Zukunftssicherungsleistungen
Zusammenfassung
Name: LI12355630 Rz:Begriff
Zukunftssicherungsleistungen sind Aufwendungen des Arbeitgebers, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern. Klassischer Fall ist der gesetzliche Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Aber auch freiwillige Beiträge des Arbeitgebers, z. B. zu einer Lebensversicherung oder einer betrieblichen Kranken- oder Unfallversicherung, rechnen zu den Zukunftssicherungsleistungen. Lohnsteuerlich ist zu klären, ob die Aufwendungen des Arbeitgebers zum Zufluss von Arbeitslohn führen, steuerfrei bleiben oder ob ein Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist.
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
Lohnsteuer: Der Zufluss von Arbeitslohn bei Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer ist in § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV geregelt. In welchem Umfang Zukunftssicherungsleistungen steuerfrei geleistet werden können, ergibt sich aus § 3 Nr. 62 EStG. Weitere Einzelheiten zur Anwendung der Steuerbefreiung sind in R 3.62 LStR und H 3.62 LStH erläutert. Zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug bei Zukunftssicherungsleistungen s. BMF, Schreiben v. 15.3.2022, IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, BStBl 2022 I S. 242.
1 Steuerbefreiung für gesetzliche Zukunftssicherung
Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers führen zu einem Zufluss von Arbeitslohn, wenn dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beitragszahlung ein eigener Rechtsanspruch auf Auskehrung der Versicherungsleistung eingeräumt wird. [ 1 ] Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Leistungen lediglich stillschweigend zur Kenntnis nimmt oder ihnen ausdrücklich zustimmt. Erfüllt der Arbeitgeber mit der Beitragsleistung eine sozialversicherungsrechtliche oder andere gesetzliche Verpflichtung, liegt steuerfreier Arbeitslohn vor. Ein Lohnsteuerabzug ist in diesem Fall nicht vorzunehmen. [ 2 ] Zukunftssicherungsleistungen, die vom Arbeitgeber freiwillig entrichtet werden, sind i. d. R. steuerpflichtig. [ 3 ] Abweichend davon sind die Beiträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung je nach Ausgestaltung steuerfrei. [ 4 ]
Entscheidung des Sozialversicherungsträgers maßgeblich
Für die Frage, ob die Ausgaben des Arbeitgebers auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen, ist der Entscheidung des Sozialversicherungsträgers zu folgen, wenn sie nicht offensichtlich rechtswidrig ist. [ 5 ] Selbst bei einer Änderung der Rechtsansicht des Versicherungsträgers hin zum Wegfall der Versicherungspflicht entfällt die Steuerfreiheit erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung. [ 6 ]
Ausländische Sozialversicherungsträger
Zu den steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen gehören auch die Arbeitgeberbeiträge, die aufgrund einer nach ausländischen Gesetzen bestehenden Verpflichtung an ausländische Sozialversicherungsträger, die den inländischen Sozialversicherungsträgern vergleichbar sind, geleistet werden. Die Höhe der vom Arbeitgeber zu leistenden und somit nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Beiträge bestimmt sich nach den ausländischen gesetzlichen Vorschriften. Die inländische Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Sozialversicherung ist nicht zu beachten. [ 7 ]
Danach kann ein inländischer Arbeitgeber insbesondere Zuschüsse an einen Arbeitnehmer für dessen Versicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung zumindest innerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums sowie im Verhältnis zur Schweiz steuerfrei leisten. [ 8 ] Eine freiwillige Mitgliedschaft in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung ist dabei so zu behandeln, als ob eine freiwillige Mitgliedschaft bei einer inländischen gesetzlichen Krankenkasse begründet worden wäre. Nicht steuerbegünstigt sind Zukunftssicherungsleistungen eines Arbeitgebers, die auf einem ausländischen Tarifvertrag beruhen, der nur zwischen den Parteien des Tarifvertrags besteht, sowie vom Arbeitgeber freiwillig geleistet Beiträge. [ 9 ]
2 Steuerpflicht für freiwillige Leistungen
Freiwillige Leistungen sowie Beiträge, die aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht erbracht werden, gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. [ 10 ]
Freiwillige Versicherung eines Vorstandsmitglieds einer AG in der gesetzlichen Rentenversicherung
Zuschüsse des Arbeitgebers zur freiwilligen Versicherung eines Vorstandsmitglieds einer AG in der gesetzlichen Rentenversicherung gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. [ 11 ] Mitglieder des Vorstands einer AG sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtig [ 12 ] , können sich jedoch freiwillig versichern. [ 13 ] Als freiwillig Versicherte haben sie ihre Beiträge als Versicherungsnehmer selbst zu tragen. [ 14 ] Ein steuerfreier Arbeitgeberzuschuss scheidet somit aus.
Betriebliche Krankenversicherung/Private Pflegezusatzversicherung/Krankentagegeldversicherung
Auch freiwillige Leistungen des Arbeitgebers für eine betriebliche Krankenversicherung, für eine private Pflegezusatzversicherung oder eine Krankentagegeldversicherung sind i. d. R. nicht steuerfrei. [ 15 ] Voraussetzung für das Vorliegen von steuerpflichtigem Arbeitslohn im Zeitpunkt der Beitragsleistung durch den Arbeitgeber ist allerdings, dass die Arbeitnehmer im Leistungsfall die Versicherungsleistung unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen können (Auskehrung der Versicherungsleistung). Leistungen aus der Versicherung führen bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht nochmals zu Arbeitslohn, wenn die Beiträge, die der Arbeitgeber an die Versicherung erbracht hat, bereits als Arbeitslohn versteuert wurden. [ 16 ] Anders verhält es sich, wenn die Beiträge nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führen, weil die Arbeitnehmer keinen eigenen Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistung haben. In diesem Fall muss erst im Zeitpunkt der Zahlung der Versicherungsleistung geprüft werden, in welchem Umfang steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt.
Name: LI5647863 Rz:Praxis-Beispiel
Steuerbefreiung für Krankenversicherung ausländischer Saisonarbeitskräfte
In einem landwirtschaftlichen Betrieb werden Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland beschäftigt. Der Arbeitgeber schließt eine private Gruppenkrankenversicherung ab und entrichtet die Beiträge. Die monatlichen Beiträge übersteigen 50 EUR.
Ergebnis: Zunächst ist zu prüfen, ob die Beiträge den Arbeitnehmern im Zeitpunkt der Beitragsleistung durch den Arbeitgeber als Arbeitslohn zufließen. Dies ist dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer einen eigenen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen das Versicherungsunternehmen erlangen. Daran schließt sich die Frage an, ob die Beiträge dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen sind oder steuerfrei bleiben. Die Beiträge für die inländische Krankenversicherung bleiben steuerfrei, wenn der Arbeitgeber nach einer zwischenstaatlichen Verwaltungsvereinbarung, die ihrerseits auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht, zur Leistung verpflichtet ist. Andernfalls ist die Anwendung der 50-EUR-Freigrenze bzw. die Pauschalierung der Beiträge mit 30 % nach § 37b Abs. 2 EStG zu prüfen. [ 17 ]
Vermeidung von Versorgungslücken bei Arbeitnehmerentsendung steuerpflichtig
Tätigt ein inländischer Arbeitgeber Zahlungen an Zusatzversorgungseinrichtungen zur Sicherstellung der Altersversorgung von Arbeitnehmern der ausländischen Konzernmutter, die vorübergehend im Inland beschäftigt werden, sind diese steuerpflichtig. [ 18 ] Ein Verstoß gegen EU-Recht liegt nicht vor. [ 19 ]
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S. Abschn. 5. |
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BMF, Schreiben v. 27.7.2016, IV C 3 - S 2255/07/10005 :004/IV C 5 - S 2333/13/10003, BStBl 2016 I S. 759. |
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Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung eines Zuschusses beruht in diesen Fällen auf § 257 Abs. 1 SGB V i. V. m. Art. 5b der Verordnung (EG) Nummer 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.4.2004. Die entgegenstehende Rechtsprechung des BFH v. 12.1.2011, I R 49/10, BStBl 2011 II S. 446, ist nicht allgemein anzuwenden, BMF, Schreiben v. 30.1.2014, IV C 5 – S 2333/13/10004, BStBl 2014 I S. 210. |
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S. Abschn. 2. |
[ 10 ] |
S. Abschn. 3 zur Anwendung der 50-EUR-Freigrenze, BFH, Urteil v. 18.5.2004, VI R 11/01, BStBl 2004 II S. 1014; BFH, Urteil v. 22.7.2008, VI R 56/05, BStBl 2008 II S. 894. |
[ 11 ] |
BFH, Urteil v. 24.9.2013, VI R 6/11, BStBl 2014 II S. 124. Im Urteilsfall wurden die Rentenzahlungen auf die betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktzusage angerechnet. Der BFH sah in den geleisteten Zuschüssen trotz Anrechnung auf die betriebliche Altersversorgung auch keine Leistung im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers und behandelte die Zahlungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn. |
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S. Abschn. 3 zur Anwendung der 50-EUR-Freigrenze. |
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Arbeitnehmerfreizügigkeit i. S. v. Art. 39 EG, Niederlassungsfreiheit i. S. v. Art. 43 EG und Dienstleistungsfreiheit i. S. v. Art. 49 EG. |
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BMF, Schreiben v. 15.3.2022, IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, BStBl 2022 I S. 242, Rz. 6. |
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BMF, Schreiben v. 15.3.2022, IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, BStBl 2022 I S. 242, Rz. 18. |
[ 27 ] |
BMF, Schreiben v. 15.3.2022, IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, BStBl 2022 I S. 242, Rz. 29. |
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§ 172 SGB IV. |
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Z. B. übernommene Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 3 Abs. 3 Satz 3 SvEV oder erstattete Krankenversicherungsbeiträge nach § 9 Mutterschutz- und Elternzeitverordnung oder nach entsprechenden Rechtsvorschriften der Länder. |
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5 % bzw. 13 % des Arbeitsentgelts nach § 249b SGB V |
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5 % bzw. 15 % des Arbeitsentgelts nach § 168 Abs. 1 Nrn. 1b oder 1c, § 172 Abs. 3 oder 3a, § 276a Abs. 1 SGB VI. |
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BMF, Schreiben v. 15.3.2022, IV C 5 – S 2334/19/10007 :007, BStBl 2022 I S. 242. |
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S. Abschn. 3. |
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