HI1550685

LAG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 06.01.2005 - 1 Sa 283/04

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Umzugskostenzusage. Zweifacher Wohnungswechsel

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Leitsatz (redaktionell)

Die Auslegung einer individuellen Umzugskostenzusage des Arbeitgebers kann ergeben, dass diese lediglich die Kosten eines Umzugs erfassen soll auch nicht noch weitere Umzugskosten aus der Zusammenlegung von zwei bisher an verschiedenen Orten unterhaltenen Wohnungen.

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Orientierungssatz

Einzelfallentscheidung zur Auslegung einer Vereinbarung über die Erstattung von Umzugskosten an den Arbeitnehmer.

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Normenkette

BGB §§ 133, 157

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Verfahrensgang

ArbG Rostock (Urteil vom 30.03.2004; Aktenzeichen 3 Ca 2594/03)

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgericht Rostock – 3 Ca 2594/03 – vom – vom 30.3.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

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Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Umzugskosten.

Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 12.9.2002 im Hinblick auf das zum 1.12.2002 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien erklärt: „Die AWO S. GmbH verpflichtet sich, sich an den Umzugskosten, die Ihnen entstehen, bis zu einer Höhe von maximal 3.500,00 EUR zu beteiligen.”

Zwischen den Parteien ist streitig, ob von dieser Zusage nur die Kosten des Umzugs des Klägers von seinem Wohnort H. nach R. erfasst sind oder auch die Umzugskosten aus der Wohnung seiner Lebensgefährtin Frau R. in L.-T., wo der Kläger nach seiner Behauptung seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben will, ferner über die Berechtigung der Mehrkosten einer Zwischeneinlagerung der Hausräte.

Die Beklagte hat zunächst Rechnungen von beiden Umzügen bezahlt und im Wege der Aufrechnung und Widerklage Erstattungsansprüche geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 30.3.2004 für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 191,40 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit 20.9.2003 zu zahlen.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Widerklage wird abgewiesen.
  4. Der Kläger trägt 9/10 der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagte 1/10.
  5. Der Streitwert wird auf 3.408,00 EUR festgesetzt.
  6. Die Berufung für die Beklagte wird nicht zugelassen.

Das Arbeitsgericht hat die Vereinbarung der Parteien dahin ausgelegt, dass die Beklagte dem Kläger nur die Umzugskosten von H. aus erstatten muss; allerdings müsse die Beklagte auch die Mehrkosten tragen, die daraus resultierten, dass der Kläger seinen Hausrat aus der zum 30.11.2002 aufgegebenen Wohnung in H. zunächst zwischengelagert hat, weil er (abgesehen von einer ihm von der Beklagten für zwei Monate überlassenen Ferienwohnung) seine neue Wohnung erst im März 2003 beziehen konnte.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachstandes und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock im Ganzen Bezug genommen.

Gegen das am 7.6.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit anwaltlichen Schriftsätzen am 9.6.2004 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 9.8.2004, begründet.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, er habe aufgrund der im Wortlaut unstreitigen Vereinbarung davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte sich auch an den Kosten des Umzugs von T. aus beteiligen würde. Dort habe der Kläger den Großteil seiner Möbel, insbesondere komplette Wohn- und Schlafzimmer-Einrichtungen gehabt. Der Beklagten sei auch bekannt gewesen, dass sich dort sein Lebensmittelpunkt befand. Seine dort wohnende Lebensgefährtin Frau R. sei auch von Mitarbeiterinnen der Beklagten über regionale Wohnungsangebote informiert worden. Das Arbeitsgericht hätte die vom Kläger genannten Zeuginnen R. und Dr. H. vernehmen müssen.

Indem die Beklagte zunächst auch Rechnungen für beide Umzüge bezahlt habe, habe sie einen der Rückforderung entgegenstehenden Vertrauenstatbestand geschaffen. Aber selbst wenn die Beklagte nur von einem Hausstand gewusst hätte und nur einen Umzug habe bezahlen wollen, habe es ihr wegen der gesetzten Obergrenze von 3.500,00 EUR gleichgültig sein können, von wievielen Orten der Kläger umziehen werde. Bei Kenntnis der Umstände würde sie sich in gleicher Weise zur Zahlung beider Umzüge bis zum selben Höchstbetrag verpflichtet haben, weil sie den Kläger als Arbeitnehmer für sich gewinnen wollte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock dahin abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger weitere 2.395,06 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 988,32 EUR seit 6.3.2003, aus 817,80 EUR seit 22.3.2003, aus 330,60 EUR seit 1.4.2003 und aus weiteren 258,34 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert: Das erstinstanzliche Urteil sei richtig, abgesehen davon, dass die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, die Rechnung über 321,90 EUR für Lagerkosten zu bezahlen, weil der Kläger die Wohnung in H. hätte behalten können, bis er seine neue Wohnung in Kühlungsborn gefunden hatte, statt sie schon Ende November einzulagern; gleiches gelte für die Lagerkosten in Höhe von 139,20 EUR.

Die Auslegung der Vereinbarung durch den Kläger, die Beklagte hätte zwei Umzüge bezahlen wollen, sei unzutreffend, weil der Kläger ausschließlich am Wohnort in H. gemeldet gewesen sei, während Frau R. alleinige Mieterin der Wohnung in T. gewesen sei. Den Vortrag des Klägers zu seiner dortigen Wohnsituation habe die Beklagte schon erstinstanzlich bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszuge wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 6.8.2004 und die Berufungsbeantwortung vom 10.9.2004 ergänzend Bezug genommen.

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Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist bezüglich der in zweiter Instanz noch streitigen Teilforderungen nicht begründet.

Die Berufungskammer hält die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Auslegung der Vereinbarung der Parteien über die Erstattung von Umzugskosten für zutreffend.

Der Kläger war ausschließlich in H. gemeldet und hatte ausschließlich dort eine Wohnung gemietet. Unter der dortigen Adresse hatte die Beklagte mit ihm korrespondiert. Der Kläger hatte unter objektiver Betrachtung auch dort seinen Lebensmittelpunkt, weil er dort gearbeitet hat. In Anbetracht der Entfernung zwischen H. und L.-T. ist davon auszugehen, dass der Kläger allenfalls zum Wochenende die dortige Wohnung der Frau R. aufgesucht hat. Auch wenn ihm dort Möbel gehört haben sollten, ist bei Würdigung der Gesamtumstände davon auszugehen, dass es sich nach dem objektiven Eindruck für Außenstehende allenfalls um eine Zweitwohnung für den Kläger gehandelt hat. Ein Arbeitgeber, der einem neu eingestellten Arbeitnehmer die Erstattung von Umzugskosten zusagt, muss regelmäßig nicht damit rechnen, dass der Arbeitnehmer außer den Kosten des Umzugs von seinem bisherigen Arbeitsort auch weitere Umzugskosten aus der Zusammenlegung von zwei bisher an verschiedenen Orten unterhaltenen Wohnungen vom Arbeitgeber verlangen will.

Will ein Arbeitnehmer entgegen den Gepflogenheiten von seinem Arbeitgeber nicht nur die Kosten des Umzugs von seiner Wohnung am bisherigen Arbeitsort, sondern auch die Kosten des Umzugs einer Lebensgefährtin aus deren bisheriger Wohnung in eine gemeinsame Wohnung am neuen Arbeitsort des Arbeitnehmers erstattet haben, so obliegt es ihm, diesen Wunsch deutlich auszusprechen und auf eine Umzugskostenvereinbarung zu drängen, die die Zusage der Erstattung der Kosten beider Umzüge eindeutig enthält.

Wenn der Kläger in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12.12.2003 vorgetragen hat, er habe im Einstellungsgespräch erklärt, er wolle künftig auch im Hinblick auf seine Beziehung zu seiner Lebensgefährtin nur einen Wohnsitz an seinem künftigen Dienstort unterhalten (was von der Beklagten bestritten ist), so ist damit das Begehren nach der Erstattung der Kosten von zwei Umzügen, insbesondere nach der Erstattung der Kosten des Umzugs aus der Wohnung der Lebensgefährtin in die neue gemeinsame Wohnung nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht. Da der Kläger in der Berufungsbegründung vorträgt, die Beklagte hätte sich bei Kenntnis der Umstände sicherlich zur Zahlung beider Umzüge verpflichtet, da sie den Kläger für sich habe gewinnen wollen, befand er sich offensichtlich auch in einer hinreichend starken Verhandlungsposition, um sein entsprechendes Begehren offen anzusprechen. Allein daraus, dass die Beklagte eine Höchstgrenze für die Erstattung von Umzugskosten gesetzt hatte, ergibt sich nicht, dass sie statt eines Umzuges auch ebenso zwei Umzüge bezahlen müsste.

Daraus, dass die Beklagte zunächst auch Rechnungen bezahlt hat, die den Umzug von T. betrafen, ergibt sich ein Vertrauenstatbestand, der die Rückforderung oder Verrechnung als treuwidrig erscheinen ließe nicht. Insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Rechnung der Firma G. vom 27.12.2002 keine näheren Angaben über Ausgangspunkt und Ziel des in Rechnung gestellten Umzuges enthielt, gibt die zunächst erfolgte Zahlung auch keinen Anhaltspunkt für die Auslegung der Vereinbarung der Parteien dahingehend, dass die Beklagte auch den Umzug von T. her hätte erstatten wollen.

Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger gemäß § 97 ZPO zu tragen.

Gründe zur Zulassung der Revision bestehen nicht.

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Fundstellen

Dokument-Index HI1550685

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