HI13291555

Art. 4 Vaterschaftsurlaub

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Väter oder – soweit nach nationalem Recht anerkannt –gleichgestellte zweite Elternteile, Anspruch auf zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub haben, der anlässlich der Geburt des Kindes des Arbeitnehmers genommen werden muss. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, ob der Vaterschaftsurlaub auch teilweise vor der Geburt des Kindes oder ausschließlich danach genommen werden kann und ob er in flexibler Form genommen werden kann.

(2) Der Anspruch auf Vaterschaftsurlaub ist nicht an eine vorherige Beschäftigungs- oder Betriebszugehörigkeitsdauer geknüpft.

(3) Der Anspruch auf Vaterschaftsurlaub wird unabhängig vom im nationalen Recht definierten Ehe- oder Familienstand des Arbeitnehmers gewährt.

HI13291556

Art. 5 Elternurlaub

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass jeder Arbeitnehmer einen eigenen Anspruch auf vier Monate Elternurlaub hat, der zu nehmen ist, bevor das Kind ein bestimmtes Alter, das maximal acht Jahre beträgt, erreicht, das im Rahmen des nationalen Rechts oder von Kollektiv- bzw. Tarifverträgen zu bestimmen ist. Dieses Alter wird so festgelegt, dass gewährleistet ist, dass jeder Elternteil sein Recht auf Elternurlaub tatsächlich und gleichberechtigt wahrnehmen kann.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zwei Monate des Elternurlaubs nicht übertragbar sind.

(3) Die Mitgliedstaaten legen eine angemessene Meldefrist fest, innerhalb der die Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die Inanspruchnahme ihres Rechts auf Elternurlaub informieren müssen. Dabei berücksichtigen die Mitgliedstaaten die Bedürfnisse sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Arbeitnehmer im Antrag auf Elternurlaub den geplanten Beginn sowie das geplante Ende des Urlaubs anführt.

(4) Die Mitgliedstaaten können den Anspruch auf Elternurlaub von einer Beschäftigungs- oder Betriebszugehörigkeitsdauer abhängig machen, die jedoch maximal ein Jahr betragen darf. Bei aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen im Sinne der Richtlinie 1999/70/EG des Rates [ 14 ] , die mit demselben Arbeitgeber abgeschlossen wurden, ist bei der Berechnung dieser Wartezeit die Gesamtlaufzeit dieser Verträge zu berücksichtigen.

(5) Die Mitgliedstaaten können selbst festlegen, unter welchen Umständen ein Arbeitgeber – nach Konsultation gemäß dem nationalen Recht, Kollektiv- bzw. Tarifverträgen oder Gepflogenheiten – die Gewährung des Elternurlaubs in einem vernünftigen zeitlichen Rahmen aufschieben darf, weil die Inanspruchnahme des Elternurlaubs zu dem Zeitpunkt eine gravierende Störung der Abläufe beim Arbeitgeber bewirken würde. Der Arbeitgeber muss eine solche Aufschiebung des Elternurlaubs schriftlich begründen.

(6) Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die Arbeitnehmer auch Elternurlaub in flexibler Form beantragen können. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten für die Anwendung selbst festlegen. Der Arbeitgeber prüft und beantwortet solche Anträge unter Berücksichtigung der Bedürfnisse sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss jede Ablehnung eines solchen Antrags innerhalb eines angemessenen Zeitraums ab der Antragstellung schriftlich begründen.

(7) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Arbeitgeber bei der Prüfung von Anträgen auf Elternzeit auf Vollzeitbasis vor einer Aufschiebung gemäß Absatz 5 nach Möglichkeit eine flexible Form des Elternurlaubs gemäß Absatz 6 anbieten.

(8) Die Mitgliedstaaten prüfen, ob die Zugangsbedingungen und die Modalitäten für die Anwendung von Elternurlaub an die Bedürfnisse von Adoptiveltern, Eltern mit einer Behinderung und Eltern von Kindern mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung angepasst werden müssen.

HI13291557

Art. 6 Urlaub für pflegende Angehörige

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer das Recht haben, fünf Arbeitstage pro Jahr Urlaub für pflegende Angehörige zu nehmen. Die Mitgliedstaaten können gemäß dem nationalen Recht oder nationalen Gepflogenheiten zusätzliche Einzelheiten mit Blick auf den Anwendungsbereich von Urlaub für pflegende Angehörige und die diesbezüglichen Voraussetzungen festlegen. Die Inanspruchnahme dieses Rechts kann im Einklang mit dem nationalen Recht oder nationalen Gepflogenheiten von einem geeigneten Nachweis abhängig gemacht werden.

(2) Die Mitgliedstaaten können den Urlaub für pflegende Angehörige anhand eines Bezugszeitraums, der nicht ein Jahr beträgt, für die jeweilige pflege- oder unterstützungsbedürftige Person oder pro Fall gewähren.

HI13291558

Art. 7 Arbeitsfreistellung aufgrund höherer Gewalt

Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Arbeitnehmer im Falle höherer Gewalt das Recht auf Arbeitsfreistellung aus dringenden familiären Gründen haben, wenn eine Erkrankung oder ein Unfall ihre unmittelbare Anwesenheit erfordern. Die Mitgliedstaaten können das Recht jedes Arbeitnehmers auf Arbeitsfreistellung wegen höherer Gewalt auf eine bestimmte Zeitspanne pro Jahr oder pro Fall oder beides beschränken.

HI13291559

Art. 8 Bezahlung oder Vergütung

(1) Im Einklang mit den nationalen Gegebenheiten, wie dem nationalen Recht, Kollektiv- bzw. Tarifverträgen oder Gepflogenheiten und unter Berücksichtigung der den Sozialpartnern übertragenen Befugnisse stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Arbeitnehmer, die ihr Recht auf Urlaub gemäß Artikel 4 Absatz 1 oder Artikel 5 Absatz 2 in Anspruch nehmen, eine Bezahlung oder eine Vergütung gemäß den Absätzen 2 und 3 des vorliegenden Artikels erhalten.

(2) Bei Vaterschaftsurlaub nach Artikel 4 Absatz 1 ist eine Bezahlung oder Vergütung in einer Höhe zu entrichten, die mindestens der Höhe der Bezahlung oder Vergütung entspricht, die der betreffende Arbeitnehmer vorbehaltlich der im nationalen Recht festgelegten Obergrenzen im Fall einer Unterbrechung seiner Tätigkeit aus Gründen im Zusammenhang mit seinem Gesundheitszustand erhalten würde. Die Mitgliedstaaten können den Anspruch auf eine Bezahlung oder Vergütung von einer vorherigen Beschäftigungsdauer abhängig machen, die jedoch maximal sechs Monate unmittelbar vor dem errechneten Geburtstermin des Kindes betragen darf.

(3) Bei Elternurlaub nach Artikel 5 Absatz 2 wird diese Bezahlung oder Vergütung von dem Mitgliedstaat oder den Sozialpartnern so festgelegt, dass die Inanspruchnahme von Elternurlaub durch beide Elternteile erleichtert wird.

HI13291560

Art. 9 Flexible Arbeitsregelungen

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Arbeitnehmer mit Kindern bis zu einem bestimmten Alter, mindestens jedoch bis zum Alter von acht Jahren, sowie pflegende Angehörige das Recht haben, flexible Arbeitsregelungen für Betreuungs- und Pflegezwecke zu beantragen. Für solche flexiblen Arbeitsregelungen kann eine angemessene zeitliche Begrenzung gelten.

(2) Die Arbeitgeber prüfen und beantworten die Anträge auf flexible Arbeitsregelungen gemäß Absatz 1 innerhalb eines angemessenen Zeitraums, wobei sie sowohl die Bedürfnisse des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers berücksichtigen. Die Arbeitgeber müssen jede Ablehnung eines solchen Antrags bzw. jede Aufschiebung der Inanspruchnahme einer solchen Regelung begründen.

(3) Wenn flexible Arbeitsregelungen gemäß Absatz 1 zeitlich begrenzt sind, hat der Arbeitnehmer das Recht, am Ende der vereinbarten Zeitspanne zum ursprünglichen Arbeitsmuster zurückzukehren. Der Arbeitnehmer hat außerdem das Recht, die Rückkehr zum ursprünglichen Arbeitsmuster vor Ende der vereinbarten Zeitspanne zu beantragen, wenn eine Änderung der Umstände dies rechtfertigt. Der Arbeitgeber prüft und beantwortet die Anträge auf eine vorzeitige Rückkehr zum ursprünglichen Arbeitsmuster unter Berücksichtigung der Bedürfnisse sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers.

(4) Die Mitgliedstaaten können den Anspruch auf die Beantragung flexibler Arbeitsregelungen von einer bestimmten Beschäftigungs- oder Betriebszugehörigkeitsdauer abhängig machen, die jedoch maximal sechs Monate betragen darf. Bei aufeinanderfolgenden befristeten Verträge im Sinne der Richtlinie 1999/70/EG des Rates, die mit demselben Arbeitgeber abgeschlossen wurden, ist bei der Berechnung der Wartezeit die Gesamtlaufzeit dieser Verträge zu berücksichtigen.

HI13291561

Art. 10 Beschäftigungsansprüche

(1) Ansprüche, die die Arbeitnehmer zu Beginn eines Urlaubs gemäß den Artikeln 4, 5 und 6 oder einer Arbeitsfreistellung nach Artikel 7 bereits erworben haben oder im Begriff sind zu erwerben, bleiben bis zum Ende eines solchen Urlaubs oder einer solchen Arbeitsfreistellung aufrecht. Im Anschluss an einen solchen Urlaub oder eine solche Arbeitsfreistellung gelten diese Ansprüche einschließlich aller Änderungen, die sich aus dem nationalen Recht, Kollektiv- bzw. Tarifverträgen oder Gepflogenheiten ergeben.

(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Arbeitnehmer nach Ablauf eines Urlaubs gemäß Artikel 4, 5 und 6 Anspruch darauf haben, an ihren früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz unter Bedingungen zurückzukehren, die für sie nicht weniger günstig sind, und in den Genuss aller Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu kommen, auf die sie Anspruch gehabt hätten, wenn sie den Urlaub nicht genommen hätten.

(3) Die Mitgliedstaaten bestimmen den Status des Arbeitsvertrags oder Beschäftigungsverhältnisses für den Zeitraum des Urlaubs gemäß Artikel 4, 5 und 6 oder der Arbeitsfreistellung nach Artikel 7, auch im Hinblick auf Sozialleistungsansprüche einschließlich der Rentenbeiträge, und stellen sicher, dass das Beschäftigungsverhältnis während dieses Zeitraums bestehen bleibt.

HI13291562

Art. 11 Diskriminierung

Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen für ein Verbot der Schlechterstellung von Arbeitnehmern aufgrund der Beantragung oder Inanspruchnahme eines Urlaubs gemäß Artikel 4, 5 und 6 oder einer Arbeitsfreistellung nach Artikel 7 oder aufgrund der Inanspruchnahme der Rechte gemäß Artikel 9.

[ 1 ]

ABl. C 129 vom 11.4.2018, S. 44.

[ 2 ]

ABl. C 164 vom 8.5.2018, S. 62.

[ 3 ]

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 4. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 13. Juni 2019.

[ 4 ]

Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23).

[ 5 ]

Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates (ABl. L 180 vom 15.7.2010, S. 1).

[ 6 ]

Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 1).

[ 7 ]

Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über (ABl. L 14 vom 20.1.1998, S. 9).

[ 8 ]

Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (ABl. L 68 vom 18.3.2010, S. 13).

[ 9 ]

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1).

[ 10 ]

Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Ausdehnung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Verordnungen fallen (ABl. L 344 vom 29.12.2010, S. 1).

[ 11 ]

Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates vom 14. Mai 2003 zur Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 1).

[ 12 ]

Urteil des Gerichtshofs vom 11. Oktober 2007, Nadine Paquay / Société d'architectes Hoet + Minne SPRL, C-460/06, ECLI:EU: C:2007:601.

[ 13 ]

Empfehlung der Kommission 2003/361/EG vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

[ 14 ]

Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. L 175 vom 10.7.1999, S. 43).