Ärgerliche Fehler beim Zugang von Kündigungsschreiben

Kündigungen scheitern vor Gericht nicht nur, weil sie inhaltlich falsch sind, sondern auch, weil Formfehler zur Unwirksamkeit führen. Wie zuletzt vor dem BAG geht es oft darum, ob die Kündigung überhaupt wirksam zugegangen ist. Arbeitgeber sollten den Beweis für den Zugang des Kündigungsschreibens führen können.

Richtig ärgerlich ist es für einen Arbeitgeber, wenn die eigentlich problemlose Kündigung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin an einem Formfehler scheitert. Kürzlich hatte die Mitarbeiterin einer Augenarztpraxis damit Erfolg, dass sie behauptete, die Kündigung ihres Chefs nie erhalten zu haben. Der Arbeitgeber hatte die Kündigung per Einwurf-Einschreiben geschickt und einen Sendestatus mit dem Vermerk "zugestellt" als Beweis vorgelegt, aber keinen Auslieferungsbeleg angefordert. Das Gericht gab der Mitarbeiterin Recht damit, dass dies nicht ausreicht, um den Zugang einer Kündigung zu beweisen.

Zugang der Kündigung häufigster Streitpunkt

Wie in diesem Fall gibt es vor Gericht immer wieder Streit, ob die formalen Voraussetzungen der Kündigung erfüllt sind, bevor überhaupt erörtert werden kann, ob sie inhaltlich zu Recht erfolgt ist. Der in der Praxis wohl wichtigste Aspekt ist dabei der Streit um den Zugang der Kündigung. Dabei wird entweder der Zugang der Kündigung überhaupt oder der Zeitpunkt der Kündigung bestritten.

Risiko für Arbeitgeber

Der Grund für das hohe Risiko, das der Arbeitgeber hierbei trägt, ist die Beweislastverteilung im arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzprozess. Müssen beim Streit um die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Kündigung im Einzelfall auch Beschäftigte einen Beweis zu bestimmten Voraussetzungen erbringen, liegt beim Streit um den Zugang der Kündigung die Beweislast allein beim Arbeitgeber - mit der Folge, dass schlichtes Bestreiten durch den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ausreicht, um den Arbeitgeber zu zwingen, den Zugang zu beweisen.

Tücken beim Zugang einer Kündigung

Den Beweis zu führen, ist nicht immer einfach. Wenn die Kündigung dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin persönlich ausgehändigt wird, gelingt dies relativ problemlos durch eine Empfangsquittung oder einen Zeugen. Schwieriger sind die Fälle, bei denen die Zustellung der Kündigung gegenüber Abwesenden streitig ist. Hier gilt, dass der Arbeitgeber beweisen muss, dass er die Kündigung in den "Machtbereich" des Arbeitnehmers verbracht hat, so dass dieser "nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von ihr Kenntnis nehmen konnte". Nicht bewiesen werden muss also die tatsächliche Kenntnisnahme des Kündigungsschreibens, sondern nur die Möglichkeit. Dies kann durch postalische Zustellung wie durch ein Einwurfeinschreiben geschehen, wobei darauf zu achten ist, dass für den Nachweis des Zugangs der Auslieferungsbeleg nicht fehlen darf. Ein klassisches Einschreiben nützt nichts, wenn es nicht entgegengenommen wird. Bewiesen werden kann der Zugang aber durch einen Boten, der im Bestreitensfall vor Gericht als Zeuge benannt werden kann. 

Zugangszeitpunkt erst ab Kenntnis

Für den Zugangszeitpunkt ist nicht entscheidend, wann die Kündigung tatsächlich eingeworfen wurde, sondern wann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin von ihr "nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge" Kenntnis nehmen konnte. Wird die Kündigung beispielsweise am Sonntag eingeworfen, gilt der Brief rechtlich gesehen als erst am darauffolgenden Montag zugegangen, da Beschäftigte nicht am Sonntag, sondern erst am Montagvormittag mit Postzustellungen rechnen müssen.

Zweite Kündigung im Gerichtsaal

Was aber, wenn der Arbeitgeber den Beweis für den Zugang der Kündigung nicht führen kann? Ihm wird nichts anderes übrigbleiben, als eine erneute Kündigung auszusprechen. Im Zweifel sollte er sich noch im Gerichtssaal den Empfang der Kündigung bestätigen lassen, um die Gefahr der erneuten Zugangsbestreitung zu verhindern.