Mutterschaftsgeld
Zusammenfassung
Name: LI1923938 Rz:Begriff
Schwangere und Mütter erhalten für den Zeitraum der Schutzfristen nach § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG, unmittelbar vor und nach der Geburt eines Kindes Mutterschaftsgeld gemäß § 19 MuSchG, um den betroffenen Frauen eine wirtschaftliche Absicherung zu garantieren und ihnen so den Anreiz zu nehmen, während dieser Schutzfristen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Mutterschaftsgeld wird an weibliche Mitglieder durch die gesetzliche Krankenkasse gezahlt, wenn ein Anspruch auf Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit besteht oder wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Arbeitgeber zahlen als Zuschuss zum Mutterschaftsgeld den Unterschiedsbetrag zum Nettoarbeitsentgelt. Dieser Zuschuss wird im Rahmen der Umlagekasse U2 zu 100 % von der Krankenkasse erstattet.
Seit 1.6.2025 haben Frauen auch nach einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche Anspruch auf Mutterschutz und Mutterschaftsgeld.
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
Arbeitsrecht: Der Anspruch folgt aus § 19 MuSchG i. V. m. §§ 24c, 24i SGB V, welches auch insgesamt für das Mutterschaftsgeld von Bedeutung ist. § 20 MuSchG regelt die komplexe Aufteilung der Leistungspflichten zwischen Arbeitgeber, Krankenversicherung und Bundesamt für Soziale Sicherung. Die Verfassungsmäßigkeit der Obergrenze des § 19 Abs. 2 MuSchG für nicht gesetzlich krankenversicherte Frauen bestimmte BVerfG, Beschluss v. 23.4.1974, 1 BvL 19/73 und v. 16.11.1984, 1 BvR 142/84.
Lohnsteuer: Mutterschaftsgeld sowie der Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sind steuerfrei nach § 3 Nr. 1 Buchst. d EStG. Beide Zahlungen unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und c EStG. Ein vom Arbeitgeber freiwillig gezahlter Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn gemäß § 2 LStDV i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG.
Sozialversicherung: Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse ergibt sich aus § 24i SGB V i. V. m. § 19 MuSchG. Bezüglich eines eventuellen Anspruchs auf Mutterschaftsgeld des Bundesversicherungsamts ist § 19 Abs. 2 MuSchG relevant. Der GKV-Spitzenverband hat im Gemeinsamen Rundschreiben der Sozialversicherungsträger (GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024) Aussagen zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft getroffen. Die Mitgliedschaft während des Leistungsbezugs ergibt sich aus § 7 Abs. 3 SGB IV. In der Kranken- und Pflegeversicherung setzt sich die Mitgliedschaft fort (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, § 49 Abs. 2 Satz 1 SGB XI). In der Rentenversicherung werden Zeiten der Schutzfristen als Anrechnungszeit berücksichtigt (§ 58 SGB VI). Zur Arbeitslosenversicherung gründet sich die Versicherungspflicht auf § 26 Abs. 2 SGB III, § 9 DEÜV regelt die Unterbrechungsmeldung.
Kurzübersicht
Name: LI1923941 Rz:1 Anspruch auf Mutterschaftsgeld
Die schwangere Frau bzw. Mutter, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, erhält eine Entgeltersatzleistung [ 1 ] in Höhe ihres Nettoeinkommens, die sich aus zwei Komponenten zusammensetzt: Dem Mutterschaftsgeld [ 2 ] sowie dem Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld. [ 3 ]
Die Frau muss in einem Arbeitsverhältnis stehen [ 4 ] oder in Heimarbeit beschäftigt sein. Eine Wartefrist im Hinblick auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses gibt es nicht. [ 5 ] Es muss auch zu Beginn der Schutzfrist kein Entgeltanspruch bestehen. [ 6 ] Kein Anspruch besteht, wenn und solange das Arbeitsverhältnis bei Beginn und während der Schutzfristen gemäß § 3 MuSchG wegen Elternzeit geruht hat. [ 7 ]
Frauen ohne Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten Mutterschaftsgeld nach Maßgabe von § 19 Abs. 2 MuSchG [ 8 ] zulasten des Bundes.
In Bezug auf den Zeitraum gilt: Mutterschaftsgeld wird für 6 Wochen vor dem mutmaßlichen Entbindungstag und den ersten 8 Wochen danach (12 Wochen bei Mehrlings- und Frühgeburten sowie der Geburt eines behinderten Kindes) gezahlt.
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld als Entgeltersatzleistung steht Frauen während der Zeit der Schutzfristen nach § 3 MuSchG zu. Es handelt sich um einen Anspruch gegenüber dem jeweiligen Krankenversicherungsträger. [ 9 ] Voraussetzung ist, dass es sich um eine Mitgliedschaft handelt, nach der die Frau Anspruch auf Krankengeld hat. Fehlt es an einem solchen Anspruch trotz Krankenkassenversicherung, entsteht der Anspruch auf Mutterschaftsgeld dennoch, wenn der Beschäftigten wegen der Schutzfristen nach § 3 MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. [ 10 ] Der Anspruch ruht, wenn und solange die Frau Arbeitsentgelt oder Urlaubsabgeltung erhält, soweit es sich dabei nicht lediglich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handelt. [ 11 ] Auf einen möglichen Anspruch auf Elterngeld werden das Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuss angerechnet. [ 12 ]
2 Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
Arbeitnehmerinnen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben [ 13 ] , und deren Einkommen das Mutterschaftsgeld übersteigt (das dürfte nahezu immer der Fall sein), haben gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. [ 14 ] Es soll vermieden werden, dass die Frau wegen ansonsten drohender finanzieller Einbußen weiterarbeitet. Der Anspruch auf den Zuschuss ist ein gesetzlich begründeter Anspruch arbeitsrechtlicher Natur auf teilweise Fortzahlung des Arbeitsentgelts. [ 15 ] Für Streitigkeiten ist die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig. Damit besteht der Anspruch nur, solange auch ein Arbeitsverhältnis besteht. Gleichgestellt sind die in Heimarbeit Beschäftigten. [ 16 ] Der Arbeitgeber hat einen Anspruch auf einen Nachweis, dass der Mutterschaftsgeldanspruch besteht. Dies wird regelmäßig eine diesbezügliche Bescheinigung der Krankenkasse sein.
Als Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis wird der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld von (tarifvertraglichen) Ausschlussfristen erfasst. [ 17 ]
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht nicht, wenn die Beschäftigungsverbote des MuSchG nicht kausal für den entstandenen Verdienstausfall sind; für eine fehlende Kausalbeziehung muss der Arbeitgeber zumindest Indiztatsachen vortragen. [ 18 ]
Unerheblich für den Anspruch auf den Zuschuss ist, ob das Mutterschaftsgeld tatsächlich gezahlt wird [ 19 ] , insbesondere auch, ob die Zahlung bei anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen wegen Erreichens des Höchstbetrages von 210 EUR eingestellt wurde. Der Arbeitgeber braucht auch nicht zu prüfen, in welcher Höhe Mutterschaftsgeld gezahlt wird; das Gesetz geht stets von einer Höhe von 13 EUR täglich aus.
Der Anspruch besteht nicht, wenn die Arbeitnehmerin gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG auf eigenen Wunsch weiterarbeitet und gleiches Entgelt erhält wie vor Eintritt des Mutterschutzes. Bei niedrigerem Entgelt erhält die Arbeitnehmerin den Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem gezahlten Entgelt (oder mindestens 13 EUR) und das um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelts. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld beläuft sich auf die Differenz zwischen 13 EUR und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt.
Arbeitnehmerinnen können ihre bereits angemeldete Elternzeit zur Inanspruchnahme der Mutterschutzfristen vorzeitig und ohne Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 16 Abs. 3 BEEG beenden.
Regelung zum Übergangsbereich
Bei der Berechnung
- des Mutterschaftsgeldes nach § 24i Abs. 2 Sätze 1 – 6 SGB V und
- des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 20 MuSchG
ist im Rahmen der Regelung zum Übergangsbereich vom tatsächlich erzielten Nettoarbeitsentgelt auszugehen.
Mutterschaftsgeld für das zweite Kind während der Elternzeit
Während der Elternzeit sind Ansprüche auf Leistungen nach den §§ 18 und 20 MuSchG ausgeschlossen [ 20 ] , die sich aus dem wegen der Elternzeit ruhenden Arbeitsverhältnis ergeben würden – so besteht kein Anspruch auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für ein weiteres Kind während der Elternzeit. [ 21 ] Der Anspruch entfällt nicht für den gesamten Zeitraum der Schutzfristen, wenn das Arbeitsverhältnis zu Beginn der Schutzfristen wegen Elternzeit geruht hat. [ 22 ]
Endet das Arbeitsverhältnis während der laufenden Mutterschutzfristen oder wird in dieser Phase ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet [ 23 ] , übernimmt die Krankenkasse bzw. das Bundesversicherungsamt die Zahlung des Zuschusses. [ 24 ]
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Unbeachtlich ist, ob das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt worden ist. |
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Eine solche Wartefrist wäre auch EU-widrig, vgl. dazu EuGH, Urteil v. 21.5.2015, C-65/14. |
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§ 19 Abs. 2 MuSchG ist eigenständige Anspruchsgrundlage. |
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Vgl. § 24i Abs. 1 SGB V. |
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Dazu unten Abschnitt Sozialversicherung. |
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[ 21 ] |
GR 6.12.2017-II: Abschn. 9.2.4.9.1.3. |
[ 22 ] | |
[ 23 ] |
Zu den weiteren, gleichgestellten "Insolvenzereignissen" s. § 165 Abs. 1 SGB III. |
[ 24 ] | |
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[ 26 ] |
BAG, Urteil v. 19.5.2021, 5 AZR 378/20: Bei Elternzeit unmittelbar vor den Schutzfristen sind dies die Monate vor Inanspruchnahme der Elternzeit. |
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[ 34 ] |
EuGH, Urteil v. 30.3.2004, C-147/02, auch für Entgelterhöhungen während des Mutterschutzzeitraums; BAG, Urteil v. 31.7.1996, 5 AZR 9/95, auch für allein mutterschaftsbezogene Entgelterhöhungen (Ortszuschlag); BAG, Urteil v. 6.4.1994, 5 AZR 501/93, auch bei rückwirkender Erhöhung des Arbeitsentgelts für den Referenzzeitraum. |
[ 35 ] |
BAG, Urteil v. 14.12.2011, 5 AZR 439/10, zur Berücksichtigung von Provisionsansprüchen, sobald diese aufgrund der Tätigkeit der Arbeitnehmerin (wenn auch aufschiebend bedingt, § 87a Abs. 1 HGB) dem Grunde nach entstanden sind. |
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S. Umlageverfahren. |
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§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III. |
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[ 48 ] |
GR v. 13.11.2007-I: Abschn: 3.3.1, |
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GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.1.1. |
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BE v. 11./12.9.2012 TOP 1. |
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GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.4.7.1.1. |
[ 55 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.4.7.1.1. |
[ 56 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.4.7.2.1. |
[ 57 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.3.1.1. |
[ 58 ] | |
[ 59 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.4.9.1. |
[ 60 ] | |
[ 61 ] |
§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III. |
[ 62 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.4.9.2. |
[ 63 ] |
Orientierungspapier des BMFSFJ sowie des BMG und BMAS "Mutterschaftsleistungen bei Kurzarbeit". |
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[ 65 ] | |
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[ 67 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.4.3. |
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[ 69 ] | |
[ 70 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.2.4. |
[ 71 ] | |
[ 72 ] |
GR v. 6.12.2017-II i. d. F. v. 11.12.2024: Abschn. 9.2.2.4. |
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