Kombination von Dienstwagen und Fahrtkostenabzug möglich?

Darf ein Firmenwagen privat genutzt werden, so liegt für die jeweiligen Beschäftigten eine Bereicherung vor. Bei Anwendung der sogenannten Ein-Prozent-Regelung wird deshalb pauschal für jeden Kalendermonat ein Prozent des inländischen Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen – einschließlich Umsatzsteuer – als Sachbezug (Arbeitslohn) angesetzt und lohnversteuert.
Hinsichtlich Art und Umfang der dann zulässigen Privatnutzung gibt es steuerlich keine Vorgaben. Regelmäßig findet die Ein-Prozent-Regelung auch Anwendung bei Fahrzeugen, die nur wenig beruflich genutzt werden. Auch die Nutzung eines Firmenwagens durch Familienangehörige ist steuerlich zulässig – allerdings kommt es hier arbeitsrechtlich auf die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber an.
Berufliche Fahrten mit dem Privatwagen
Nutzen Beschäftigte hingegen Privatfahrzeuge für berufliche Fahrten, sind dafür Reisekosten anzusetzen. Sie können entweder vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden oder in der Steuererklärung als Werbungkosten angesetzt werden. Für Fahrten mit dem Pkw kann ein pauschaler Kilometersatz in Höhe von 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer angesetzt werden oder es können die tatsächlichen Kosten nachgewiesen werden.
Aktueller Fall: Fahrt mit Privatwagen trotz Firmenwagen
In einem aktuellen Streitfall versucht ein Beschäftigter die Vorteile der Dienstwagenversteuerung mit dem Fahrtkostenansatz für den privaten Pkw zu kombinieren. Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber ein Dienstwagen überlassen, der auch privat genutzt werden durfte - im Streitfall ausschließlich von der Ehefrau. Zusätzlich besaß der Kläger ein weiteres (sportliches) Fahrzeug, das er privat angeschafft hatte. Die tatsächlichen Kosten für die berufliche Nutzung dieses privaten Pkws in Höhe von über 2 Euro je gefahrenen Kilometer, wollte der Betroffene - neben dem Dienstwagen - als Fahrtkosten steuerlich geltend machen.
Die Finanzverwaltung lehnt das aber mit der Begründung ab, dass der Dienstwagen für berufliche Fahrten ausreiche. Sie nimmt an, dass das vom Arbeitgeber überlassene Fahrzeug für berufliche Fahrten eingesetzt wird. Der Steuerpflichtige trage die Beweislast, um das Gegenteil nachzuweisen.
Die Grundsätze hat auch das Finanzgericht Niedersachsen in seinem Urteil bestätigt – allerdings mit anderem Ergebnis (FG Niedersachsen, Urteil v. 18.9.2024 - 9 K 183/23). Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass – neben dem Dienstwagen - ein privates Fahrzeug tatsächlich beruflich genutzt wurde. Gelingt dieser Nachweis, stehe die steuerliche Berücksichtigung (als Werbungskosten oder steuerfreier Arbeitgeberersatz) jedoch nicht im Widerspruch zur Überlassung eines Geschäftsfahrzeugs.
Im vorliegenden Fall konnte der Kläger glaubhaft machen, dass er sein privates Fahrzeug für berufliche Fahrten genutzt hat, u. a. durch Tankquittungen. Im Übrigen war nur im (während dieser Zeit von der Ehefrau genutzten) Dienstwagen die Mitnahme der Kinder möglich, sodass dieser zu Hause benötigt wurde.
Die Kosten für die Nutzung des privaten Fahrzeugs wurden zudem trotz der Höhe nachgewiesen und angemessen anerkannt. Ausgeschlossen wären nur unangemessene Anteile der Aufwendungen (Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG). Die Kosten von 2,28 Euro pro Kilometer wurden vom Gericht noch als verhältnismäßig angesehen, da sie weniger als 3 Prozent des Bruttoarbeitslohns des Klägers ausmachten.
Klage vorerst erfolgreich: Ansatz der Kosten zulässig
Damit war die Klage vorläufig erfolgreich. Das Gericht sah von einer Anpassung des Sachlohns nach oben ab, obwohl das Geschäftsfahrzeug fast ausschließlich privat genutzt wurde. Die Ein-Prozent-Regelung wurde rechtlich korrekt angewandt, auch wenn sie, worauf das Gericht hinweist, typisierend von einer durchschnittlichen privaten Nutzung von 30 bis 35 Prozent ausgeht. Trotz Bedenken hinsichtlich der Gleichbehandlung und der Typisierungsgrenzen sah das Gericht keine Grundlage für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof.
Zugelassen hat das Finanzgericht jedoch die Revision zum BFH, die inzwischen auch eingelegt und anhängig geworden ist (Az. BFH VI R 30/24). Damit bleibt der Streitfall offen.
BFH muss entscheiden
Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht abschließend geklärt sind sowohl die Frage, inwieweit eine steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten für die berufliche Nutzung eines Privatfahrzeugs trotz Überlassung eines betrieblichen Fahrzeugs zulässig ist, als auch die Frage der Quantifizierung des Sachlohns nach der Ein-Prozent-Regelung im Fall der weit überwiegenden privaten Nutzung des überlassenen betrieblichen Fahrzeugs.
In seinem Urteil wird der BFH auch zu entscheiden haben
- wie die Prüfung der Angemessenheit der – im Streitfall überdurchschnittlich hohen - Kosten pro Kilometer im konkreten Einzelfall zu erfolgen hat und
- welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass das vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug vollständig als Familienfahrzeug von der Ehefrau des Klägers genutzt wurde und nicht für die hier streitigen Dienstreisen.
Hinweis: Bezüglich der Nutzung des Firmenwagens durch die Ehefrau und die Nutzung eines Privatfahrzeugs für Dienstreisen galten im Streitfall folgende Vereinbarungen:
- "Die Berechtigten […] entscheiden in begründeten Einzelfällen in Abwägung dienstlicher und wirtschaftlicher Belange über die Fahrzeugnutzung durch Partnerin/ Ehefrau oder Partner/ Ehemann. Diese Nutzung darf die dienstliche Zweckbestimmung nicht beeinträchtigen. Die Nutzung durch sonstige im Haushalt lebende oder dritte Personen ist ausgeschlossen."
- Zur Reisekostenerstattung teilte die Arbeitgeberin auf Nachfrage des Gerichts mit, dass bei einer Nutzung des überlassenen Geschäftsfahrzeugs lediglich die entstandenen Tank- bzw. Ladekosten erstattet würden. Bei Nutzung eines privaten Fahrzeugs erhielten die Beschäftigten nur eine Kilometerpauschale von 0,30 Euro. Dabei werde die Benutzung privater Fahrzeuge "jedoch nur in Ausnahmefällen genehmigt, da vorrangig Geschäftsfahrzeuge oder vom Fuhrpark bereitgestellte Fahrzeuge genutzt werden" sollten.