HI522879

Erwerbsminderungsrente

LI1098148

Zusammenfassung

Name: LI1098149 Rz:

Begriff

Erwerbsminderung im Sinne der Rentenversicherung liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist. Hierbei wird abstrakt zwischen einer teilweisen und einer vollen Erwerbsminderung unterschieden.

Voll erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Liegt das Restleistungsvermögen zwar noch bei mindestens 3 Stunden täglich, jedoch nicht bei mindestens 6 Stunden täglich, dann liegt eine teilweise Erwerbsminderung vor. Bei teilweiser Erwerbsminderung kann es auch zu einer Rente wegen voller Erwerbsminderung kommen, wenn der Arbeitsmarkt für die betroffenen Versicherten verschlossen ist (Arbeitsmarktrente).

Für vor dem 2.1.1961 geborene Versicherte kommt ggf. eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Betracht, wobei hier nicht das Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt maßgebend ist, sondern das Leistungsvermögen im bisherigen Beruf.

Name: LI1098150 Rz:

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Rechtlich definiert wird Erwerbsminderung in § 43 SGB VI und in § 240 SGB VI. Der Grundsatz "Reha vor Rente" geht aus § 116 SGB VI hervor. Weitere Regelungen ergeben sich aus §§ 99 Abs. 1, 101 Abs. 1, 1a und § 100 Abs. 3 SGB VI (Beginn und Ende) sowie aus § 102 Abs. 2, 2a SGB VI (Befristung). Nach §§ 103, 104 SGB VI ist eine Zahlung einer Erwerbsminderungsrente ganz oder teilweise nicht möglich, wenn die Erwerbsminderung absichtlich herbeigeführt wurde oder Ergebnis einer Straftat ist.

Das Übergangsrecht im Zusammenhang mit den "alten" Renten wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit ist in § 302b SGB VI geregelt. § 302a SGB VI gilt im Hinblick auf Invalidenrenten aus dem Beitrittsgebiet.

Kommt es zu einem Zusammentreffen einer Erwerbsminderungsrente aus der Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung, ist für die Anrechnung auf die Rente aus der Rentenversicherung § 93 SGB VI zu beachten.

HI726828

Arbeitsrecht

Durch die Erwerbsminderung endet das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers nicht automatisch. Auch bei festgestellter Erwerbsminderung bedarf es daher zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses entweder einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrags. Bereits im Arbeitsvertrag bzw. im Tarifvertrag sind häufig Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Eintritt einer Erwerbsminderung beim Arbeitnehmer vorgesehen, sofern dieser Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente hat.

Arbeitsrechtliche Bedeutung hat eine Erwerbsminderung ansonsten nur dann, wenn sie sich konkret auf das Arbeitsverhältnis auswirkt. Zu prüfen sind im Weiteren entweder ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder eine personenbedingte Kündigung.

HI726830

Sozialversicherung

HI2330553

1 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Seit 1.1.2001 wird in der Rentenversicherung zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung unterschieden. Die Einstufung, ob teilweise oder volle Erwerbsminderung vorliegt, wird anhand der verbliebenen Arbeitskraft, dem sog. Restleistungsvermögen, für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beurteilt und hat entscheidende Auswirkungen auf die Höhe der Rente.

HI9840276

1.1 Volle Erwerbsminderung

Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mind. 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Da bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des Gesundheitszustands regelmäßig keine nennenswerte Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werden kann, hat diese Rente die Aufgabe, den Lebensunterhalt der versicherten Person auf Dauer zu sichern. Sie hat daher den Rentenartfaktor von 1,0 und ist unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit [ 1 ] der Höhe nach mit einer Altersrente vergleichbar.

HI9840277

1.2 Teilweise Erwerbsminderung

Teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mind. 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist darauf ausgerichtet, dass die versicherte Person mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch eine leistungsgerechte Erwerbstätigkeit ausübt. Sie ist demzufolge nur als Ausgleich für den niedrigeren Verdienst durch eine Teilzeittätigkeit oder eine schlechter bezahlte Tätigkeit gedacht. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist mit einem Rentenartfaktor von 0,5 nur halb so hoch wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

HI9840278

1.3 Teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

Da es nach der Reform zu den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Jahr 2001 das Ziel war, langfristig keine Beurteilung von Berufsunfähigkeit mehr vorzunehmen, wird eine Berufsunfähigkeit aus Gründen des Vertrauensschutzes nur noch für Versicherte geprüft, die bei der Reform bereits 40 Jahre alt waren, also vor dem 2.1.1961 geboren sind. [ 2 ] Besteht Anspruch auf eine solche Rente nach § 240 SGB VI, weil das Restleistungsvermögen im bisherigen Beruf und auch in sozial zumutbaren Verweisungstätigkeiten unter 6 Stunden täglich liegt, ist auch diese Rente nur halb so hoch wie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und damit niedriger als die "alte" Rente wegen Berufsunfähigkeit.

HI9840279

1.4 Arbeitsmarktrente

Die Frage, ob eine volle Erwerbsminderung vorliegt, ist auch von der Lage am Arbeitsmarkt abhängig. Der Rentenversicherungsträger prüft, ob die betroffene Person mit ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung überhaupt noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat (konkrete Betrachtungsweise). Dies wird nur bei einem Leistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden geprüft, da bei einer unter 3-stündigen Leistungsfähigkeit ohnehin ein Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente besteht. Liegt neben der eingeschränkten Leistungsfähigkeit auch noch Arbeitslosigkeit vor, wird der Teilzeitarbeitsmarkt als verschlossen angesehen. Die betroffene Person kann das reduzierte Leistungsvermögen nicht in eine Erwerbstätigkeit umsetzen. Durch den als verschlossen geltenden Teilzeitarbeitsmarkt schlägt die teilweise Erwerbsminderung zu einem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung durch.

HI16667837

1.5 Arbeitserprobung (Wiedereingliederungsversuch)

Bezieher einer Erwerbsminderungsrente können sich mind. 6 Monate lang ausprobieren, ob sie noch in der Lage sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die über ihrem aktuellen Restleistungsvermögen liegt. Die Arbeitserprobung hat keinen negativen Einfluss auf den Rentenanspruch. Die gilt sowohl bei Bezug einer vollen als auch teilweisen Erwerbsminderungsrente.

Name: LI16534095 Rz:

Praxis-Tipp

Kontakt mit dem Rentenversicherungsträger aufnehmen

Auch wenn die Arbeitserprobung nicht explizit beim Rentenversicherungsträger beantragt werden muss, so ist dem Rentenversicherungsträger bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente gleichwohl die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mitzuteilen.

Handelt es sich um eine Arbeitserprobung mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit über dem der Erwerbsminderungsrente zugrunde liegenden Restleistungsvermögen, dann sollte auch dieser Aspekt dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt werden.

Sollte eine längere Zeit erforderlich sein, um zuverlässig einschätzen zu können, ob eine Arbeitserprobung erfolgreich ist, kann selbst eine längere Arbeitserprobung als 6 Monate unschädlich für den Rentenanspruch sein. War die Arbeitserprobung erfolgreich, dann fällt die jeweilige Erwerbsminderungsrente mit Wirkung für die Zukunft weg.

Die während der Arbeitserprobung erzielten (höheren) Verdienste sind Hinzuverdienst und den maßgebenden Hinzuverdienstgrenzen [ 3 ] gegenüberzustellen.

[ 1 ]
[ 2 ]
[ 3 ]
[ 4 ]

§ 240 SGB VI.

[ 5 ]

§§ 43 Abs. 6 und 75 Abs. 3 SGB VI.

[ 6 ]

§ 307j SGB VI.

[ 7 ]

§ 307i SGB VI.

[ 8 ]

§ 253a SGB VI.

[ 9 ]
[ 10 ]
[ 11 ]
[ 12 ]

Zur Berechnung des Abzugsbetrags, s. § 93 Abs. 2a SGB VI.