HI2016020_6

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag sowie über einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers.

Der am 16. Mai 1949 geborene, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. April 1963 als Industriemeister der Textilveredelung zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.956,00 Euro beschäftigt. Er arbeitete zuletzt als stellvertretender Abteilungsleiter in der Farbküche. Dort waren noch ein Abteilungsleiter und ein weiterer Arbeitnehmer tätig.

Am 1. August 2006 wurde über das Vermögen der beklagten Kommanditgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet. In dem Betrieb der Beklagten arbeiteten zu diesem Zeitpunkt 50 Arbeitnehmer.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wandte sich die Beklagte an die zuständige Agentur für Arbeit. In einem Schreiben legte sie dar, sie sehe Möglichkeiten, den Betrieb zumindest überwiegend fortführen zu können. Aus Haftungsgründen sei jedoch die Beendigung der bestehenden Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2006 erforderlich. Um einerseits das Haftungsrisiko der Gesellschafter zu beseitigen und andererseits den Arbeitnehmern die Chance einer zumindest überwiegenden Betriebsfortführung zu geben, sei der Abschluss von Aufhebungsverträgen unter Wahrung der in der Insolvenz geltenden Kündigungsfrist von drei Monaten zum 31. Dezember 2006 die einzig zuverlässige Perspektive. Dies komme jedoch nur in Betracht, wenn den Arbeitnehmern bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohe. Könnten die Zweifel an der Verhängung der Sperrfrist gegenüber den Mitarbeitern nicht durch einen positiven Bescheid ausgeräumt werden, würden keine Aktivitäten mehr im Hinblick auf eine Geschäftsfortführung entfaltet werden.

Die Agentur für Arbeit teilte daraufhin mit, im Falle des Abschlusses von Aufhebungsverträgen würden keine Sperrzeiten verhängt werden. Im Anschluss an diese Mitteilung fand am 21. September 2006 eine Betriebsversammlung statt, in der die Geschäftsleitung der Beklagten und die anwesende Vertreterin der IG Metall den Arbeitnehmern rieten, Aufhebungsverträge zu unterzeichnen.

Am 22. September 2006 vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Darin ist bestimmt:

“…

1. Der Betriebsrat nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass aufgrund eines Entschlusses der Geschäftsleitung der Betrieb der Beklagten in … zum 31.12.2006 stillgelegt wird.

2. Der Arbeitgeber wird aufgrund dieser innerbetrieblichen Entscheidung, den Betrieb zum 31.12.2006 stillzulegen, die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer zum 31.12.2006 beenden. Der Arbeitgeber wird deshalb gegenüber den aus der Anlage I ersichtlichen Arbeitnehmern baldmöglichst fristgerechte betriebsbedingte Beendigungskündigungen erklären, die frühestens zum 31.12.2006 das jeweilige Arbeitsverhältnis beenden. …

Vorrangig wird der Arbeitgeber aber an die Arbeitnehmer herantreten, um eine Beendigung frühestens zum 31.12.2006 durch einen Aufhebungsvertrag zu erreichen. Nur für den Fall, dass Arbeitnehmer einen entsprechenden Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnen, wird zum Mittel der betriebsbedingten Kündigung gegriffen.

9. Es besteht Einigkeit, dass aufgrund der schwierigen finanziellen Situation des Unternehmens – das Unternehmen befindet sich im Insolvenzverfahren – keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um einen Sozialplan abzuschließen.

…”

Am 25. September 2006 schlossen die Parteien folgenden Aufhebungsvertrag:

“…

Gemäß dem Interessenausgleich vom 22.09.2006 hat die Geschäftsleitung die interne Entscheidung getroffen, den Betrieb zum 31.12.2006 zu schließen. Im Interessenausgleich ist mit Bestimmtheit eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2006 vorgesehen. Diese Kündigung wäre arbeitsrechtlich zulässig und sozial gerechtfertigt. Zur Vermeidung von Nachteilen für sein berufliches Fortkommen wird mit dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin folgender Aufhebungsvertrag geschlossen:

1. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen mit dem 31.12.2006 im gegenseitigen Einvernehmen sein Ende finden wird.

2. Der Arbeitgeber erteilt dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin bei seinem Ausscheiden ein qualifiziertes Zeugnis sowie eine Arbeitsbescheinigung.

3. Sollte es wider Erwarten zu einer Fortführung des Betriebes oder von Teilen des Betriebes kommen, steht dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin kein Wiedereinstellungsanspruch zu.

…”

Mit Ausnahme von zwei Arbeitnehmern unterzeichneten alle Mitarbeiter entsprechende von der Beklagten vorformulierte Aufhebungsverträge.

Die Beklagte führte den Betrieb nach dem 31. Dezember 2006 mit 39 Arbeitnehmern fort. Die Position des stellvertretenden Abteilungsleiters in der Farbküche gibt es seither nicht mehr. Einen Wiedereinstellungsantrag des Klägers lehnte die Beklagte ab.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Aufhebungsvertrag sei unwirksam. Beim Abschluss des Aufhebungsvertrags sei es der Beklagten nur darum gegangen, die Arbeitnehmer ohne Sozialleistungen ausscheiden zu lassen, die auf Grund ihrer jahrzehntelangen Beschäftigung auch ein entsprechendes Entgelt verdienten und im Rahmen der Sozialauswahl nie hätten gekündigt werden können. Er sei nur zum Abschluss des Aufhebungsvertrags bereit gewesen, weil er für sich als sicher angenommen habe, zu den Mitarbeitern zu gehören, die über den 1. Januar 2007 hinaus weiterbeschäftigt würden.

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund des Aufhebungsvertrags vom 25. September 2006 zum 31. Dezember 2006 beendet worden ist;

2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zum 1. Januar 2007 als Industriemeister der Textilveredelung wieder einzustellen, hilfsweise ihn weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis sei durch den Aufhebungsvertrag zum 31. Dezember 2006 beendet worden. Geschäftsgrundlage des Aufhebungsvertrags sei gewesen, die Chance zur Fortführung eines Teils des Betriebs zu erhalten. Hierauf sei auf der Betriebsversammlung hingewiesen worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.