Dem folgt der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung. Soweit der Senat bisher eine gegenteilige Auffassung
vertreten hat, hält er daran nicht fest.
I. Die Klage ist begründet.
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht fort. Die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
ist unwirksam. Die vor der Einstellung an die Klägerin gerichtete Frage nach der Schwangerschaft verstieß gegen § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese Vorschrift ist europarechtskonform dahingehend auszulegen, daß die Frage nach der Schwangerschaft regelmäßig auch
dann unzulässig ist, wenn sich die Bewerberin auf eine unbefristete Stelle bewirbt, die sie zunächst wegen des Eingreifens
gesetzlicher Beschäftigungsverbote nicht antreten kann.
2. Zur Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB berechtigt lediglich die wahrheitswidrige Beantwortung einer in zulässiger Weise gestellten Frage; eine solche setzt ein
berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung voraus. Fehlt es hieran, ist die wahrheitswidrige
Beantwortung nicht rechtswidrig (BAG 28. Mai 1998 – 2 AZR 549/97 – AP BGB § 123 Nr. 46 = EzA BGB § 123 Nr. 49). Davon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat zu Recht erkannt, daß die Frage nach der Schwangerschaft im
Streitfall unzulässig war, weil sie gegen das gesetzliche Verbot des § 611a BGB verstieß.
a) Nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen.
b) Zwar hat der Senat – wie die Revision zu Recht geltend macht – bisher angenommen, die Frage nach der Schwangerschaft sei
zulässig, wenn für die Arbeitnehmerin von vornherein ein gesetzliches Beschäftigungsverbot (§ 4 MuSchG) eingegriffen hätte (1. Juli 1993 – 2 AZR 25/93 – AP BGB § 123 Nr. 36 = EzA BGB § 123 Nr. 39).
c) Daran hält der Senat jedoch nicht fest.
aa) Die Vorschrift des § 611a BGB beruht auf der Umsetzung der Richtlinie 76/207/EWG (ABl. Nr. L 39/40) durch den deutschen Gesetzgeber. Ein nationales Gericht muß die Auslegung innerstaatlichen Rechts soweit
wie möglich am Wortlaut und Zweck einschlägiger Richtlinien ausrichten, um das mit ihnen verfolgte Ziel zu erreichen (BAG 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349). Dieser Grundsatz folgt aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht. Dabei kommt der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes besondere Bedeutung zu.
bb) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist die Benachteiligung einer schwangeren Bewerberin bei der Einstellung
in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis wegen Verstoßes gegen die Richtlinie 76/207/EWG unzulässig, wenn die Bewerberin ihre Arbeit nach Ablauf von gesetzlichen Schutzfristen wieder aufnehmen kann. Das gilt auch
dann, wenn sie zu Beginn des Arbeitsverhältnisses wegen eines gesetzlichen Beschäftigungsverbotes nicht beschäftigt werden
kann. Die Benachteiligung würde in diesen Fällen auf dem Geschlecht beruhen.
Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 5. Mai 1994 (– Rs. C-421/92 – Gabriele Habermann – Beltermann/Arbeiterwohlfahrt – EUGHE I 1994, 1657 = AP EWG-Richtlinie Nr. 76/207 Art. 2 Nr. 3) schließen Art. 2 Abs. 1 iVm. den Artikeln 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Richtlinie 76/207/EWG die Anfechtung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber nach § 119 Abs. 2 BGB aus, wenn die unbefristet eingestellte Arbeitnehmerin ihrer Tätigkeit wegen eines während der Schwangerschaft und des Stillens
geltenden Nachtarbeitsverbotes zeitweise nicht nachgehen kann. Dabei hat der Europäische Gerichtshof als maßgeblich angesehen,
daß es um einen Vertrag auf unbestimmte Zeit ging und daß das Nachtarbeitsverbot für Schwangere nur für eine gegenüber der
Gesamtdauer des Vertrages beschränkte Zeit wirkte. Eine andere Betrachtung liefe nach der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes dem Schutzzweck der Richtlinie zuwider und würde ihr die praktische Wirksamkeit nehmen.
Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG schließen darüber hinaus die Entlassung einer Arbeitnehmerin aus, die auf unbestimmte Zeit eingestellt wurde, um zunächst
eine andere Arbeitnehmerin während deren Mutterschaftsurlaubs zu vertreten, und diese Vertretung nicht gewährleisten kann,
weil sie selbst kurz nach der Einstellung schwanger wird (EuGH 14. Juli 1994 – Rs. C-32/93 – Carole Louise Webb/EMO Air Cargo ‘AUK’S ltd. – EUGHE I 1994, 3567 = AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 21). Die Entlassung kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht mit der Unfähigkeit der Frau begründet
werden, ihre Arbeit aufzunehmen (EuGH aaO Rn. 26). Die Beendigung des Vertrages lasse sich auch nicht dadurch rechtfertigen, daß die Arbeitnehmerin nur zeitweilig daran gehindert
sei, die Arbeit zu verrichten, für die sie eingestellt worden sei (EuGH aaO Rn. 27).
Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Februar 2000 (– Rs. C-207/98 – Mahlburg/Mecklenburg-Vorpommern – EUGHE I 2000, 549 = AP BGB § 611a Nr. 18) verbietet Art. 2 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 76/207/EWG es, eine Schwangere deshalb nicht auf eine unbefristete Stelle einzustellen, weil sie für die Dauer der Schwangerschaft wegen
eines auf ihren Zustand folgenden gesetzlichen Beschäftigungsverbots auf dieser Stelle von Anfang an nicht beschäftigt werden
darf (vgl. auch EuGH 4. Oktober 2001 – Rs. C 109/00 – AP EWG-Richtlinie Nr. 76/207 Nr. 27).
In Übereinstimmung mit dieser gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geht der Senat davon aus, daß die
Frage nach einer Schwangerschaft bei (geplanten) unbefristeten Arbeitsverhältnissen regelmäßig gegen die Richtlinie 76/207/EWG verstößt (vgl. APS/Linck § 611a BGB Rn. 54; KR-Pfeiffer 6. Aufl. § 611a BGB Rn. 33; Kamanabrou Anm. zu EuGH 4. Oktober 2001 – Rs. C-438/99 – EzA BGB § 611a Nr. 17). Maßgeblich ist, daß die Bewerberin bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nach Ablauf des Mutterschutzes in der Lage
ist, der vertraglich vorgesehenen Tätigkeit nachzugehen. Das vorübergehende Beschäftigungshindernis tritt bei wertender Einbeziehung
des Schutzzwecks der Richtlinie zurück. Ein bestimmtes Geschlecht ist nicht “unverzichtbare Voraussetzung” (§ 611a Abs. 1 Satz 2 BGB) für die auszuübende Tätigkeit. Denn nach Ablauf der Schutzfristen kann die Frau die vereinbarte Arbeit leisten. Das nach
dem unbefristeten Arbeitsvertrag vorausgesetzte langfristige Gleichgewicht ist durch das jedenfalls befristete Beschäftigungsverbot
nicht entscheidend gestört. Die erkennbare Zielrichtung der Frage nach der Schwangerschaft besteht dagegen darin, die Bewerberin
bei einer Bejahung der Frage schon wegen der Schwangerschaft, folglich wegen des Geschlechts, nicht einzustellen. Eben dies
will § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB verhindern.
II. Die Kosten der erfolglos gebliebenen Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.