HI15972303

LAG Baden-Württemberg Urteil vom 28.07.2023 - 9 Sa 73/21

HI15972303_1

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Verantwortlicher i.S.d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO. Personalakte als Datei i.S.d. Art. 4 Nr. 6 DSGVO. Gesamtschuldnerische Haftung des Arbeitgebers und des Verantwortlichen nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Anspruch auf Entschädigung nach Art. 82 DSGVO. Angemessene Frist für die Auskunftserteilung. Umfang der Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO

HI15972303_2

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitnehmer kann nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO nach Ende des Arbeitsverhältnisses regelmäßig die Löschung (Entfernung) einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

2. Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO kann neben dem Arbeitgeber auch eine Person sein, die sich als "Inhaber" eines Betriebes ausgibt und eigenverantwortliche Entscheidungen über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten trifft. Er haftet dann auf Zahlung einer Entschädigung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO mit dem Arbeitgeber gesamtschuldnerisch.

3. Ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach Art. 82 DSGVO setzt nicht voraus, dass ein Auskunftsanspruch gegenüber dem zur Auskunftserteilung Verpflichteten im Sinne der Rechtsprechung des BAG vom 06.12.2021 - 2 AZR 235/21 - geltend gemacht wurde. Es reicht aus, dass der Verpflichtete erkennen kann, dass der Arbeitnehmer seine Rechte nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO geltend macht.

4. Wird für die Auskunftserteilung eine zu kurze Frist gesetzt, ist das Auskunftsverlangen nicht gegenstandslos, sondern die Frist für die Auskunftserteilung richtet sich nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO.

5. Nimmt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen diesem gehörenden USB - Stick mit persönlichen Daten weg und liest diesen aus und sichert die Daten, hat er Auskunft zu erteilen, welche Daten er ausgelesen und gesichert hat. Im Fall der Verletzung dieser Auskunftspflicht haftet er auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

HI15972303_3

Leitsatz (redaktionell)

Ein Dateisystem i.S.d. Art. 4 Nr. 6 DSGVO ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird. Eine solche Datei ist auch die Personalakte.

HI15972303_4

Normenkette

DSGVO Art. 4 Nr. 7, Art. 12, 15, 17, 82 Abs. 1; BGB § 241 Abs. 2, § 1004; DSGVO Art. 2 Abs. 1, Art. 3e, 4 Nrn. 1, 6, Art. 26

HI15972303_5

Verfahrensgang

ArbG Villingen-Schwenningen (Entscheidung vom 26.10.2021; Aktenzeichen 7 Ca 59/20)

HI15972303_6

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.10.2024; Aktenzeichen 8 AZR 215/23)

HI15972303_7

Tenor

  • I.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Villingen - Schwenningen, Kammern Radolfzell, 7 Ca 59/20 vom 26.10.2021 wird auf die Berufung des Klägers teilweise abgeändert.

    1. Die Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, die Abmahnung vom 05.03.2020 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
    2. Die Beklagten zu 1 und 2 werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger € 2.5000,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.10.2021 zu zahlen.
  • II.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen, bezüglich des Berufungsantrags Nr. 3 als unzulässig.

  • III.

    Die Kosten erster Instanz trägt der Kläger zu 65%, die Beklagte zu 1 und zu 2 gesamtschuldnerisch zu 35%.

  • IV.

    Die Kosten der Berufung trägt der Kläger im Verhältnis zur Beklagten zu 1 zu 4/7, zum Beklagten zur 2 zur Hälfte. Die Beklagte zu 1 trägt die Kosten der Berufung zu 3/7, der Beklagte zu 2 Kosten der Berufung aus einem Streitwert von 5.000,00 € zur Hälfte, dies gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1.

  • V.

    Die Revision wird für beide Parteien bezüglich der Berufungsanträge Nr. 2, 4 und 5 zugelassen und im Übrigen nicht zugelassen.

HI15972303_8

Tatbestand

In der Berufung streiten die Parteien nach einem beendeten Ausbildungsverhältnis noch über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte, Erteilung von Auskunft über die Arbeitszeiten des Klägers vom 01.09.2016 bis zum 30.03.2020, Erteilung einer Auskunft über personenbezogene Daten sowie Zahlung einer Entschädigung wegen unterbliebener Auskunftserteilung nach Art. 15 DSGVO.

Der Kläger stand im Zeitraum vom 01.09.2016 bis 30.03.2020 bei der Beklagten in einem Ausbildungsverhältnis zum Sport- und Gesundheitstrainer sowie zum Sport- und Fitnesskaufmann. Es besteht ein schriftlicher Ausbildungsvertrag, wegen dessen gesamten Inhalts auf Anlage K2.1 (ABl. 18 ff.) verwiesen wird.

Am 05.03.2020 wurde dem Kläger eine Abmahnung erteilt, die von Herrn Dr. S., Bekl. zu 2 und Alleingesellschafter der Beklagten als "Inhaber" unterzeichnet wurde. Wegen des Inhalts der Abmahnung wird auf Anlage K1.1 (ABl. 16, 17) Bezug genommen. Mit E-Mail vom 25.03.2020 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagten und verlangte bis zum 31.03.2020 Rücknahme der "vorsätzlichen und rechtswidrigen Anschuldigung, dass der Kläger sich des Betrugs strafbar gemacht haben solle". Des Weiteren verlangte er u.a. bis zum 03.04.2020 Auskunft über die personenbezogenen Daten des Klägers gem. Art. 15 DSGVO sowie Übermittlung der Personalakte des Klägers (Anl. K 3.2., ABl 25 und 26).

In dem Fitnessstudio in K., in dem der Kläger seine Tätigkeit verrichtete, befand sich ein USB - Stick des Klägers. Die näheren Einzelheiten sind streitig. Der Bekl. zu 2 nahm diesen USB - Stick an sich und gab ihn bis heute nicht zurück.

Am 27.04.2020 reichte der Kläger die vorliegende Klage ein. Soweit für die Berufung von Interesse machte er geltend, die Abmahnung vom 05.03.2020 sei unbegründet, weil die dort aufgeführten Vorwürfe und Beschuldigungen falsch seien. Der Kläger habe nicht auf seinen USB-Stick sensible Mitgliederdaten der Beklagten gespeichert, dieser Stick stehe im Eigentum des Klägers und die Beklagte habe ihn daher an den Kläger herauszugeben. Der Kläger habe keine streng vertraulichen Geschäftsgeheimnisse der Beklagten illegal zu erhalten versucht. Der Stick sei ihm vom damaligen Geschäftsführer Herrn S1 ausgehändigt worden um das Kassensystem nach der Kündigung durch den Geschäftsführer fortzuführen.

Dem Kläger stehe auch der Auskunftsanspruch nach Art.15 DSGVO zu. Der Auskunftsanspruch über die Arbeitszeiten sei schon deswegen begründet, weil dem Kläger dieser Anspruch "nach der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung" zustehe und weil die Beklagte vorsätzlich und rechtswidrig behauptet habe, der Kläger habe falsche Arbeitszeiten ihr gegenüber angegeben.

Der Kläger hat am 18.10.2021 - soweit für die Berufung von Interesse - die Klage erweitert um eine Schadensersatzforderung in Höhe von 5.000,00 EUR, auch gegen den Beklagten zu 2 mit der Begründung, dieser Anspruch falle bei Verletzung von Art. 15 DSGVO pauschal an, also ohne weiteren konkreten Vortrag. Der Bekl. zu 2 hafte hierfür, denn er sei nicht mehr Geschäftsführer, jedoch habe er alle maßgeblichen Entscheidungen getroffen und bezeichne sich selbst als Inhaber. Der Auskunftsanspruch sei nicht erfüllt durch die schriftsätzlich am 28.08.2020 von der Beklagten erteilten Informationen. Konkrete Daten seien gerade nicht übermittelt worden und es sei auch realitätsfern, dass nicht noch andere Daten vorlägen, etwa Kundengespräche, Korrespondenz mit Dritten, interne Notizen, Abschluss von Verträgen und Provisionen, Mitarbeiterbewertung etc. Über all diese Daten müsse die Beklagte Auskunft erteilen.

Vor dem Arbeitsgericht hatte der Kläger insgesamt 14 Anträge gestellt, von den für die Berufung von Interesse sind:

  • 1.

    Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, die Abmahnung vom 05.03.2020 sowie sämtliche Kopien hiervon aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

  • 2.

    Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über dessen Arbeitszeiten bei der Beklagten vom 30.06.2016 - 31.03.2020 zu erteilen.

  • ...

  • 12.

    Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, dem Kläger gem. Art. 15 DSGVO Auskunft über seine personenbezogenen Daten zu erteilen.

  • 14.

    Die Beklagten Ziff. 1 und 2 werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise:

    Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat den Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses gem. Antrag Ziff. 13 anerkannt und im Übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Soweit für die Berufung von Interesse, hat die Beklagte vorgetragen, ein Rechtschutzbedürfnis für die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte bestehe nicht, da das Ausbildungsverhältnis beendet sei. Am 02.03.2020 gegen 21:00 Uhr habe der Mitarbeiter B. einen USB-Stick vorgefunden, der sich im USB-Schacht eines sich im Netzwerk mit sensiblen Mitgliederdaten befindlichen Rechners befunden habe. Hierauf seien Mitgliedernamen, Anschriften, Kontoverbindungen und Vertragslaufzeiten abgespeichert gewesen. Der Zweitbeklagte habe auf Nachfrage erklärt, es sei nicht sein Stick und der Kläger sei dann ins Büro gekommen und habe sich nach dem Verbleib seines USB-Sticks erkundigt. Auf Nachfrage, warum der Kläger diesen Stick in den Computer eingeführt habe und warum die Mitgliederdaten darauf abgespeichert seien, habe sich der Kläger nicht geäußert und habe fluchtartig die Räumlichkeiten verlassen, ohne den Stick an sich zu nehmen. Am gleichen Tag habe er sich arbeitsunfähig krankgemeldet. Am 04.03.2020 habe der Kläger den USB-Stick zurückgefordert mit der Bemerkung, der Stick sowie auch die Daten darauf gehörten ihm. Daraufhin sei die Herausgabe vom Bekl. zu 2 verweigert und die Daten seien gesichert und gelöscht worden.

Mit Schriftsatz vom 28.08.2020 hat die Beklagte Ziff.1 mitgeteilt, sie habe nur diejenigen Daten gespeichert, die für die Erstellung eines Zeugnisses notwendig seien, bestehend aus Name, Geburtsdatum, postalischer Anschrift, Arbeitsplatzbeschreibung und Arbeitszeitenerfassung. Darüber hinaus seien keine Daten des Klägers gespeichert. Einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz gäbe es nicht; die Ausführungen des Klägers hierzu in seinem Klagerweiterungsschriftsatz vom 28.10.2021 seien unsubstantiiert und der Antrag unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und - soweit für die Berufung von Bedeutung -ausgeführt, der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 05.03.2020 aus der Personalakte bestehe nicht, da es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle, da das Ausbildungsverhältnis zwischenzeitlich beendet sei. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, dass er ein besonderes Interesse an ihrer Entfernung aus der Personalakte habe. Der Antrag auf Auskunft über "die Arbeitszeiten des Klägers" sei bereits zu unbestimmt, da nicht hinreichend präzisiert. Der Kläger bezeichne die ihm zu erteilenden Auskünfte weder ihrem Inhalt und Umfang nach noch erläutere er, wofür er die Auskünfte in dem begehrten Zeitraum benötige. Zudem sei der angegebene Zeitraum unrichtig. Eine allgemeine Pflicht nach § 242 BGB zur Auskunftserteilung bestehe nicht. Allein die Zeitdifferenz von eineinhalb Stunden am 25.02.2020 begründe kein zeitlich völlig uneingeschränktes und unbestimmtes Auskunftsbegehren. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie seiner Personalakte. Dafür gebe es keine Anspruchsgrundlage. Ein Anspruch auf Herausgabe des USB Sticks bestehe ebenfalls nicht, da der Kläger nicht dargestellt habe, dass dieser in seinem Eigentum stehe. Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO sowie der Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Auskunftserteilung seien unbegründet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger der Beklagten eine zu kurze Frist für die Auskunftserteilung entgegen Art. 12 Abs. 3 DSGVO gesetzt habe. Zudem sei sein Auskunftsverlangen mit Mail vom 25.03.2020 unspezifiziert. Aus diesem Grunde habe er auch keinen Schadensersatzanspruch. Zudem habe die Beklagte bereits am 28.08.2020 schriftsätzlich mitgeteilt, über welche personenbezogenen Daten des Klägers sie verfüge. Der Kläger habe auch nicht die Höhe des Schadensersatzanspruchs näher belegt.

Wegen der weiteren Begründung wird auf das angegriffene Urteil Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil vom 26.10.2021 wurde dem Klägervertreter am 16.11.2021 zugestellt. Die Berufung hiergegen ging fristgerecht am 16.12.2021 beim Landesarbeitsgericht ein und wurde innerhalb der aufgrund fristgerechten Verlängerungsantrags bis zum 16.02.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 16.02.2022 begründet.

Mit seiner Berufung wendet der Kläger sich lediglich gegen die Abweisung der ursprünglichen Anträge Nr. 1, 2, 12 und 14. Er trägt zur Begründung vor, die Abmahnung sei auch nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses aus der Personalakte zu entfernen. Zudem folge der Anspruch auch nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses aus der Pflicht der Beklagten nach § 241 Abs. 2 BGB, keine falschen Daten über den Kläger in der Personalakte aufzubewahren. Im Übrigen setzt sich das Arbeitsgericht nicht mit dem Löschungsanspruch aus Art. 17 DSGVO auseinander. Bereits hieraus ergebe sich der Löschungsanspruch. Zudem sei die Abmahnung von einer nicht abmahnungsberechtigten Person unterzeichnet worden, sodass sich auch hieraus der Entfernungsanspruch ergebe. Im Übrigen werde auf die inhaltlichen Einwendungen gegen die Abmahnung Bezug genommen.

Der Anspruch auf Auskunft über die Arbeitszeiten bestehe bereits deswegen, weil das Arbeitsgericht nicht beachtet habe, dass die Beklagte zu 1 behaupte, der Kläger habe falsche Arbeitszeiten gegenüber der Beklagten angegeben. Darüber hinaus ergebe sich der Anspruch auch aus § 241 Abs. 2 BGB sowie Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Die Arbeitszeiten des Klägers seien personenbezogene Daten.

Auch bestehe ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO, den der Kläger auch gegenüber dem Beklagten zu eins wie gegenüber dem Beklagten zu zwei schriftlich geltend gemacht habe. Der Anspruch richtet sich nicht nur gegen die Beklagte zu eins als Arbeitgeberin des Klägers, sondern auch gegenüber dem Beklagten zu zwei, weil der unmittelbar mit der Verarbeitung und Nutzung der Daten befasst sei und daher der Verantwortliche im Sinne der DSGVO sei, zumal er als Inhaber auftrete.

Die zu kurze Frist für die Auskunftserteilung in der Mail vom 25.03.2020 sei von den Beklagten gar nicht reklamiert worden, sondern nur vom Arbeitsgericht ohne Parteivortrag berücksichtigt worden.

Der geltend gemachte Auskunftsanspruch sei mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch ausreichend konkretisiert. Die Verletzung des Auskunftsanspruchs ziehe per se einen Entschädigungsanspruch nach Art. 82 DSGVO nach sich. Auch das habe das Arbeitsgericht verkannt. Rein vorsorglich werde im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorgetragen, dass der Kläger immer noch stark negativ nervig nervlich belastet sei, weil die Beklagten seine Daten völlig unzureichend verwalteten und speicherten und die bisherige Auskunft unzureichend gewesen sei. Der Kläger befürchte auch, dass die Beklagten seine Daten missbräuchlich verwendeten und an Dritte weitergeben würden. Aufgrund dieses äußerst negativen psychischen Zustandes des Klägers könne dieser immer noch keinen ruhigen Schlaf finden und er träume immer wieder und viel zu oft von dieser extrem belastenden negativen Situation. Schließlich werde der Kläger ständig schwerwiegend nervlich durch die äußerst negative Berichterstattung über die Beklagte, insbesondere über den Beklagten zu zwei belastet.

Der Kläger beantragt daher in der Berufung:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Villingen - Schwenningen, Kammern Radolfzell, 7 Ca 59/20 vom 26.10.2021 wird abgeändert.
  2. Die Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, die Abmahnung vom 05.03.2020 sowie sämtliche Kopien hiervon aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.
  3. Die Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über dessen Arbeitszeiten bei der Beklagten vom 01.09.2016 bis zum 30.03.2020 zu erteilen.
  4. Die Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, dem Kläger gemäß Artikel 15 Absatz 3 DSGVO Auskunft über seine personenbezogenen Daten zu erteilen.
  5. Die Beklagten Ziffern 1 und 2 werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von € 5.000,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Hilfsweise: Die Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von € 5.000,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe den Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu Recht mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses verneint. Der Hinweis des Klägers auf Art. 17 Abs. 1 DSGVO liegen neben der Sache, da die Beklagte die Personalakten ausnahmslos in Papierform führe. Die DSGVO sei insoweit nicht anwendbar. Ein Anspruch auf Auskunft über die Arbeitszeiten des Klägers bestehe nicht, weil eine automatisierte Arbeitszeiterfassung bereits nicht stattgefunden habe. Es habe lediglich Dienstpläne gegeben, von denen der Kläger jeweils eine Kopie selbst erhalten habe und damit seine Arbeitszeiten kenne. Zudem hätte der Kläger selbst in die Personalakte Einsicht nehmen können. Das habe er jedoch nie verlangt.

Die Beklagte zu eins habe auch nicht gegen die Pflicht zur Erteilung einer Auskunft verstoßen. Der Anspruch scheitere bereits daran, dass der Kläger keinen Schaden darlege. Im Übrigen würde die Darstellung des Klägers bezüglich der angeblich erlittenen Beeinträchtigungen durch die nicht rechtzeitige Auskunftserteilung mit Nichtwissen bestritten.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Kläger nach § 141 Abs. 1 ZPO zur Frage der erlittenen Beeinträchtigungen angehört. Auf das Protokoll vom 22.05.2023 wird Bezug genommen.

Ein zwischen den Parteien in der Verhandlung vom 22.05.2023 geschlossener Vergleich ist von den Beklagten fristgerecht widerrufen worden.