BAG Urteil vom 21.05.2014 - 4 AZR 50/13
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz. Schuldrechtliche Vereinbarung von Tarifvertragsparteien. Leistungen für Gewerkschaftsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Die Nichtanwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Vereinbarungen zwischen Tarifvertragsparteien hat ihren Grund darin, dass bei solchen Vereinbarungen keine strukturelle Ungleichgewichtigkeit der Verhandlungspartner besteht, sondern von Verfassungs wegen eine Verhandlungsparität vorausgesetzt wird.
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, dass der Arbeitgeber durch ein eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes „Regelwerk” oder eine eigene Ordnung geschaffen hat.
2. Wenn der Zweck der Leistung des Arbeitgebers die von ihm bei der Gestaltung des „Regelwerks” geschaffene Gruppenbildung, dh. die Festsetzung der Tatbestandsmerkmale für den fraglichen Anspruch, sachlich nicht rechtfertigt, kann der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sein.
3. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz allein kann keine unmittelbare Rechtsgrundlage für einen Leistungsanspruch bilden, sondern allenfalls den „Zugang” zu einer – gleichbehandlungswidrig – vom Arbeitgeber privatautonom gesetzten Anspruchsgrundlage erschließen.
4. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet nicht nur bei einseitig durch den Arbeitgeber gesetzten Anspruchsbedingungen Anwendung, sondern auch bei Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und einem oder mehreren Arbeitnehmern, soweit diese auf dem für das einzelne Arbeitsverhältnis charakteristischen strukturellen Ungleichgewicht der Verhandlungsmacht beruht.
5. Die Nichtanwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf tarifliche Regelungen ist nicht darin begründet, dass der Arbeitgeber den für ihn geltenden normativ wirkenden Tarifverträgen im Sinne einer „fremdbestimmten Normenwirkung” unterlegen wäre und sie lediglich zu erfüllen hätte. Sie hat vielmehr ihren Grund darin, dass bei Tarifverträgen keine strukturelle Ungleichgewichtigkeit der Verhandlungspartner besteht, sondern von Verfassungs wegen eine Verhandlungsparität vorausgesetzt wird und es deshalb einer Inhaltskontrolle des privatautonomen Handelns des Arbeitgebers nicht bedarf.
6. Die Ergebnisse kollektiv ausgehandelter Tarifvereinbarungen haben die Vermutung der Angemessenheit für sich. Dies gilt zunächst für Verbands- und Haustarifverträge, deren Regelungen das Gesetz nach Maßgabe von § 4 TVG eine unmittelbare und zwingende Wirkung beimisst.
7. Auf sonstige schuldrechtliche Vereinbarungen von Tarifvertragsparteien findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wegen deren Verhandlungsparität ebenfalls keine Anwendung, auch wenn dort zugunsten Dritter (zB Gewerkschaftsmitgliedern) ein Leistungsanspruch (zB auf Leistung einer Erholungsbeihilfe über einen gewerkschaftsnahen Verein an die beim Arbeitgeber beschäftigten Mitglieder der Gewerkschaft) begründet wird.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1; TVG §§ 1, 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; BGB § 305 ff., § 328; EStG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 19.11.2012; Aktenzeichen 17 Sa 285/12) |
ArbG Darmstadt (Urteil vom 08.12.2011; Aktenzeichen 10 Ca 217/11) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 – 17 Sa 285/12 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen! |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Erholungsbeihilfe.
Der Kläger ist bei der Beklagten in deren Betrieb in Rüsselsheim beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft vertraglicher Bezugnahme die zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V. und der Industriegewerkschaft Metall (im Folgenden: IG Metall), Bezirksleitung Frankfurt, geschlossenen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land Hessen Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands; der Kläger ist nicht Mitglied der IG Metall.
Am 31. Mai 2010 schlossen die Adam Opel GmbH (im Folgenden: AOG), aus der die Beklagte durch formwechselnde Umwandlung entstanden ist, sowie weitere auf die Beklagte als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzene Gesellschaften, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW e.V., der Verband der Pfälzischen Metall- und Elektro-Industrie e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Thüringen e.V., die Betriebsräte der verschiedenen Standorte der AOG sowie die Bezirksleitungen der IG Metall Frankfurt und Nordrhein-Westfalen eine als „Master Agreement” bezeichnete Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
„Präambel
Zwischen allen Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass Management, Betriebsräte und IG Metall zusammenarbeiten, um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Business Plan für Opel sozial verantwortlich umzusetzen und damit die Grundlage für zukünftige Profitabilität und Wachstum von Opel sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze zu schaffen.
…
Abschnitt I
Arbeitnehmerbeiträge und Beschäftigungssicherung
Den Parteien ist bewusst, dass Personalreduzierungen notwendig sind. Über den standortspezifischen Umfang, des von der Geschäftsleitung als erforderlich angesehenen Personalabbaus, wurden die Betriebsräte informiert. …
Nach Umsetzung dieser Personalreduzierungen wird die Adam Opel GmbH bis zum 1.1.2015 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.
Die Parteien legen dabei eine Personalkostenreduzierung in Höhe von durchschnittlich 176,8 Mio. EUR p.a. in Deutschland (265 Mio. EUR in Europa) zugrunde und verpflichten sich dazu. …
Den Zugeständnissen der Arbeitnehmerseite zur Kostenreduzierung stehen Zusagen der Arbeitgeberseite zu Investitionen, Produktinnovationen, zur Beschäftigungssicherung, Regelung zur Unternehmensmitbestimmung und der zu ändernden Rechtsform der AOG gegenüber. Die Kernpunkte einer solchen zukünftigen Übereinkunft sind in dieser Vereinbarung geregelt.
Abschnitt II
Aufschiebende Bedingung
Sämtliche unter Abschnitt IV A und B genannten Zusagen aller Parteien stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten
- Gewinnbeteiligung
- Sicherheiten
- Tarifvertrag Engineering
bis zum 1.9.2010 abschließen.
Um trotz der dargestellten zeitlichen Dimension die Kostenreduzierungen gemäß Abschnitt IV B zu ermöglichen werden die Tarifvertragsparteien eine Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Einmalzahlung 2010 und des derzeitigen Urlaubsgeld Anspruches für 2010 in Höhe von 50% bis zum 30.09.2010 vereinbaren. Diese Zahlungen entfallen anschließend im Falle des Eintritts der Bedingungen.
…
Abschnitt IV
Gewinnbeteiligung und Sicherheiten
…
B.) Personalkostenreduzierungen
Die jeweils zuständigen Parteien werden bis zum 01.09.2010 eine Betriebsvereinbarung/ Betriebsvereinbarungen und einen Tarifvertrag/ Tarifverträge mit dem nachfolgend beschriebenen Inhalt abschließen:
1. |
Einmalzahlungen |
Die für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 vorgesehene tarifliche Einmalzahlung i.H.v. insgesamt 320,– EUR brutto für Arbeitnehmer sowie i.H.v. insgesamt 120,– EUR brutto für Auszubildende entfällt. |
|
2. |
Nichtweitergabe der Tariferhöhung bis zum 31.01.2012 |
Die durch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie im Februar 2010 vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte ab dem 1. April 2011 in Höhe von 2,7 % entfällt bis zum 31.01.2012. Die Tarifentgelte werden erst mit Wirkung ab dem 01.02.2012 um 2,7 % in Anwendung des ERA-Entgeltabkommen vom 18.02.2010 erhöht. |
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3. |
Reduzierung des Urlaubsgelds und Weihnachtsgelds Das Urlaubsgeld sowie die Weihnachtsgratifikation für die Jahre 2010 und 2011 wird auf 50 % der derzeit bestehenden Regelung reduziert. Bei Mitarbeitergruppen, die ein verstetigtes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld in Anspruch genommen haben, wird eine entsprechende Kürzung erfolgen. |
4. |
Die AOG verpflichtet sich, einen entsprechenden Einsparungsbeitrag des Managements einzubringen. |
…” |
Ebenfalls am 31. Mai 2010 schloss die Beklagte mit den Bezirksleitungen Frankfurt und Nordrhein-Westfalen der IG Metall eine als „Side Letter zum Master Agreement vom 27.05.2010 – Regelung für IG-Metall-Mitglieder” bezeichnete Vereinbarung (im Folgenden: Side Letter), die wie folgt lautet:
„Ergänzend zu der in der Präambel aufgenommenen Regelung zur aufschiebenden Bedingung regeln die Parteien folgendes:
Die von der IG-Metall unter B genannte Zusage zur Einmalzahlung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die IG-Metall und das Management eine Vereinbarung zum Punkt ‚Besserstellung für IG-Metall Mitglieder’ bis zum 1.9.2010 abschließen.”
Zum 1. September 2010 wurden die im „Master Agreement” angesprochenen Sanierungsvereinbarungen ua. zwischen der Beklagten und der IG Metall geschlossen. Bereits am 25./26. August 2010 hatte die Beklagte mit dem Verein zur Förderung von Gesundheit und Erholung der saarländischen Arbeitnehmer e.V. (im Folgenden: Saarverein) ihren Beitritt zum Verein vereinbart. Die Beitrittsvereinbarung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
- „Die AOG beantragt die Mitgliedschaft im Verein. Die Satzung liegt dieser Vereinbarung als Anlage bei.
- Der Verein nimmt diesen Antrag an.
-
Die Parteien vereinbaren in Abweichung zu § 7, Ziffer (3.2) der Satzung vom 26.06.1998, dass die Adam Opel GmbH sich zu einem einmaligen Mitgliedsbeitrag in Höhe von insgesamt mindestens 8 Mio. EUR (…) und höchstens insgesamt 8,5 Mio. EUR (…) verpflichtet. Die genaue Höhe des Gesamt-Mitgliedsbeitrags werden die Parteien rechtzeitig und einvernehmlich bestimmen.
Der noch näher zu bestimmende Mitgliedsbeitrag wird in zwei Raten fällig: Am 15.12.2010 wird die Adam Opel GmbH einen Betrag i.H.v. 4,25 Mio. EUR auf das angegebene Konto des Vereins zahlen. Am 15.12.2011 wird die Adam Opel GmbH einen weiteren Betrag zahlen, der mindestens 3,75 Mio. EUR und höchstens 4,25 Mio. EUR beträgt. Wie bereits oben beschrieben, werden die Parteien rechtzeitig einvernehmlich die Höhe des gesamten Mitgliedsbeitrags und damit auch die Höhe der zweiten Rate bestimmen.
-
Der Verein verwendet den Mitgliedsbeitrag satzungsgemäß mit der Maßgabe, dass Erholungsbeihilfen aus dem Mitgliedsbeitrag ausschließlich an Beschäftigte der Adam Opel GmbH und ihrer Tochtergesellschaft gewährt wird. Der Verein sagt der Adam Opel GmbH zu, dass die Erholungsbeihilfe maximal 250,– EUR pro Bezugsberechtigten und Jahr beträgt. Er wird der Adam Opel GmbH jeweils am 01.02.11 und am 01.02.12 versichern, dass ausschließlich an ihre Beschäftigte und an Beschäftigte der Tochtergesellschaft Erholungsbeihilfen geleistet wurden.
…
- Der Verein versichert, dass sich an diese Vereinbarung keine steuerrechtlichen Auswirkungen für die Adam Opel GmbH knüpfen; insbesondere der Mitgliedsbeitrag und die Gewährung der Erholungsbeihilfen nicht lohn-/einkommenssteuerpflichtig sind. Die Adam Opel GmbH hat für die Erholungsbeihilfen keine Lohn-/Einkommensteuer einzubehalten, sondern der Verein nimmt eine pauschale Versteuerung vor.
- Diese Vereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdens des Tarifvertrages ‚Zukunft Adam Opel GmbH’ sowie der Betriebsvereinbarung ‚Zukunft Adam Opel GmbH’.”
Der Beitrittsvereinbarung mit dem Saarverein war die in Nr. 1 in Bezug genommene Satzung vom 26. Juni 1998 beigefügt, die ua. Folgendes regelt:
„§ 2 |
Zweck |
(1) Zweck des Vereins ist es, den tarifgebundenen Arbeitnehmern Mittel zur Verfügung zu stellen und Maßnahmen zu fördern, die ausschließlich und unmittelbar zur Erhaltung der Arbeitskraft sowie zur Förderung von Gesundheit und Erholung dienen.
…
§ 5 |
Mitgliedschaft |
(1) Die Mitgliedschaft ist freiwillig.
(2) Mitglieder des Vereins können sein:
(2.1) Vertreter der Industriegewerkschaft Metall
(2.2) Vertreter des Vereins der saarländischen Textil- und Lederindustrie
(2.3) Privatpersonen, Unternehmen, Unternehmenszusammenschlüsse und andere Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, die bereit sind die Ziele des Vereins zu unterstützen.
…
§ 7 |
Rechte und Pflichten der Mitglieder |
(1) …
(2) Die den Mitgliedern angeschlossenen Arbeitnehmer haben das Recht auf Nutzung der Leistung und auf Teilnahme an Veranstaltungen sowie an Einrichtungen des Vereins.”
In einem von der Beklagten vorgelegten Informationsblatt des Saarvereins ist ua. ausgeführt:
„Leistungen
Erholungsbeihilfen
Erholungsbeihilfen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.
Erholungsmaßnahmen
Durchführung von Gesundheitswochen für in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer deren Arbeitgeber Mitglied im Verein sind.
Definition von Begriffen im internen und externen Sprachgebrauch
Erholungsbeihilfen
Erholungsbeihilfen sind Leistungen des Vereins an, in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer und deren Familie. Ein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Erholungsbeihilfe besteht nicht. Der Arbeitgeber des Leistungsempfängers ist in der Regel Mitglied des Vereins und zahlt satzungsgemäße Beiträge.
…
Leistungsberechtigte / Leistungsempfänger
Leistungsberechtigte bzw. Leistungsempfänger sind in der IG Metall organisierte Arbeitnehmer. Der jeweilige Arbeitgeber ist in der Regel Verbandsmitglied bzw. unterstützt die Ziele und Ideen des Vereins als Förderer. Die Leistungsberechtigten bzw. Leistungsempfänger selbst sind keine Mitglieder des Vereins.
Falsch ist, daß alle Arbeitnehmer einen automatischen Anspruch auf Leistungen des Vereins haben, sobald der Arbeitgeber Mitglied oder Förderer des Vereins ist.
…”
Nachdem die Beklagte vom Steuerberater des Saarvereins die „Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG” des Finanzamts Saarbrücken erhalten hatte, wonach Erholungsbeihilfen „im Rahmen der Freigrenzen des § 40 (2) Nr. 3 EStG mit 25 % LSt (zzgl. SolZ und KiSt) pauschal versteuert” werden können, zahlte sie am 2. Februar 2011 an den Saarverein die erste Rate des Mitgliedsbeitrags.
Im Februar 2011 verbreitete die IG Metall, Bezirk Frankfurt, das Flugblatt „metallnachrichten – Information für Opel-Beschäftigte”, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
„Alle bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder haben ab sofort Anspruch auf Erholungsbeihilfen für die Jahre 2011 und 2012. Dies regelt der im letzten Jahr abgeschlossene Tarifvertrag zwischen IG Metall und Adam Opel AG, nach dem die Firma Opel nun auch Mitglied im Saarverein ist.
…
Die sogenannten Erholungsbeihilfen werden ohne besonderen Antrag gewährleistet und stehen ausschließlich IG Metall-Mitgliedern zu. Sie sind steuerfrei, da die Versteuerung durch den Verein vorgenommen wird. Ziel der Verwendung (Verwendungszweck) sind höhere Fitness und Gesunderhaltung der Arbeitskraft, zum Beispiel durch:
- • professionelle Zahnreinigung
- • medizinische Massagen
- • Beiträge für Sportvereine oder Fitnessstudios
- • Rückenschule
- • E rnährungskurse
- • Zuzahlungen für Medikamente, Kuren oder Physiotherapie
- • Beiträge für Zusatzversicherungen oder Krankenhausaufenthalte
- • Auslandskrankenversicherung”
Im Flugblatt ist weiter ausgeführt, dass die Erholungsbeihilfe gestaffelt nach dem Eintrittsdatum in die IG Metall in einer Höhe von 100,00 bis 200,00 Euro gezahlt werde. In der Folgezeit erhielten Arbeitnehmer der Beklagten, die Mitglied der IG Metall sind, Erholungsbeihilfen durch den Saarverein.
Als die Beklagte die Angaben des Flugblatts und insbesondere die angekündigte Abhängigkeit der Höhe der Erholungsbeihilfen von der Dauer der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer in der IG Metall zur Kenntnis genommen hatte, sah sie darin einen Verstoß gegen die Beitrittsvereinbarung. Sie forderte die Vertreter der IG Metall und die Vorsitzende des Saarvereins auf, entweder die Erholungsbeihilfen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszubezahlen oder der Beklagten zumindest die lohnsteuerrelevanten Daten der Begünstigten zum Zwecke einer individuellen Versteuerung zur Verfügung zu stellen. Nachdem dies erfolglos geblieben war, schätzte sie auf der Basis einer Plausibilitätsstatistik die Steuern und Sozialabgaben, korrigierte ihre Angaben gegenüber der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern und entrichtete die ausstehenden Beträge nachträglich.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Erholungsbeihilfe in Höhe von 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, gegen die Beklagte unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu. Die Beklagte habe über den Saarverein ausschließlich – nach Dauer der Mitgliedschaft – gestaffelte Zahlungen an IG Metall-Mitglieder erbracht und dabei nicht oder anders gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer zu Unrecht von dieser Leistung ausgeschlossen. Es liege ein Umgehungstatbestand vor. Mit der Leistung über den Saarverein sollte eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verhindert werden, die nicht schon deshalb ausgeschlossen sei, weil die Erholungsbeihilfe aufgrund einer Vereinbarung mit der IG Metall gewährt worden sei. Die für die Erholungsbeihilfe von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung sei sachfremd. Die nicht in der IG Metall organisierten Arbeitnehmer hätten genauso wie diese durch die Streichung ihrer Sonderzahlungen zum Sanierungserfolg beigetragen. Es habe Zahlungen in Höhe von 200,00 Euro netto gegeben. Der geltend gemachte Betrag sei deshalb auch der Höhe nach gerechtfertigt. Für eine andere Berechnung sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 200,00 Euro netto, hilfsweise brutto, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18. Juli 2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei schon nicht passiv legitimiert. Sie habe keine Leistungen an die IG Metall-Mitglieder ihres Unternehmens erbracht, Zahlungen habe lediglich der Saarverein geleistet. Die Dotierung der Erholungsbeihilfen sei auch nicht freiwillig erfolgt, sondern zur Erfüllung der mit der IG Metall im „Side Letter” vereinbarten Bedingung für deren Zustimmung zu den Sanierungsvereinbarungen. Nach dem im „Master Agreement” vereinbarten Sanierungsplan seien für die Jahre 2010 und 2011 bei den Arbeitskosten Einsparungen in Höhe von 265 Millionen Euro jährlich erforderlich gewesen, um das Unternehmen zu sanieren und eine absehbare Entlassung von vielen Mitarbeitern des Unternehmens zu verhindern. Dabei sei sie zwingend auf die Mitwirkung der IG Metall angewiesen gewesen. Allein deren Zustimmung zum Sanierungstarifvertrag sei Zweck der Beitrittsvereinbarung und der damit verbundenen Leistungen gewesen. Dass diese Vereinbarung nicht mittels eines – formellen – Tarifvertrags erfolgt sei, ändere nichts daran, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen Tarifvertragsparteien handele. Dass der Saarverein die Höhe der Erholungsbeihilfen an die Dauer der Mitgliedschaft in der IG Metall geknüpft habe, sei ihr nicht zuzurechnen. Vereinbart worden seien lediglich die Zahlungen von Erholungsbeihilfen im steuerrechtlichen Sinn.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.