HI522379

Urlaub

LI1099934

Zusammenfassung

Name: LI1099935 Rz:

Begriff

Urlaub ist die zeitweilige Freistellung des Arbeitnehmers von der vertraglichen Arbeitsverpflichtung. Dabei unterscheidet man zwischen dem Erholungsurlaub und den sonstigen Freistellungen. Beim Erholungsurlaub handelt es sich um eine Freistellung gegen Fortzahlung des Arbeitsentgelts zum Zwecke der Erholung. Daneben existieren sonstige Freistellungen, z.B. Sonderurlaub, mit oder ohne Entgeltfortzahlung. Im Folgenden geht es allein um den Urlaubsanspruch an sich. Urlaubsvergütungsaspekte werden dagegen in den entsprechenden Stichworten Urlaubsabgeltung, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld dargestellt.

Name: LI1930542 Rz:

Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Der Erholungsurlaub des Arbeitnehmers ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Bei der Beschäftigung von Jugendlichen richtet sich der Erholungsurlaub nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und bei der Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen gilt ein zusätzlicher Erholungsurlaub nach § 208 SGB IX. Daneben regelt § 616 BGB die Freistellung gegen Entgeltfortzahlung aus persönlichen Gründen. Für die Berechnung eines konkreten Urlaubsanspruchs sind die zentralen Entscheidungen BAG, Urteil v. 27.1.1987, 8 AZR 579/84 und BAG, Urteil v. 19.4.1994, 9 AZR 478/92 zu beachten.

Lohnsteuer: Der gezahlte Arbeitslohn gehört i. S. v. § 19 EStG zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Sozialversicherung: Die Beitragspflicht in der Sozialversicherung ergibt sich aus § 14 Abs. 1 SGB IV.

HI941193

Arbeitsrecht

HI1852294

1 Urlaubsanspruch [ 1 ]

Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. [ 2 ] Dieser entsteht im laufenden Arbeitsverhältnis jeweils zu Beginn eines neuen Kalenderjahres in vollem Umfang. Für den Anspruch auf Erholungsurlaub müssen lediglich 2 grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Zum einen muss der Anspruchsteller zum Kreis der anspruchsberechtigten Personen im Sinne des Gesetzes zählen. [ 3 ]
  • Zum anderen muss der Arbeitnehmer die 6-monatige Wartezeit des § 4 BUrlG einmalig erfüllt haben.

Anspruchsberechtigter Personenkreis [ 4 ]

Arbeitnehmer [ 5 ] im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (auch Anlernlinge, Praktikanten, Volontäre, Werkstudenten); als Arbeitnehmer gelten auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen (z. B. Handelsvertreter) anzusehen sind. [ 6 ]

Wartezeit [ 7 ]

Bei einem neu begründeten Arbeitsverhältnis entsteht der volle Anspruch erstmalig, wenn die Wartezeit von 6 Monaten verstrichen ist. [ 8 ]

Anspruch bei faktischem Arbeitsverhältnis

Zwar setzt die Entstehung des Anspruchs auf Erholungsurlaub grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Ein Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers ist aber auch dann gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis nicht auf einer wirksamen vertraglichen Grundlage beruht (fehlerhaftes bzw. faktisches Arbeitsverhältnis), er aber trotzdem gearbeitet hat. Ein solches liegt etwa dann vor, wenn die vertragliche Grundlage von Anfang an, z. B. durch Rechtsverstoß [ 9 ] oder rückwirkend, durch Anfechtung des Arbeitsverhältnisses, nichtig ist. [ 10 ] Auch in einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer daher einen gesetzlichen Urlaubsanspruch, wenn und soweit er tatsächlich gearbeitet hat.

HI1852295

2 Urlaubsdauer und -berechnung [ 11 ]

Gesetzlicher Erholungsurlaub

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage. [ 12 ] Als Werktage gelten gemäß § 3 Abs. 2 BUrlG alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Danach sind bei der Berechnung der Urlaubsdauer die Samstage als Urlaubstage mitzurechnen.

Diese gesetzlichen Bestimmungen über die Dauer des Urlaubs sind unabdingbare Mindestbestimmungen, die weder durch Tarifvertrag noch durch einzelvertragliche Abmachungen verkürzt werden dürfen. [ 13 ] Der Arbeitnehmer kann im Regelfall also weder auf den Urlaubsanspruch selbst noch auf den nach beendetem Arbeitsverhältnis an seine Stelle tretenden gesetzlichen Urlaubsabgeltungsanspruch rechtswirksam verzichten. [ 14 ] Beinhaltet ein Arbeitsvertrag eine Regelung, die den gesetzlichen Mindeststandard verkürzt, so ist diese Regelung wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot [ 15 ] gemäß § 134 BGB nichtig. Im Gegensatz zu einem förmlichen Verzicht steht es dem Arbeitnehmer selbstverständlich frei, bestehende (Rest-)Urlaubsansprüche schlichtweg nicht geltend zu machen und den Verfall [ 16 ] eintreten zu lassen.

Kollektivrechtlichen oder einzelvertraglichen Verbesserungen, z. B. arbeits- oder tarifvertraglichem Mehrurlaub, sind dagegen keine Grenzen gesetzt.

Name: LI13905681 Rz:

Wichtig

Vertraglicher Mehrurlaub

Ist durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ein über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehender Urlaubsanspruch vorgesehen, so gilt folgender Grundsatz:

Vertraglicher Mehrurlaub teilt im Zweifel das Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs.

Es ist jedoch stets zu beachten, dass solcher Mehrurlaub grundsätzlich nicht unter die Schutzvorschriften des Bundesurlaubsgesetzes fällt. Für den über den Mindesturlaub hinausgehenden Teil des Urlaubs können deshalb andere, für den Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen vereinbart werden, etwa Kürzungsregelungen bei Fehlzeiten oder modifizierte Teilurlaubsregeln, z. B. eine Urlaubszwölftelung bei Ausscheiden in der zweiten Kalenderjahreshälfte.

Urlaubsansprüche für besondere Arbeitnehmergruppen [ 17 ]

Wegen ihrer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit hat der Gesetzgeber bestimmten Arbeitnehmergruppen über den im Bundesurlaubsgesetz festgelegten Mindesturlaubsanspruch hinaus zusätzliche Urlaubstage eingeräumt. In der Praxis von Bedeutung sind die Zusatzurlaubsansprüche von jugendlichen [ 18 ] und schwerbehinderten Arbeitnehmern [ 19 ] .

Arbeitszeitänderung [ 20 ]

Ändert ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit, muss der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch teilweise neu berechnen. Dabei darf aber nur der künftige Urlaub entsprechend der geringeren Arbeitszeiten gekürzt werden (bzw. entsprechend der umfangreicheren Arbeitszeit verlängert). Der bereits erworbene Urlaub bleibt in der bisherigen Höhe erhalten. [ 21 ] Auch der Resturlaub, den der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Arbeitszeitreduzierung noch hat, darf nicht entsprechend der neuen Arbeitszeiten reduziert werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) [ 22 ] urteilte: Die Übertragung des bereits vor der Arbeitszeitreduzierung erarbeiteten Resturlaubs muss ungekürzt geschehen.

Berechnung bei Teilzeitbeschäftigung [ 23 ]

Bei Teilzeitbeschäftigten, die regelmäßig an weniger Arbeitstagen pro Woche als ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer arbeiten, ist der Urlaubsanspruch entsprechend der Zahl der für sie maßgeblichen Arbeitstage pro Woche herunterzurechnen. Es empfiehlt sich folgende Formel:

Name: LI13905682 Rz:

Hinweis

Formel zur Urlaubsberechnung bei Teilzeitbeschäftigung

Gesamtdauer des Urlaubs eines Vollzeitbeschäftigten (in Arbeitstagen) dividiert durch die regelmäßigen Wochenarbeitstage eines Vollzeitbeschäftigten multipliziert mit den Wochenarbeitstagen des Teilzeitbeschäftigten (sog. Dreisatzmethode). [ 24 ]

Ist die Zahl der Arbeitstage pro Woche nicht konstant, muss ein Durchschnittswert errechnet werden, um den Urlaubsanspruch festlegen zu können. Der Durchschnittszeitraum muss repräsentativ sein, d. h. innerhalb dessen muss die Vertragsarbeitszeit erreicht werden.

Teilurlaub [ 25 ]

Damit ein Arbeitnehmer, wenn er z. B. aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet, nicht völlig leer ausgeht, beinhaltet § 5 Abs. 1 BUrlG einen Teilanspruch. Der Teilurlaub beträgt ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Ein Anspruch auf Teilurlaub besteht, wenn

  • ein Beschäftigungsverhältnis nach dem 30.6. beginnt. In diesem Fall erfüllt der betreffende Mitarbeiter im aktuelleren Kalenderjahr die Wartezeit nicht mehr und kann damit keinen vollen Urlaubsanspruch erwerben.
  • ein Arbeitnehmer vor erfüllter Wartezeit aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet.
  • ein Beschäftigter zwar nach erfüllter Wartezeit, aber in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres (bis einschließlich 30.6.) aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. [ 26 ] Gesetzlich nicht geregelt ist, wie Bruchteile von Urlaubstagen zu behandeln sind, die weniger als einen halben Tag ergeben. Nach der ständigen Rechtsprechung sind solche Bruchteile von Urlaubstagen nicht abzurunden, vielmehr steht es dem Arbeitgeber frei, die Bruchteile durch stundenweise Befreiung von der Arbeitspflicht auszugleichen oder nach Beendigung der Beschäftigung entsprechend abzugelten. [ 27 ]

Urlaubskürzung [ 28 ]

Der gesetzliche Mindesturlaub darf wegen Fehlzeiten während des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht gekürzt werden. Der Anspruch auf Erholungsurlaub setzt lediglich das Bestehen des Arbeitsverhältnisses voraus (s. o.). Bei Mutterschutz und Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit darf also kein anteiliger Abzug von Urlaubstagen erfolgen.

Gesetzlich gestattet ist dagegen eine anteilige Kürzung für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit [ 29 ] , Pflegezeit [ 30 ] oder des Wehrdienstes.

Name: LI1882786 Rz:

Praxis-Tipp

Kürzungsregelungen für vertraglichen Mehrurlaub möglich

Bezogen auf einen vertraglich vorgesehenen Mehrurlaub kann im Arbeits- oder Tarifvertrag bis zur Grenze des gesetzlichen Mindesturlaubs jedenfalls für krankheitsbedingte Fehlzeiten eine Regelung über eine anteilige Kürzung vorgesehen sein.

Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist das bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen. Die Arbeitsvertragsparteien haben ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt. Einem Arbeitnehmer steht deshalb für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Befindet er sich einen Teil des Jahres im unbezahlten Urlaub, müssen die Fehltage bei der Urlaubsberechnung vom Arbeitgeber entsprechend berücksichtigt werden. [ 31 ]

Nach Ansicht der Richter des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf darf ein Arbeitgeber den Urlaub eines Arbeitnehmers für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null um jeweils ein Zwölftel kürzen. Kurzarbeit könne mit Teilzeit gleichgesetzt werden. Die fehlende Arbeitspflicht führe so zur entsprechenden Reduzierung des Urlaubsanspruchs. Kurzarbeit Null sei nicht mit der Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen und auch die besonderen Umstände einer Pandemie änderten hieran nichts. [ 32 ] Die Entscheidung des BAG entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), nach der während "Kurzarbeit Null" der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht. [ 33 ]

[ 1 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Anspruch und Voraussetzungen.

[ 2 ]
[ 3 ]
[ 4 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Anspruch und Voraussetzungen, Anspruchsberechtigter Personenkreis.

[ 5 ]
[ 6 ]
[ 7 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Anspruch und Voraussetzungen, Wartezeit.

[ 8 ]
[ 9 ]
[ 10 ]
[ 11 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Dauer und Berechnung.

[ 12 ]
[ 13 ]
[ 14 ]
[ 15 ]
[ 16 ]
[ 17 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Dauer und Berechnung, Gesetzlicher Mehrurlaub für bestimmte Personengruppen.

[ 18 ]
[ 19 ]
[ 20 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Dauer und Berechnung, Wechsel des Arbeitsvolumens im Urlaubsjahr.

[ 21 ]
[ 22 ]
[ 23 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Sonderfälle, Teilzeittätigkeit.

[ 24 ]

BAG, Urteil v. 14.2.1991, 8 AZR 97/90; BAG, Urteil v. 19.3.2019, 8 AZR 97/909.

[ 25 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Teilurlaub.

[ 26 ]
[ 27 ]
[ 28 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Dauer und Berechnung, Urlaubskürzung.

[ 29 ]
[ 30 ]
[ 31 ]
[ 32 ]
[ 33 ]

EuGH, Urteile v. 8.11.2012, C-229/11 und C-230/11 (Heimann und Toltschin ./. Kaiser).

[ 34 ]

Weitere Details zur Erteilung von Urlaub s. Beitrag Urlaub: Erteilung.

[ 35 ]
[ 36 ]

Mehr hierzu s. Betriebsferien.

[ 37 ]

Weitere Details zur Übertragung und zum Verfall von Urlaub s. Beitrag Urlaub: Übertragung und Verfall.

[ 38 ]
[ 39 ]
[ 40 ]
[ 41 ]
[ 42 ]
[ 43 ]
[ 44 ]

Weitere Details zu den Besonderheiten bei Krankheit s. Beitrag Urlaub: Besonderheiten bei Krankheit.

[ 45 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Besonderheiten bei Krankheit, Erkrankung während des Urlaubs.

[ 46 ]
[ 47 ]

Für die Zeit vor dem 17.9.2022 ist durch BAG, Urteil v. 28.5.2024, 9 AZR 76/22 mittlerweile für die Praxis entschieden, dass eine Anrechnung der in Quarantäne verbrachten Tage nicht erfolgt.

[ 48 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Sonderfälle, Quarantäne.

[ 49 ]

Mehr hierzu s. Urlaub: Besonderheiten bei Krankheit, Übertragung und Verfall bei Erkrankung im Urlaubsjahr.

[ 50 ]
[ 51 ]
[ 52 ]
[ 53 ]
[ 54 ]
[ 55 ]