Niedersächsisches FG Urteil vom 09.10.2020 - 14 K 21/19
vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 29/20)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Minderung des pauschal ermittelten geldwerten Vorteils für eine PKW-Überlassung um die Kosten einer privaten Garage des Arbeitnehmers - Abgrenzung zwischen hauptberuflicher und nebenberuflicher Tätigkeit bei Syndikusrechtsanwalt und Ärztin
Leitsatz (redaktionell)
- Die Minderung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs kommt nur für solche Aufwendungen des Arbeitnehmers in Betracht, die für ihn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen notwendig sind, um das Fahrzeug nutzen zu dürfen, also wenn sie zur Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Klausel oder zwangsläufig zur Inbetriebnahme des Fahrzeugs erforderlich sind.
- Die anteilig auf eine private Garage eines Arbeitnehmers entfallenden Gebäudekosten mindern den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung eines betrieblichen Fahrzeugs nicht, wenn sich die Unterbringung des Fahrzeugs in der eigenen Garage als freiwillige Leistung des Arbeitnehmers darstellt.
Normenkette
AO 1977 § 162; EStG 2009 § 18 Abs. 1 Nrn. 1, 1 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 1-2, § 3 Nr. 26
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei den geltend gemachten Einkünften der Kläger aus selbständiger Arbeit jeweils eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 30 % der Betriebseinnahmen berücksichtigt werden kann.
Darüber hinaus ist streitig, ob bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit die anteilig auf die private Garage der Kläger entfallenden Gebäudekosten den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung von betrieblichen Kraftfahrzeugen mindern.
Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als angestellter Syndikusrechtsanwalt und Syndikussteuerberater der X-AG Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz (EStG). Daneben ist der Kläger als niedergelassener Rechtsanwalt und Steuerberater in Einzelkanzlei zugelassen. Er verfasst steuerliche Fachbeiträge in Form von Aufsätzen und Kommentierungen und erzielt Einnahmen aus diesen Veröffentlichungen. Die Klägerin erzielt als angestellte Funktionsoberärztin an der Universitätsklinik Y Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin erzielt zudem Einnahmen aus der Erstellung ärztlicher Gutachten und erhält aus einem Lehrauftrag an der Y Vergütungen für … Prüfungen. Die Gutachten werden vom kommissarischen Chefarzt in Auftrag gegeben.
Die X-AG stellte dem Kläger im Streitjahr zwei betriebliche Kraftfahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung, und zwar ein Geschäftsfahrzeug für den Kläger persönlich sowie ein Zweitfahrzeug …, welches von der Klägerin genutzt wurde. Die X-AG übernahm alle laufenden Kosten einschließlich der Kraftstoffkosten. Der geldwerte Vorteil für die Nutzung der Kraftfahrzeuge wurde nach der pauschalen Nutzungswertmethode versteuert, der sogenannten 1%-Regelung für allgemeine private Nutzung und der sogenannten 0,03 %-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Hinsichtlich des Zweitfahrzeugs wurde der geldwerte Vorteil um eine Nutzungspauschale für eine Tankkarte in Höhe von … € monatlich gekürzt.
Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2017 erklärten die Kläger jeweils Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG und beantragten bei der jeweiligen Gewinnermittlung die Berücksichtigung einer Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 30 % unter Verweis auf H 18.2 “Betriebsausgabenpauschale“ der Einkommensteuer-Hinweise 2017 (EStH).
Der Kläger erklärte in der Anlage S zur Einkommensteuererklärung 2017 einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit mit der Bezeichnung “wissenschaftliche/schriftstellerische Tätigkeit“ in Höhe von 2.780,70 €. Aus der als Anlage beigefügten Gewinnermittlung ergaben sich Einnahmen aus der Veröffentlichung von Aufsätzen und Kommentierungen in Höhe von insgesamt 3.972,43 € (davon 3.247,61 € aus Ausschüttungen der VG Wort) sowie Ausgaben durch den geltend gemachten pauschalen Betriebsausgabenabzug von 30 % der Einnahmen in Höhe von 1.191,73 €.
Die Klägerin erklärte in der Anlage S zur Einkommensteuererklärung 2017 einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit mit der Bezeichnung “Lehrauftrag an der Y: Unterricht/…; Gutachten“ in Höhe von 275,58 €. Aus der als Anlage beigefügten Gewinnermittlung ergaben sich Einnahmen aus zwei Gutachten in Höhe von zusammen 393,69 € und aus einer … Prüfungsvergütung in Höhe von 10,84 €, die als steuerfrei nach § 3 Nr. 26 EStG ausgewiesen wurde. Durch den geltend gemachten pauschalen Betriebsausgabenabzug von 30 % der Einnahmen ergab sich eine Ausgabenpauschale in Höhe von 118,11 €.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2017 machten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit überdies selbst getragene Kraftfahrzeugkosten in Form der Absetzung für Abnutzung (AfA) der auf dem Privatgrundstück der Kläger befindlichen Garage in Höhe von 645,16 € als Minderung des geldwerten Vorteils geltend. Zur Ermittlung dieser Garagen-AfA schätzten sie die Garagenkosten mit 5 % der Gebäudekosten für das Wohngebäude nebst nachträglichen Anschaffungskosten und setzten die AfA mit 2 % pro Jahr an. Die Höhe der Garagen-AfA ermittelten die Kläger im Einzelnen wie folgt:
Anteiliger Grundstückskaufpreis für Gebäude in 2014: 562.786,00 €
Anschaffungsnahe Herstellungskosten/zusätzliche Anschaffungskosten (Handwerker): 80.661,61 €
(bis 2015, insbes. Einbauküche, Bad, Heizung, Elektro)
Summe Anschaffungskosten/anschaffungsnahe Herstellungskosten (AHK) Gebäude
bis 2015 643.452,61 €
AHK 2016 (Rauchmelder, Malerarbeiten): 1.705,00 €
Summe AHK Gebäude bis 2016 645.157,61 €
x 5 % = Garage 32.257,88 €
davon AfA 2 % p.a. 645,16 €
Mit Einkommensteuerbescheid für 2017 vom 17. Mai 2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2017 auf … € fest. Die beantragten Einkünfte der Kläger aus selbständiger Arbeit aus freiberuflicher Tätigkeit setzte der Beklagte nach Anrechnung einer Betriebsausgabenpauschale von 25 %, nicht von 30 %, der Betriebseinnahmen aus dieser Tätigkeit, begrenzt auf 614 € jährlich, mit 3.358 € für den Kläger und mit 295 € für die Klägerin an, weil es sich nach Auffassung des Beklagten jeweils um eine Nebentätigkeit handele. Der Beklagte berücksichtigte insofern eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 614 € für den Kläger sowie in Höhe von 98 € für die Klägerin.
Die geltend gemachten Kraftfahrzeugkosten in Form der Garagen-AfA berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nicht, da hierzu keine Unterlagen eingereicht worden seien. Der Beklagte verwies insofern auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 4. April 2018 zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer (IV C 5-S 2334/18/10001, BStBl I 2018, 592).
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein wegen noch zu veranlagender Altersvorsorgeaufwendungen, wegen der Betriebsausgabenpauschalen und wegen der Garagen-AfA.
Der Beklagte erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2017 vom 6. Juli 2018, mit dem er die von den Klägern geltend gemachten Altersvorsorgeaufwendungen anerkannte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2018 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger wegen der Betriebsausgabenpauschalen und wegen der Garagen-AfA als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Hinsichtlich der geltend gemachten Betriebsausgabenpauschale von 30 % der Betriebseinnahmen aus selbständiger Tätigkeit tragen die Kläger vor, dass bei ihnen jeweils eine hauptberufliche und keine nebenberufliche Tätigkeit im Sinne von H 18.2 EStH vorliege. Die Frage der Haupt- oder Nebenberuflichkeit sei nicht mit der Frage der Einkunftsart zu verwechseln. Die Regelung des H 18.2 EStH stelle insofern nicht auf die Einkunftsart ab. Die Regelung der Nebenberuflichkeit des § 3 Nr. 26 EStG sei nicht auf die Regelung von H 18.2 EStH übertragbar.
Die hier vorliegenden freien Berufe des Syndikusrechtsanwalts und Syndikussteuerberaters sowie der Ärztin seien einheitliche und ungeteilte Hauptberufe, in deren Rahmen unterschiedliche Einkunftsarten erzielt worden seien. Es gebe nur den einheitlichen anwaltlichen bzw. ärztlichen Beruf, auch wenn er Einkünfte in diversen Einkunftsarten erzeugen könne. Dieser jeweils einheitliche freie Beruf werde im Status eines Syndikus typischerweise einerseits im Anstellungsverhältnis und andererseits selbständig ausgeübt.
Bei dem Kläger handele es sich um den einheitlichen Beruf des Syndikusrechtsanwalts und Syndikussteuerberaters, der durch wissenschaftliche Veröffentlichungen den Interessen seines Arbeitgebers X-AG nachkomme, nämlich der Förderung eines wissenschaftlichen Verständnisses des Steuerrechts. Die steuerfachlichen Veröffentlichungen des Klägers, die steuerpolitische Positionen des Arbeitgebers in der Fachöffentlichkeit verbreiteten, seien im Einvernehmen mit seinem Arbeitgeber auf Basis entsprechender Genehmigung erfolgt. Diese Veröffentlichungen setzten die steuerfachliche Expertise des Klägers aus der spezifischen Berufspraxis als Syndikussteuerberater und Syndikusrechtsanwalt in einem …unternehmen voraus. Diese schriftstellerische Tätigkeit sei für den Kläger völlig unwirtschaftlich und nur im Kontext der nichtselbständigen Tätigkeit für die X-AG sinnvoll.
Bei der Klägerin seien die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich von Forschung und Lehre Bestandteil ihres einheitlichen Hauptberufs als wissenschaftliche Funktionsoberärztin an einer medizinischen Universität. Sie sei zur Übernahme entsprechender Aufträge als Beschäftigte der Y verpflichtet. Überdies sei ein räumlicher und sachlicher Zusammenhang gegeben, da es sich um Gutachten handele, die Patienten der Y betreffen. Die Tatsache, dass die Klägerin habilitiert sei, unterstreiche diese Einheitlichkeit des Berufs, der in Kombination von freiberuflicher angestellter sowie freiberuflicher selbständiger Tätigkeit ausgeübt werde.
Zu den geltend gemachten Einkünften der Klägerin aus freiberuflicher Tätigkeit haben die Kläger eine Unterlage mit Teilen von kopierten Kontoauszügen vorgelegt, die eine Gutschrift für die Klägerin in Höhe von 232,06 € vom … mit dem Verwendungszweck … und eine Gutschrift für die Klägerin in Höhe von 161,63 € vom … mit dem Verwendungszweck … sowie eine Gutschrift für die Klägerin in Höhe von 10,84 € mit dem Verwendungszweck … aufweisen. Diese Aufstellungen zeigten, dass die Einkünfte und Bezüge der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit aus der Erstellung zweier wissenschaftlicher Patientengutachten sowie einer Prüfungstätigkeit … resultierten.
Hinsichtlich der geltend gemachten Minderung des geldwerten Vorteils aus der Kraftfahrzeugüberlassung des Arbeitgebers des Klägers durch die AfA der Garage auf ihrem Wohngebäudegrundstück tragen die Kläger vor, dass weder im Arbeitsvertrag mit der X-AG noch in den diversen organisatorischen Anweisungen der X-AG zu Geschäftsfahrzeugen der vorliegenden Gruppierungen fixiert sei, dass die Kosten eines Pkw-Stellplatzes von der X-AG zu tragen seien. Somit sei bezüglich dieser Aufwendungen wegen des abschließenden Charakters der entsprechenden Regelungen fixiert, dass diese Aufwendungen vom Arbeitnehmer selbst zu tragen seien. Die vorteilsmindernde Berücksichtigung sei zwingend geboten.
Die Kläger haben ein Merkblatt der X-AG … zur “Besteuerung der privaten Geschäftsfahrzeugnutzung …“ vorgelegt. Unter Ziffer x des Merkblatts heißt es unter anderem, dass selbst getragene Kosten für die private Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Geschäftsfahrzeuges vom geldwerten Vorteil abgezogen werden könnten. Da die X-AG diese Kosten nicht im Rahmen der Entgeltabrechnung berücksichtigt habe, könnten die Kosten im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung mindernd geltend gemacht werden.
Die Kläger haben des Weiteren eine “vorläufige“ Organisations-Anweisung … der X-AG mit dem Betreff “Geschäftsfahrzeuge“ … (OA …) nebst dem Anhang … vorgelegt. Unter Ziffer xx der OA … heißt es unter anderem, dass die Geschäftsfahrzeuge der X-AG zweckentsprechend, sorgfältig und unter Beachtung der Betriebsanleitung zu behandeln seien. Weiter heißt es darin, dass die Person oder Stelle, der das Fahrzeug zugeordnet worden sei, im Sinne dieser Regelung Halter sei und daher alle gesetzlichen Vorschriften in Verbindung mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs zu beachten sowie die notwendigen Aufträge zur Erhaltung der Verkehrs- und Betriebssicherheit rechtzeitig zu erteilen habe.
Die konkrete Pflicht zur Nutzung der Garage ergebe sich aus Ziffer xx der OA …, wonach die Fahrzeuge sorgfältig zu behandeln seien und der Arbeitnehmer der Halter sei. Es sei allgemein bekannt, dass ein Garagenwagen einer sorgfältigeren Behandlung unterliege als ein Fahrzeug, welches außerhalb einer Garage abgestellt werde. Dementsprechend gehöre zur sorgfältigen Behandlung auch nach Möglichkeit der Gebrauch einer Garage. Da die X-AG die Dienstwagen nach der Nutzung in der Regel … vermarkte, sei es nicht nur im Sinne der Ziffer xx der OA …, sondern auch im ökonomischen Interesse der X-AG, dass es sich möglichst um Garagenwagen handele. Die Kosten der Garage habe allerdings eindeutig der Arbeitnehmer zu tragen, da eine entsprechende Übernahme durch den Arbeitgeber nicht in der OA … vorgesehen sei und diese eine abschließende Regelung der arbeitgeberseitig übernommenen Kosten enthalte. Nach der abschließenden Aufzählung der Ziffern xy, xz der OA … i.V.m. Anhang … übernehme der Arbeitgeber über eine Tankkarte grundsätzlich die Kraftstoffkosten, Schmiermittel, Kühlerfrostschutz, Fahrzeugwäsche und Innenreinigung. Aufgrund dieser abschließenden Aufzählung ergebe sich auf arbeitsvertraglicher bzw. arbeitsrechtlicher Grundlage, dass der Steuerpflichtige die Kosten eines Stellplatzes oder einer Garage selbst zu tragen habe.
Neben dieser Rechtspflicht zur sorgfältigen Behandlung nach Ziffer xx der OA … bestehe auch ein faktisches Erfordernis zur Nutzung einer Garage wegen drohender Marderschäden, um die Betriebsfähigkeit des Fahrzeugs aufrechtzuerhalten. … In der Zeit vor Nutzung der Garage seien immer wieder Marderschäden am Fahrzeug aufgetreten. In einem Fall sei infolge eines Marderbisses die elektronische Motorsteuerung eines überlassenen Dienstwagens defekt gewesen.
Überdies sind sie unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 14. März 2019 (10 K 2990/17 E, EFG 2019, 1083) der Ansicht, dass es in diesem Zusammenhang für die Minderung des geldwerten Vorteils nicht auf ein zusätzliches Erfordernis einer rechtlichen oder faktischen Verpflichtung zur Garagennutzung ankommen könne. Nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2016 - VI R 49/14 (BStBl II 2017, 1011) und VI R 2/15 (BStBl II 2017, 1014) - komme es vielmehr nur darauf an, dass hinreichend klar festgelegt worden sei, dass nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer die entsprechenden Kraftfahrzeugkosten zu tragen habe. Das FG Münster sei mit seinem Urteil vom 14. März 2019 von dieser einschlägigen Rechtsprechung des BFH abgewichen, indem es die diffuse Voraussetzung einer Notwendigkeit der Tragung durch den Arbeitnehmer für die Überlassung oder die Inbetriebnahme oder die Aufrechterhaltung des Betriebs des Kraftfahrzeugs aufgestellt habe. Für eine derartige (wortlaut-)überschießende und dem dokumentierten Willen des Gesetzgebers widersprechende Interpretation des § 8 Abs. 2 EStG, wie sie das FG Münster im Urteil vom 14. März 2019 vorgenommen habe, fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Auch im BMF-Schreiben vom 4. April 2018 (BStBl I 2018, 592) sei unter den Randnummern 29 und 50 Buchstabe d nicht vorgegeben, dass besondere Pflichten Voraussetzung der Minderung seien. Nach Randnummer 29 dieses BMF-Schreibens sei unter anderem eine Garagen-/Stellplatzmiete berücksichtigungsfähig, und dies müsse daher auch für die AfA einer privaten Garage gelten. Es bedürfe insofern keiner arbeitsvertraglichen Regelung, dass die Fahrzeuge zwingend in einer Garage unterzustellen seien. Ein solches Erfordernis sei auch dem BFH-Urteil vom 30. November 2016 (VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014) nicht zu entnehmen. Es gehe nicht um die arbeitsrechtliche, sondern um die steuerrechtliche Veranlassung. Ohne die Dienstwagenüberlassung wäre die Garage nicht für den Dienstwagen genutzt worden.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 17. Mai 2018 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 6. Juli 2018 sowie unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 13. Dezember 2018 die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers um 577,30 € und der Klägerin um 19,42 € sowie die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 645,16 € zu mindern und die Einkommensteuer 2017 dementsprechend herabzusetzen sowie,
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seinen in der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2018 vertretenen Rechtsauffassungen fest und nimmt zur Begründung auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid Bezug.
Die Betriebsausgabenpauschale sei zu Recht mit 25 % der Betriebseinnahmen aus selbständiger Tätigkeit angesetzt worden. Die Begriffe der Haupt- und Nebenberuflichkeit seien in H 18.2 “Betriebsausgabenpauschale“ EStH nicht eigenständig definiert. Aus diesem Grund könne auf die Definition der Nebenberuflichkeit des § 3 Nr. 26 EStG zurückgegriffen werden, welche in der Rechtsprechung auch hinreichend geklärt sei. Eine Tätigkeit sei in diesem Sinne nebenberuflich, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nehme. Mehrere gleichartige Tätigkeiten seien zusammenzufassen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufes darstellen. Die Beurteilung als “nebenberufliche“ Tätigkeit scheitere vorliegend nicht bereits an dem zeitlichen Umfang von einem Drittel der Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigung. Diese Maßgabe werde durch die schriftstellerische Tätigkeit des Klägers und im Fall der Klägerin durch ihre Gutachtertätigkeit nicht überschritten. Eine weitere, neben dem Hauptberuf für denselben Arbeitgeber ausgeübte Tätigkeit begründe nach der Rechtsprechung des BFH die Nebenberuflichkeit, wenn es sich nicht um eine aus dem Dienstverhältnis faktisch oder rechtlich resultierende Nebenpflicht handele. Bei bestehender Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und dessen Kontrolle könne die weitere Betätigung als nichtselbständige Haupttätigkeit angesehen werden (BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569). Ein entsprechender Arbeitsvertrag liege jedoch nicht vor.
Die Zusammenfassung zu einer einzelnen hauptberuflichen Tätigkeit könne für den Kläger nicht vorgenommen werden, da beide Tätigkeiten nicht gleichartig seien. Es bestünden keine erheblichen Berührungspunkte zwischen der Veröffentlichung steuerlicher Fachbeiträge und der hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers als Syndikusrechtsanwalt bzw. Syndikussteuerberater für die X-AG. Insbesondere seien die Veröffentlichungen nicht im Namen des Arbeitgebers vorgenommen oder von diesem honoriert worden. Die Argumentation des Klägers, die Fachbeiträge zum Vorteil der X-AG zu verfassen und zu publizieren, überzeuge nicht. Vielmehr bestünden trotz gleichen Themengebietes große Unterschiede zwischen der rechtsanwendenden Tätigkeit des Steuerberaters bzw. Rechtsanwalts und dem schriftstellerischen Verfassen von Fachbeiträgen.
Auch die Ausübung des Berufs einer Funktionsoberärztin durch die Klägerin stehe nicht im zwingenden Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Gutachterin. Es bestünde weder Weisungsgebundenheit, noch handele es sich um eine faktische Nebenpflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber Y.
Die begehrte Minderung des geldwerten Vorteils durch ein Nutzungsentgelt komme nicht in Betracht. Entsprechend dem BMF-Schreiben vom 4. April 2018 (a.a.O.) sei es grundsätzlich möglich, individuelle Kosten als Nutzungsentgelt wertmindernd zu berücksichtigen. Als Nutzungsentgelt seien Zahlungen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber oder auf dessen Weisung an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs definiert. Die AfA für die auf dem Privatgrundstück der Kläger befindliche Garage stelle keine solche Zahlung zur Erfüllung einer Verpflichtung dar. Nutzungsentgelt im Sinne der R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sei bei der pauschalen und der individuellen Nutzungswertmethode ein auf arbeits- oder dienstrechtlicher Grundlage vereinbarter nutzungsabhängiger pauschaler Betrag, ein an den gefahrenen Kilometern ausgerichteter Betrag oder auch übernommene Leasingraten. Für die pauschale Nutzungswertmethode gelte darüber hinaus noch die durch arbeits- oder dienstrechtliche Grundlage vereinbarte vollständige oder teilweise Übernahme einzelner Kraftfahrzeugkosten durch den Arbeitnehmer als Nutzungsentgelt. Die AfA der ohne Verpflichtung des Arbeitgebers zur Verfügung gestellten Garage stelle keine Kosten für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs dar. Die Aufwendungen für die Garage seien nicht durch den Arbeitgeber, sondern privat veranlasst worden. Den vorgelegten Unterlagen könne nicht entnommen werden, dass das Kraftfahrzeug verpflichtend in einer Garage untergestellt werden müsse.