LAG Düsseldorf Urteil vom 28.03.2017 - 14 Sa 877/16
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspflicht von Umkleidezeiten im Betrieb des Arbeitgebers nach dem Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen.
2. Der Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (BLTV) ist dahingehend auszulegen, dass eine Vergütung für Umkleidezeiten auch dann nicht vorgesehen ist, wenn es sich um Teile der Arbeitszeit handelt.
3. Durch § 5 BLTV wird das Arbeitsortprinzip vergütungsrechtlich herangezogen. Dadurch stellt der BLTV hinsichtlich der Vergütungspflicht nicht auf die Arbeitszeit im Betrieb ab, die auch Umkleidezeiten erfassen kann. § 5 Ziff. 2 BLTV normiert lediglich die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum als vergütungsrelevante Arbeitsleistung. Die vor- und nachbereitenden Tätigkeiten des Umkleidens außerhalb des konkreten Ortes der Arbeitsleistung i.S.d. § 5 Ziff. 2 BLTV sind auch als Bestandteile der Arbeitszeit daher nicht zu vergüten.
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.08.2016 (4 Ca 161/16) abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütungspflicht von Umkleidezeiten im Betrieb des Arbeitgebers durch An- und Ablegen vorgeschriebener Dienstkleidung.
Die Beklagte erbringt als bundesweiter Geld- und Wertdienstleister Geld- und Werttransporte (Mobile Dienstleistungen) und ist auch in der Geldbearbeitung tätig (Stationäre Dienstleistung).
Die Klägerin ist seit dem 18.04.1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen zuletzt als Mitarbeiterin "Cash" in der stationären Dienstleistung im Betrieb in E. zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.150,00 € beschäftigt. Auf den Arbeitsvertrag vom 18.04.1994 (Blatt 6 f. der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Die Klägerin ist Mitglied des örtlichen Betriebsrates und wohnt in L..
Ausweislich der Stellenbeschreibung der Beklagten umfasst die Tätigkeit der Geldbearbeitung im Bereich "Cash" u.a. maschinelles Zählen von Kundengeldern in Form von Notengeld und Münzgeld, Bearbeitung von Schecks, Organisation und Bereitstellung von Wechselgeld zur Auslieferung an die Kunden, Produktion und Kommissionierung von Münzgeldrollen und Münzgeldverpackungen aller Stückelungen. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die zwischen dem Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen und der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Bis zum 01.01.2014 wurden die Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin angewandt. Mit Wirkung ab 01.01.2014 vereinbarte die Bundesvereinigung deutscher Geld- und Wertdienste e.V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11.11.2013 eine eigene Rahmenvereinbarung für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland für alle Betriebe bzw. selbständigen Betriebsabteilungen, die Geld- und Wertdienste in der Geldbearbeitung und/oder als Geld- oder Werttransporte durchführen (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Die Rahmenvereinbarung enthält u.a. folgende Regelungen:
"§ 2 Besitzstandsfortschreibung und Arbeitsortprinzip
1. Die Tarifparteien vereinbaren für die Laufzeit dieser Tarifvereinbarung, dass zunächst alle bis 31. Dezember 2013 für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen gültigen oder nachwirkenden regionalen Tarifverträge und der Mantelrahmentarifvertrag vom 1. Dezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen ab 1. Januar 2014 weitergelten, sofern nachfolgend nichts anderes vereinbart ist.
...
3. Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile Dienstleistung im Tarifsinne für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.
Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre Dienstleistung in der Geldbearbeitung Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ost ist, an dem die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum aufgenommen und beendet wird."
Auf den weiteren Inhalt der Rahmenvereinbarung (Blatt 148 ff. der Gerichtsakte) wird verwiesen. Neben der Rahmenvereinbarung vereinbarte die Bundesvereinigung deutscher Geld- und Wertdienste e.V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11.11.2013 auch einen Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden: BLTV) mit Wirkung ab 01.01.2014. Nach § 2 BLTV beträgt die Vergütung in Nordrhein-Westfalen für mobile Dienstleistungen ab dem 01.01.2015 15,29 € brutto pro Stunde und ab dem 01.01.2016 15,73 € brutto pro Stunde. Für stationäre Dienstleistungen beträgt die Vergütung in Nordrhein-Westfalen ab dem 01.01.2015 12,56 € brutto pro Stunde und ab dem 01.01.2016 12,92 € brutto pro Stunde. Der BLTV enthält außer dem jeweiligen Stundenlohn für die einzelnen Bundesländer keine Regelungen zu Lohnbestandteilen. In § 5 ist unter der Überschrift Arbeitsortprinzip folgende Regelung aufgeführt:
"§ 5 Arbeitsortprinzip
1.Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile Dienstleistung im Tarifsinne für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.
2.Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre Dienstleistung in der Geldbearbeitung Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ort ist, an dem die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum aufgenommen und beendet wird."
Der Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 01.12.2006 (vgl. MRTV BRD Blatt 151 ff. der Gerichtsakte) enthält unter § 4 folgende Bestimmungen:
"§ 4 Allgemeine Bestimmungen
1.Der Dienst beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Übergabe der Arbeitsmittel und endet mit der Beendigung der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung oder der Rückgabe der Arbeitsmittel. Betriebsrat und Arbeitgeber können im Einzelfall abweichend von dieser Regelung den Dienstbeginn und das Dienstende in einer Betriebsvereinbarung regeln. ..."
Ziff. 6 einer manteltariflichen Sonderregelung für Berlin und Brandenburg gem. § 13 der Rahmenvereinbarung enthält eine wortgleiche Definition unter der Überschrift "Dienstbeginn- und Ende", wobei ergänzend der Dienst als "vergütungspflichtiger Dienst" bezeichnet wird.
Der regionale Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 (im Folgenden MTV NRW, vgl. Blatt 118 ff. der Gerichtsakte) enthält - anders als der Vorgängertarifvertrag vom 02.02.2000 - keine Regelung, wonach Dienstkleidung und Ausrüstungsgegenstände nur im Dienst getragen werden dürfen, wenn der Arbeitgeber Umkleideräume zur Verfügung stellt.
Die Klägerin erhält für ihre Tätigkeit in der stationären Dienstleistung - wie auch andere Mitarbeiter der Beklagten in den Bereichen Hartgeld und Tresor in E. - die höhere Vergütung für die mobile Dienstleistung nach dem BLTV. Alle anderen Mitarbeiter der Beklagten in der Geldbearbeitung im Betrieb in E. werden nach dem niedrigeren Stundenlohn für stationäre Dienstleistung vergütet.
Die Arbeitnehmer der Beklagten müssen ihre Arbeitszeit durch das Bedienen von Stempeluhren erfassen. Dabei befindet sich eine Stempeluhr am Haupteingang im Erdgeschoß und weitere Stempeluhren befinden sich vor den jeweiligen Abteilungen auf den einzelnen Etagen. Die Klägerin ist im Geldbearbeitungszentrum in der obersten Etage des E.er Betriebes tätig, wo sich ebenfalls eine Stempeluhr befindet. Die Umkleiden befinden sich im Untergeschoss.
Die Beklagte vergütet die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer in der stationären Dienstleistung vom Beginn der dienstplanmäßigen Tätigkeit an bis zur Betätigung der Stempeluhr nach Arbeitsende. Die Beklagte hat ihre Mitarbeiter dazu angewiesen, unmittelbar nach Beendigung der Arbeitstätigkeit in der stationären Dienstleistung die Stempeluhr vor der jeweiligen Abteilung zu bedienen. Im Hinblick darauf, dass eine Vergütung erst ab dem im Dienstplan enthaltenen Arbeitsbeginn erfolgt, gibt es keine Anweisung, wann vor Arbeitsbeginn zu stempeln ist.
Sofern die Klägerin sich im Betrieb der Beklagten umzieht, begibt sie sich vor ihrer Tätigkeit im Geldbearbeitungszentrum in die Umkleideräumlichkeiten und legt dort ihre Dienstkleidung an. Diese besteht für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit aus einem schwarzen Poloshirt, auf dem sich auf der Vorder- und Rückseite in gelber Schrift das Firmenlogo der Beklagten "Q." befindet, und aus Sicherheitsschuhen. Auf Wunsch der Klägerin hat die Beklagte ihr zusätzlich eine Jacke zur Verfügung gestellt, auf der sich ebenfalls in gelber Aufschrift der Firmenname der Beklagten befindet. Daneben trägt die Klägerin private und nicht näher vorgeschriebene Kleidung. Nach dem Anlegen der Dienstkleidung betätigt die Klägerin die Stempeluhr vor ihrer Abteilung in der obersten Etage, verrichtet sodann die im Dienstplan vorgesehene Tätigkeit im Geldbearbeitungszentrum und betätigt unmittelbar nach der Beendigung der Arbeitstätigkeit im Geldbearbeitungszentrum erneut die Stempeluhr vor der Abteilung. Erst danach begibt sich die Klägerin wieder in die Umkleideräumlichkeiten.
In der Belegschaft der Beklagten in E. wird das An- und Ablegen der Dienstkleidung unter den Mitarbeitern unterschiedlich und nach persönlicher Präferenz gehandhabt. Während einige Arbeitnehmer bereits in Dienstkleidung zur Arbeit erscheinen und auch in Dienstkleidung nach der Arbeit wieder nach Hause fahren, ziehen es andere Arbeitnehmer vor, sich im Betrieb umzukleiden und teilweise dort auch zu duschen.
Auf Anfrage der Klägerin teilte die Beklagte mit, dass es keinen Zwang gebe, sich im Unternehmen umzuziehen. Seit 2016 weist die Beklagte mit Aushang darauf hin, dass es zwar nicht erlaubt sei, die Dienstkleidung in der Freizeit zu tragen, aber dieses Verbot nicht für Wegezeiten zwischen Wohnung und Niederlassung der Beklagten gelte (vgl. Aushang Blatt 298 der Gerichtsakte).
Mit Schreiben vom 02.11.2005 (vgl. Blatt. 23 der Gerichtsakte) legte die Klägerin der Beklagten für den Zeitraum vom 07.09. bis 23.10.2015 eine von ihr angefertigte Aufstellung vor, in der u.a. Umkleidezeiten minutengenau aufgeführt sind und darum gebeten wird, die auf das Umziehen aufgewendete Zeit dementsprechend und auch für die Zukunft zu vergüten.
Mit ihrer der Beklagten am 14.01.2016 zugestellten Klage begehrt die Klägerin u.a. die Feststellung der Vergütungspflicht der Umkleidezeiten im Betrieb und die sich daraus ergebende Bruttovergütung für den Zeitraum vom 07.09.2015 bis zum 30.11.2015. Die Klägerin hat behauptet, sie dürfe die Dienstkleidung nicht auf dem Weg zur Arbeit tragen und kleide sich jeweils vor ihrer Tätigkeit im Betrieb der Beklagten um. Da sie teilweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahre, wolle sie auch nicht mit dem Logo eines Geld- und Wertdienstleisters in Verbindung gebracht werden. Für den o.g. Zeitraum habe sie die Umkleidezeiten im Betrieb ohne die jeweiligen Wegezeiten exakt erfasst und (neben Duschzeiten) in der auf Blatt 44 ff. der Gerichtsakte in Ablichtung zur Akte gereichten Aufstellung dokumentiert.
Sie sei hauptsächlich für die Kommissionierung des Hartgeldes der Kunden verantwortlich. Hierbei handele es sich um eine anstrengende und mit erheblicher Schmutzentwicklung verbundene Tätigkeit. Das zu kommissionierende Münzgeld sei schwer und schmutzig und befinde sich in sogenannten Safebags. Die Safebags seien nur unter großer Kraftanstrengung manuell aus einem Container zu heben und in die Zählmaschinen zu legen. Anschließend werde das Münzgeld in Jutesäcke gefüllt, die ebenfalls aufgrund dauerhafter Verwendung staubig und schmutzig seien. Die Hände und Arme der Klägerin seien daher trotz bereits mehrmaligen Händewaschens während der Arbeitsschicht bei Beendigung der Schicht schwarz und klebrig. Die Ober- und Unterkleidung sei sowohl im Sommer als auch im Winter aufgrund der Anstrengung von Schweiß durchnässt.
Sie hat die Auffassung vertreten, Umkleidezeiten seien Teil der von der Beklagten zu vergütenden Arbeitszeit. Bei einem tariflichen Stundenlohn in Höhe von 15,29 € brutto im Jahr 2015 müsse die Beklagte die von ihr dokumentierten Umkleidezeiten mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 69,00 € brutto vergüten (275 Minuten vom 07.09.2015 bis zum 30.11.2015 x 0,25 € = 69,00 €). Denn sie sei verpflichtet, die zur Verfügung gestellte Dienstkleidung sauber zu tragen und es sei ihr nicht wirksam gestattet worden, die Dienstkleidung als private Kleidung auf dem Weg zum und vom Betrieb aus zu verwenden. Der Umstand, dass das Tragen der Arbeitskleidung auf dem Weg zur Arbeit sowie auf dem Nachhauseweg ausgeschlossen sei, ergebe sich aus der Dienstanweisung für Beschäftigte im Geld- und Wertdienst (vgl. Blatt 19 ff. der Gerichtsakte) bzw. aus dem MTV NRW.
Die Klägerin hat - soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung - beantragt,
- festzustellen, dass die Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der Beklagten zu vergüten ist;
- die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 69,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, dass die Klägerin die Dienstkleidung auch auf dem Weg zur Arbeit und von der Arbeit nach Hause trage und sie dabei mit privater Überbekleidung verberge. Die von der Klägerin erfassten Umkleidezeiten seien zu lang und würden mangels eigener Wahrnehmung insgesamt wie der Vortrag, dass Ober- und Unterkleidung der Klägerin sowohl im Sommer als auch im Winter von Schweiß durchnässt wären, mit Nichtwissen bestritten. Ein Tätigkeitsschwerpunkt in der Münzbearbeitung sei nicht gegeben. Ebenso wenig habe die Klägerin während ihrer Tätigkeit ständig Münzgeld in Händen.
Sie hat die Ansicht vertreten, mögliche Umkleidezeiten der Klägerin im Betrieb der Beklagten seien nicht Teil der von der Klägerin geschuldeten individuellen Arbeitszeit. Diese Zeiten seien nicht zu vergüten. Die Dienstkleidung sei weder farblich noch sonst irgendwie auffällig. Der maßgebliche MTV NRW vom 08.12.2005 enthalte anders als der von der Klägerin in Bezug genommene MTV NRW vom 02.02.2000 kein Verbot, die Dienstkleidung auf dem Weg zur und von der Arbeit nach Hause zu tragen. Sie habe daher wirksam erlauben können, sich bereits zuhause umzuziehen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.08.2016 den o.g. Klageanträgen betreffend die Vergütung für Umkleidezeiten stattgegeben und die Berufung zugelassen. Hinsichtlich weitergehender Anträge - insoweit für das Berufungsverfahren nicht mehr von Bedeutung - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten zur Arbeitszeit der Klägerin gehören würde. Daher stehe der Klägerin auch ein Anspruch auf Vergütung der auf das Umkleiden entfallenden und sich aus ihrer Aufstellung ergebenden Zeit zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 611 Abs.1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsvertrag. Umkleidezeiten gehörten zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis diene und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfülle. Da die Klägerin verpflichtet sei, während der Arbeitszeit die ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellte Dienstkleidung zu tragen und es sich wegen des gut lesbaren Firmenlogos um eine besonders auffällige Dienstkleidung handele, würden die Umkleidezeiten der Klägerin im Betrieb der Beklagten einem fremden Bedürfnis dienen und seien daher auch zu vergüten. Sofern sich die Klägerin bereits zu Hause umkleide, seien die Zeiten nicht vergütungspflichtig.
Gegen das ihr am 05.09.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 05.10.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis zum 07.12.2016 - mit einem am 07.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte ist der Auffassung, die tenorierte Feststellung sei zu weitreichend, da auch Umkleidezeiten außerhalb des Betriebs der Beklagten erfasst würden. Solche Umkleidezeiten habe die Klägerin gar nicht behauptet. Da es der Klägerin gestattet sei, ihre Dienstkleidung auf dem Weg von und zur Arbeit zu tragen und die zur Verfügung gestellte Dienstkleidung nicht besonders auffällig sei, würde es sich bei den Umkleidezeiten bereits schon nicht um Arbeitszeit handeln. Die Motivation der Klägerin, die Dienstkleidung erst im Betrieb anzulegen und bereits dort wieder nach Dienstende abzulegen, beruhe auch nicht auf einer empfundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch Tragen des Polohemdes mit Schriftzug der Beklagten. Die Motivation der Klägerin zum Wechsel der Dienstkleidung beruhe vielmehr auf einem von ihr zu Unrecht angenommenen Verbot des Tragens der Dienstkleidung auf dem Weg von und zur Arbeit.
Würde man die Umkleidezeiten hingegen als Arbeitszeit im Sinne des § 87 BetrVG werten, seien sie gleichwohl nach dem Arbeitsvertrag und den Regelungen im BLTV jedoch nicht vergütungspflichtig. Eine Vergütung der Umkleidezeiten sei weder nach dem Arbeitsvertrag oder dem BLTV noch nach den Regelungen des MTV NRW, des MRTV BRD oder der Rahmenvereinbarung vorgesehen. Auch die nach § 13 der Rahmenvereinbarung für die Bundesländer Berlin und Brandenburg vorgesehene Sonderregelung regele den vergütungspflichtigen Dienst mit der Aufnahme der Tätigkeit gemäß Dienstanweisung und konkretisiere dadurch lediglich die nach der Rahmenvereinbarung und dem BLTV zwischen den Tarifvertragsparteien bereits vereinbarte vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Da die von der Klägerin behaupteten Umkleidezeiten nicht unstreitig gewesen seien, hätte das Arbeitsgericht sie auch nicht zur Zahlung von 69,00 € brutto verurteilen dürfen. Die von der Klägerin behaupteten Zeiten seien auch nicht offenkundig, da das Anlegen eines Polohemdes nicht - wie teilweise erfasst - fünf Minuten in Anspruch nehmen könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.08.2016 - 4 Ca 161/16 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt zuletzt mit einem am 20.03.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.08.2016 - 4 Ca 161/16 - mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, das festgestellt wird, dass die Zeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt und von der Beklagten zu vergüten ist.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und ist der Auffassung, dass die anzuwendenden Tarifverträge keine Regelung der vergütungsrechtlichen Behandlung von Umkleidezeiten enthielten. Daher sei auf den Arbeitszeitbegriff des Arbeitszeitgesetzes zurückzugreifen. Sofern sich ihr Anspruch nicht aus § 611 Abs. 1 BGB herleiten lasse, ergebe er sich jedenfalls aus § 612 Abs. 1 BGB, da die Einordnung von Umkleidezeit als Arbeitszeit berechtigterweise eine Vergütungserwartung begründe.
Zwar sei das An- und Ablegen der vorgeschriebenen Dienstkleidung nicht lediglich fremdnützig und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt werden könne und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden könne. Die Dienstkleidung der Beklagten sei aufgrund des erkennbaren Schriftzuges ihres Firmennamens auf Vorder- und Rückseite des Polohemdes jedoch nach der Rechtsprechung des BAG als besonders auffällig einzustufen. Es sei Mitarbeitern der Beklagten, die nicht zum "aktiven" Sicherheitsdienst gehörten, nicht zwingend zumutbar, sich mit der zur Verfügung gestellten Dienstkleidung in der Öffentlichkeit zu bewegen, da in Gefährdungslagen die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an diese Mitarbeiter besonders hoch sei. Die grundsätzliche Vergütungspflicht der Umkleidezeit als Arbeitszeit sei auch nicht durch die Regelung in § 5 BLTV ausgeschlossen, da das dort normierte Arbeitsortprinzip zur Lohnfindung bei länderübergreifenden Arbeitseinsätzen diene.
Auf Hinweis der Kammer vom 13.03.2017 hat die Klägerin klargestellt, dass mit dem Feststellungsantrag lediglich die Umkleidezeiten im Betrieb der Beklagten gemeint seien und sich der Begriff der "Dienstkleidung" auf die zur Verfügung gestellten Sicherheitsschuhe und das Polohemd beziehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.