HI3609613_7 TatbestandRz. 1Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung in der Wartezeit, die erklärt worden ist, weil der Kläger im Bewerbungsverfahren wahrheitswidrig versichert hat, es lägen keine eingestellten Ermittlungsverfahren vor. Rz. 2Der 1961 geborene, geschiedene Kläger ist ausgebildeter Diplomingenieur. Er bewarb sich am 17. Juli 2009 bei der Bezirksregierung D… als sog. Seiteneinsteiger für eine Tätigkeit als Lehrer an einer Hauptschule des beklagten Landes. Dieses teilte dem Kläger mit, er werde ein Einstellungsangebot erhalten und forderte ihn auf, das Formular “Einstellung in den öffentlichen Dienst – Belehrung und Erklärung –” auszufüllen und zu unterschreiben. Ziff. 2 “Vorstrafen und anhängige Straf- oder Ermittlungsverfahren” dieses Formulars lautet: “2.1 Belehrung Nach § 51 des Bundeszentralregistergesetzes darf sich ein/e Bewerber/in als unbestraft bezeichnen und braucht er/sie den einer Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Verurteilung nicht in ein Führungszeugnis oder nur in ein solches für Behörden aufzunehmen oder im Zentralregister zu tilgen ist. Ein/e Bewerber/in ist verpflichtet, gegenüber einer obersten Landesbehörde auch über diejenigen Verurteilungen Auskunft zu geben, die nicht in ein Führungszeugnis oder nur in solche für Behörden aufzunehmen sind. 2.2 Erklärung Ich versichere hiermit, dass ich – nicht *) – wie folgt *) vorbestraft bin: 2.3 Erklärung Ich versichere, dass gegen mich kein gerichtliches Strafverfahren und kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen eines Vergehens oder Verbrechens anhängig ist oder innerhalb der letzten 3 Jahre anhängig gewesen ist. …” Rz. 3Ohne zu Ziff. 2.2 oder Ziff. 2.3 Angaben zu machen, unterschrieb der Kläger die Erklärung am 7. September 2009. Rz. 4Das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten in Nordrhein-Westfalen (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – DSG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juni 2000 bestimmt zur Zulässigkeit der Datenverarbeitung in Arbeitsverhältnissen: “§ 1 Aufgabe Aufgabe dieses Gesetzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen in unzulässiger Weise in seinem Recht beeinträchtigt wird, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu bestimmen (informationelles Selbstbestimmungsrecht). § 2 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für die Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes … soweit diese personenbezogene Daten verarbeiten. … … (3) Soweit besondere Rechtsvorschriften auf die Verarbeitung personenbezogener Daten anzuwenden sind, gehen sie den Vorschriften dieses Gesetzes vor. … § 4 Zulässigkeit der Datenverarbeitung (1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn a) dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder b) die betroffene Person eingewilligt hat. … § 29 Datenverarbeitung bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen (1) Daten von Bewerbern und Beschäftigten dürfen nur verarbeitet werden, wenn dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere auch zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder eine Dienstvereinbarung dies vorsieht. … …” Rz. 5Am 8. September 2009 begründeten die Parteien ein vom 15. September 2009 bis zum 14. September 2010 zur Erprobung befristetes Arbeitsverhältnis. Sie vereinbarten die Geltung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sowie eine Probezeit von sechs Monaten. Am 15. September 2009 nahm der Kläger die Tätigkeit auf. Im Oktober 2009 ging ein anonymes Schreiben bei der Schule des Klägers und der zuständigen Bezirksregierung ein, in dem darauf hingewiesen wurde, der Kläger stehe unter dem Verdacht des Kindesmissbrauchs. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 leitete die Bezirksregierung dieses Schreiben an die Staatsanwaltschaft mit der Bitte weiter, strafrechtsrelevante Vorfälle mitzuteilen. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste vom 3. November 2009 enthielt folgende Angaben:
Rz. 6Von den Ermittlungsverfahren – 271 Js 301/08 – und – 271 Js 304/08 – hatte der Kläger keine Kenntnis. Rz. 7Nach Zustimmung des Personalrats kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 12. November 2009 das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung. Hilfsweise erklärte es die Anfechtung des Arbeitsvertrags und ebenfalls hilfsweise die ordentliche Kündigung innerhalb der Probezeit zum 30. November 2009. Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Rz. 8Der Kläger hat gemeint, er habe die abgeschlossenen und eingestellten Ermittlungsverfahren nach den Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes nicht angeben müssen. Rz. 9Mit dem Hinweis, der Antrag sei als Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG zu verstehen, hat der Kläger – soweit für die Revision von Interesse – zuletzt beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 30. November 2009 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht. Rz. 10Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags angeführt, das Vertrauensverhältnis zum Kläger sei zerstört, weil er im Einstellungsverfahren die gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren wahrheitswidrig verschwiegen habe. Die Frage nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren sei nicht zu beanstanden. Für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers sei es unerheblich, ob das Ermittlungsverfahren beendet sei oder nicht. Maßgeblich sei, welcher Sachverhalt dem Verfahren zugrunde liege. Rz. 11Das Arbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die außerordentliche Kündigung noch die Anfechtung beendet worden. Die ordentliche Kündigung hat es für wirksam gehalten. Hiergegen hat nur der Kläger Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12. November 2009 nicht aufgelöst worden ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. |