwischen unbeschränkt steuerpflichtigen Personen und beschränkt steuerpflichtigen Personen. Arbeitnehmer, die im Inland einen Wohnsitz [ 1 ] oder gewöhnlichen Aufenthalt [ 2 ] haben oder sich länger als 6 Monate im Inland aufhalten, sind grundsätzlich mit ihrem Welteinkommen in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. [ 3 ] Die Staatsangehörigkeit des Arbeitnehmers spielt dabei keine Rolle.
Ausländische Arbeitnehmer begründen im Inland meist keinen Wohnsitz, wenn sie sich nur vorübergehend hier aufhalten, d. h. nicht länger als 6 Monate. Bei Arbeitnehmern, die sich länger als 6 Monate im Bundesgebiet aufhalten, erstreckt sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf den gesamten Inlandsaufenthalt. Dazu gehören auch die ersten 6 Monate des Inlandsaufenthalts.
1.1 Wohnsitz im Inland
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter den Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ein mehrfacher Wohnsitz ist möglich. Zur Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht ist ein Wohnsitz im Inland ausreichend. Die deutsche unbeschränkte Steuerpflicht besteht daher auch dann, wenn der Steuerpflichtige je eine Wohnung im Inland und im Ausland hat.
Name: LI4140054 Rz:Hinweis
Definition "Wohnung"
Als Wohnung gelten alle Räumlichkeiten, die zum Wohnen geeignet sind. Eine abgeschlossene Wohnung mit Küche und separater Waschgelegenheit ist nicht erforderlich. Als Wohnung gelten daher auch
- möblierte Zimmer,
- Gemeinschaftsbaracken,
- feststehende Campingwagen, sofern sie ständig zu Wohnzwecken und nicht nur vorübergehend zu Erholungszwecken genutzt werden.
Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt
Eine Person kann neben einem Wohnsitz an einem anderen Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Es ist jedoch nicht möglich, gleichzeitig 2 gewöhnliche Aufenthalte zu haben.
Wohnsitz bei Ehegatten und deren Kindern
Bei Ehe-/Lebenspartnern besteht die Besonderheit, dass sie ihren jeweiligen Wohnsitz an verschiedenen Orten haben können. Ein Ehe-/Lebenspartner, der nicht dauernd getrennt lebt, hat seinen Wohnsitz (auch) dort, wo seine Familie lebt.
Kinder behalten regelmäßig ihren Wohnsitz bei den Eltern, auch wenn sie sich vorübergehend zu Ausbildungszwecken im Ausland aufhalten. Gastarbeiterkinder, die bei Verwandten im Heimatland leben, haben aber regelmäßig ihren Wohnsitz im Ausland.
Wohnsitz bei zeitlicher Begrenzung
Ein Wohnsitz wird auch dann begründet, wenn die Verfügungsmacht über die Wohnung zwar zeitlich von vornherein begrenzt ist, sich jedoch mindestens auf einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten erstreckt. Dies gilt selbst dann, wenn die Wohnung aufgrund eines späteren Entschlusses vorzeitig aufgegeben wird. Das Innehaben einer Wohnung auf unbestimmte Zeit mit jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit kann nur zur Begründung eines Wohnsitzes genügen, wenn andere Umstände den Schluss zulassen, dass der Inhaber die Wohnung für mehr als 6 Monate beibehalten wird (z. B. Dauer des befristeten Arbeitsvertrags).
Wird eine Wohnung von vornherein in der Absicht angemietet, sie weniger als 6 Monate beizubehalten und zu nutzen, wird dort kein Wohnsitz begründet.
Name: LI4140055 Rz:Wichtig
Ein "Wohnsitz" setzt keinen Mindestaufenthalt voraus
Ein Wohnsitz setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält.
Aufhebung des Wohnsitzes
Nach Aufgabe der inländischen Wohnung besteht kein Wohnsitz mehr. Der Wohnsitz endet im Übrigen auch dann mit dem Wegzug, wenn die inländische Wohnung zur bloßen Vermögensverwaltung zurückgelassen wird. Hiervon ist auszugehen, wenn ein ins Ausland verzogener Arbeitnehmer sein Haus/seine Wohnung verkaufen oder langfristig vermieten will und dies in absehbarer Zeit auch tatsächlich verwirklicht.
Keine Wohnsitzbegründung durch bloßen Aufenthalt
Nicht zur Begründung eines Wohnsitzes im Inland führen:
- Besuchsaufenthalte im Inland,
- die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben,
- die An- oder Abmeldung bei der Ordnungsbehörde.
Die An- oder Abmeldung bei der Ordnungsbehörde kann im Allgemeinen als Indiz dafür gewertet werden, dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz unter der von ihm angegebenen Anschrift begründet bzw. aufgegeben hat.
1.2 Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland
Im Unterschied zum Wohnsitz muss zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts keine Wohnung als fester Lebensmittelpunkt unterhalten werden. Es muss nicht einmal ein gleichbleibender Aufenthaltsort bestehen. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Kalenderjahrübergreifende Betrachtung
Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten anzusehen. Hierbei bleiben kurzfristige Unterbrechungen (z. B. wegen eines Urlaubs) unberücksichtigt. Die Prüfung des 6-Monatszeitraums erfolgt durch eine kalenderjahrübergreifende Betrachtung.
Name: LI1917038 Rz:Achtung
Kein gewöhnlicher Aufenthalt bei täglicher Rückkehr ins Ausland
Grenzpendler, die täglich ins Ausland zurückkehren, begründen keinen gewöhnlichen Aufenthalt, da sie nicht im Inland übernachten. Grenzpendler, die hingegen nur zum Wochenende heimfahren, begründen einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland gilt grundsätzlich als aufgegeben, wenn der Steuerpflichtige zusammenhängend mehr als 6 Monate im Ausland lebt.
Ausschluss des gewöhnlichen Aufenthalts
Von vornherein wird kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet, wenn der Aufenthalt nicht länger als ein Jahr dauert und ausschließlich zu
- Besuchszwecken,
- Erholungszwecken,
- Kur- oder ähnlichen Zwecken
stattfindet.
Name: LI1917039 Rz:Praxis-Beispiel
Gewöhnlicher Aufenthalt bei Urlaubsunterbrechung
Ein ausländischer Arbeitnehmer reist am 12.10.01 nach Deutschland ein, um bei einer Versicherungsgesellschaft tätig zu werden. Seine Aufenthaltsdauer ist zunächst unbestimmt; er wohnt im Hotel. Am 22.12.01 verlässt er das Inland zu einem Weihnachtsurlaub in Griechenland. Er kehrt am 3.1.02 nach Deutschland zurück, wo er bis zum 29.4.02 bleibt (Ausreisetag).
Ergebnis: Das Wohnen im Hotelzimmer begründet weder eine Wohnung noch einen Wohnsitz. Trotz der Urlaubsreise ins Ausland ist jedoch ein einheitlicher Aufenthalt im Inland anzunehmen.
Nach der Abgabenordnung [ 4 ] gelten für die Fristberechnung die §§ 187-193 BGB. Die 6-Monatsfrist ist abhängig vom Ereignis der Einreise: der Einreisetag wird nicht mitgerechnet. [ 5 ] Bei einem unterbrochenen Inlandsaufenthalt wird die Frist nach Tagen berechnet. [ 6 ] Es zählen nur volle Tage.
Die Zeit des Auslandsaufenthaltes zählt nicht mit (hier: der Weihnachtsurlaub in Griechenland):
13.10.-21.12.01 = 70 Tage
4.1.-28.4.02 = 115 Tage
= gesamt 185 Tage (> als 180 Tage)
Durch den Aufenthalt von mehr als 6 Monaten in Deutschland erstreckt sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf den gesamten Inlandsaufenthalt.
Praxis-Tipp
Indizwirkung der Arbeitserlaubnis
Zur Beurteilung der Frage, ob sich ein ausländischer Arbeitnehmer voraussichtlich länger als 6 Monate im Inland aufhalten wird, ist grundsätzlich auf die dem Arbeitnehmer erteilte Arbeitserlaubnis abzustellen:
- Hat die Arbeitserlaubnis eine Gültigkeit von mehr als 6 Monaten, ist der Arbeitnehmer auch dann als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, wenn er aus unvorhersehbaren Gründen (Krankheit, Tod in der Familie) vor Ablauf von 6 Monaten in sein Heimatland zurückkehrt.
- Ist die Arbeitserlaubnis zunächst für eine Zeit von weniger als 6 Monaten erteilt worden und wird sie während des Aufenthalts verlängert, wird der Arbeitnehmer ebenfalls von Anfang an unbeschränkt steuerpflichtig. Der Arbeitgeber hat den bisher vorgenommenen Lohnsteuerabzug zu korrigieren. [ 7 ]
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§ 1 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz EStG, Zur Ländergruppeneinteilung vgl. BMF, Schreiben v. 18.12.2023, IV D 5 – S 2285/19/10001 :004, BStBl 2023 I S. 2236. |
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BMF, Schreiben v. 7.11.2019, IV C 5 – S 2363/19/10007 :001, BStBl 2019 I S. 1087. |
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§ 1a EStG. |
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