FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.04.2021 - 9 K 9024/20
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich bei Entlassung eines bisher nur teilweise in Deutschland tätigen Arbeitnehmers durch einen deutschen Arbeitgeber: Abfindung. geldwerte Vorteile aus Aktienoptionsprogramm. Bezüge bei Freistellung von der Arbeitsleistung für Zeitraum zwischen Kündigung bzw. einvernehmlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und dessen tatsächlicher Beendigung
Leitsatz (redaktionell)
1. War ein Arbeitnehmer mit Hauptwohnsitz in Frankreich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und bis zu der vom Arbeitgeber veranlassten Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den in Deutschland ansässigen Arbeitgeber teilweise in Deutschland und teilweise in Frankreich sowie in Drittländern tätig, so unterliegen die dem Arbeitnehmer anlässlich der Freisetzung zugesagte Abfindung sowie geldwerte Vorteile aus der früher zugesagten Teilnahme an einem Aktienoptionsprogramm nach Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich in dem Umfang anteilig dem deutschen Besteuerungsrecht, in dem der Arbeitnehmer bis zu seiner Freistellung in Deutschland tätig war.
2. Wird der Arbeitnehmer nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freigestellt und hält er bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter sein laufendes Gehalt, kann für die Bestimmung des Tätigkeitsorts im Sinne des Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich nicht rückblickend darauf abgestellt werden, wo die frühere aktive Tätigkeit, aus der „die Einkünfte herrühren”, ausgeübt wurde. Die geschuldete Arbeitsleistung wird bei Arbeitsfreistellung im Zeitraum zwischen Kündigung bzw. einvernehmlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und dessen tatsächlicher Beendigung im Fall einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur „Passivität” fortlaufend dort erbracht, wo der Arbeitnehmer sich für die Dauer seiner vertraglichen Verpflichtung tatsächlich aufhält (im Streitfall: französisches Besteuerungsrecht bei Aufenthalt des von der Arbeitsleistung freigestellten Arbeitnehmers in Frankreich).
Normenkette
DBA FRA Art. 13 Abs. 1 Sätze 1-2; OECD-MA Art. 15 Abs. 1; EStG § 1 Abs. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1
Tenor
Der Bescheid über Einkommensteuer für 2015 vom 27.4.2017 in Form des Änderungsbescheides vom 8.4.2019 und der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2019 wird mit der Maßgabe geändert, dass die in Deutschland steuerpflichtigen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit um 30.802,50 EUR gemindert werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahren werden dem Kläger zu 91,5 v. H. und dem Beklagten zu 8,5 v. H. auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Der 1954 geborene Kläger und die 1949 geborene Klägerin sind Eheleute. Sie verfügten zwischen 2010 und 2019 über einen inländischen Wohnsitz und wurden vom Beklagten in dieser Zeit als unbeschränkt steuerpflichtig zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihren Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt hatten die Kläger in dieser Zeit in Frankreich.
Die Beteiligten streiten vorliegend darüber, inwieweit bestimmte Einkünfte, die der Kläger im Zusammenhang mit der Beendigung eines in Deutschland eingegangenen Arbeitsverhältnisses im Jahr 2015 (Streitjahr) erzielt hat, nach den Bestimmungen des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik abgeschlossenen „Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern” vom 21. Juli 1959 in der im Streitjahr geltenden Fassung (nachfolgend: „DBA Frankreich”) der inländischen Besteuerung unterliegen.
Der Kläger war seit Mai 2011 bei der in C… (Land Brandenburg) ansässigen D… GmbH im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Seine Tätigkeit übte der Kläger nur zum Teil in Deutschland aus, im Übrigen wurde er in Frankreich oder in Drittländern eingesetzt. Der Beklagte veranlagte die Kläger mit dem Teil der Arbeitseinkünfte des Klägers zur deutschen Einkommensteuer, der der zeitanteiligen Erbringung der Arbeitsleistung in Deutschland entsprach. Den darüber hinausgehenden Teil der Arbeitseinkünfte sah der Beklagte – in Überreinstimmung mit den Klägern – als im Inland steuerfrei an und berücksichtigte ihn lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts.
Zur Ermittlung der auf den Einsatz in Deutschland und im Ausland entfallenden Arbeitszeiten führte der Kläger ein „Travel Diary” (Reisetagebuch). Diese Aufzeichnungen, deren Korrektheit zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht, wiesen für das Kalenderjahr 2012 einen auf das Inland entfallenden Zeitanteil von rund 60,6 % (145 zu 94 Tage), für 2013 einen solchen von rund 53,7 % (124 zu 107 Tage) und für 2014 einen solchen von rund 49,3 % (105 zu 108 Tage) aus. Dem entsprechend behandelte der Beklagte von den Arbeitseinkünften des Klägers im Jahr 2012 (insgesamt: 351.198 EUR) einen Anteil von 213.084 EUR als steuerpflichtig; im Jahr 2013 (insgesamt: 432.124 EUR) betrug der im Inland steuerpflichtige Anteil 231.963 EUR, und im Jahr 2014 unterlag von Gesamteinkünften in Höhe von 495.852 EUR ein Anteil in Höhe von 244.434 EUR der inländischen Besteuerung.
Im November 2014 teilte die D… GmbH dem Kläger mit, dass man sich von ihm trennen wolle. Der Kläger stellte seine Tätigkeit auf Wunsch der Arbeitgeberin zum Ende des Jahres 2014 ein. Zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses schlossen der Kläger und die D… GmbH am 20.01.2015 einen in deutscher und englischer Sprache gefassten Aufhebungsvertrag. Unter Nr. 1 „Beendigung des Anstellungsverhältnisses” wird darin unter anderem Folgendes ausgeführt:
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass das (…) Anstellungsverhältnis (…) auf Veranlassung der Gesellschaft mit Ablauf des 31.03.2015 sein Ende finden wird. (…) [Der Kläger] wird von der Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung mit sofortiger Wirkung bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses freigestellt. Die Freistellung erfolgt zunächst unwiderruflich unter Anrechnung auf etwaige Urlaubsansprüche und offene Zeitguthaben auf dem Arbeitszeitkonto. Im Anschluss (…) bleibt die Freistellung unter dem Vorbehalt eines etwaigen Widerrufs aufrechterhalten. (…) Der Anstellungsvertrag wird im Übrigen von der Freistellung nicht berührt. Insbesondere besteht das vertragliche Wettbewerbsverbot bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses fort.”
Unter Nr. 3 („Abfindung”) des Aufhebungsvertrags heißt es:
„[Der Kläger] erhält für den Verlust des Anstellungsverhältnisses Ziffer 1 dieser Vereinbarung eine einmalige Brutto-Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG i.V.m. §§ 24, 34 EStG in Höhe von 559.616,– EUR (…) Die Abfindungszahlung erfolgt spätestens mit dem letzten regulären Gehaltslauf vor der Beendigung des Anstellungsverhältnisses. (…)”
Nr. 4 („Altersversorgung”) führt Folgendes aus:
„Die [dem Kläger] gemäß Ziffer 7 Abs. 1 des Anstellungsvertrags zugesagten Leistungen auf betriebliche Altersversorgung werden bis zur rechtlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses (…) fortgeführt. Etwaige Ansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge werden von der Erledigungsklausel nicht erfasst.”
In Nr. 5 („E…/ F…”) ist Folgendes geregelt:
„[Dem Kläger] wurde ein Paket von E… und F… zugeteilt, welches entsprechend den Regelungen der jeweiligen Equity Pläne im Februar und März ausübbar wird. Unter Berücksichtigung eines dotierten Aktienkurses von US$ 120,– kann mit diesem Paket ein Gewinn von US$ 173.955,– brutto realisiert werden („Gesamtwert”). (…)”
Nr. 6 („Herausgabe von Firmeneigentum, Passwörter”) des Aufhebungsvertrags sieht unter anderem vor, dass der Kläger berechtigt war, das ihm überlassene Dienstfahrzeug bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses in dem bisherigen vertraglich vereinbarten Umfang zu nutzen. In Nr. 9 des Vertrags hoben die Parteien das im Anstellungsvertrag vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot einvernehmlich auf. Gemäß Nr. 10 des Vertrags war der Kläger schließlich unter anderem verpflichtet, unverzüglich nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung aktiv nach einer neuen Beschäftigung zu suchen.
In der den Kläger betreffenden Gehaltsabrechnung der D… GmbH für den Monat März 2015 wurden folgende Entgeltbestandteile abgerechnet:
Entgelt (Summe Grundentgelt) |
19.292,00 |
Abfindung 1/5-Regelg. |
559.616,00 |
GWV Aktienoptionen |
53.358,46 |
GWV Aktien |
50.970,94 |
GWV Aktien Cash |
675,21 |
PKW-Wert gw. Vorteil |
723,00 |
PKW-KM gw. Vorteil |
412,56 |
PKW pau. AG gw. Vo. |
108,00 |
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtsakten gereichte Abrechnung Bezug genommen. Der Kläger erhielt den in der Abrechnung ausgewiesenen Betrag von 326.022,69 EUR auf sein Konto bei der G… Bank überwiesen.
Die vereinbarte Abfindung in Höhe von 559.616 EUR unterwarf die D… GmbH als Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre einer ermäßigten Lohnsteuer („Fünftel-Regelung”) i. H. v. 235.040 EUR zuzüglich Solidaritätszuschlag. Daneben unterwarf sie gem. dem Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für den Zeitraum Januar bis März 2015 einen Bruttoarbeitslohn i. H. v. 166.287,29 EUR der Lohnsteuer. Ausweislich der Entgeltabrechnung für März 2015 betrug der monatliche Arbeitslohn des Klägers insgesamt 20.535 EUR, bestehend aus dem Grundentgelt i. H. v. 19.292 EUR zuzüglich des geldwerten Vorteils aus der Pkw-Überlassung i. H. v. insgesamt 1.243 EUR.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 teilte der Kläger seine laufenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend den im Vorjahr im In- und Ausland verbrachten Arbeitstagen auf. Die Abfindungszahlung sah er im Inland als steuerfrei an, weil sie erst nach dem Ende der Dienstzeit zugeflossen sei. Als Nachweis dafür, dass die Abfindungszahlung in Frankreich versteuert wurde, reichte er den französischen Steuerbescheid für 2015 nebst dazugehöriger Einkommensteuererklärung ein. Daraus ergibt sich, dass der Kläger in Frankreich Einkommensteuern i. H. v. insgesamt 68.242 EUR gezahlt hatte. Dabei wurde die vom Kläger erklärte Abfindungszahlung i. H. v. 559.616 EUR lediglich i. H. eines Betrags von 228.240 EUR der Steuerberechnung zugrunde gelegt. Die Steuer hierauf betrug 63.844 EUR. Unter Berücksichtigung von weiteren vom Kläger angegebenen Einkünfte i. H. v. 53.221 EUR wurde eine Steuer in Frankreich i. H. v. 68.242 EUR festgesetzt.
Mit Bescheid vom 27.04.2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2015 auf 282.903 EUR fest, wobei er von einem in Deutschland steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn des Klägers i. H. v. 725.903 EUR ausging (559.616 EUR + 166.287 EUR).
Auf den hiergegen eingelegten Einspruch der Kläger erließ der Beklagte am 08.04.2019 einen geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem er die Einkommensteuer auf 130.122 EUR herabsetzte. Den laufenden Arbeitslohn und die Abfindung sah der Beklagte dabei zur Hälfte als in Deutschland steuerpflichtig und im Übrigen als dem Progressionsvorbehalt unterliegend an. Als Aufteilungsmaßstab für in Deutschland und in Frankreich zu versteuernde Einkünfte legte er die Verhältnisse des Kalenderjahrs 2014 zu Grunde. Von den Bruttoeinkünften zog der Beklagte Werbungskosten des Klägers i. H. v. 2.009 EUR ab und gelangte so zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. 360.942 EUR.
Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.12.2019 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, aufgrund des Wohnsitzes der Kläger im Inland seien sie im Streitjahr dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich würden Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Tätigkeitsstaat besteuert. Anders als nach Art. 15 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) sei es nach Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich für die Geltung des Tätigkeitsstaatsprinzips ausreichend, wenn lediglich ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Zahlung durch einen Arbeitgeber gegeben sei.
Zwar wiesen die Kläger zutreffend darauf hin, dass der Bundesfinanzhofs – BFH – zu DBA-Regelungen, die mit Art. 15 Abs. 1 des OECD Musterabkommens (OECD-MA) vergleichbar seien, wiederholt entschieden habe, dass das Arbeitsortsprinzip nicht für Abfindungen gelte, die anlässlich der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt würden. Von Art. 15 Abs. 1 OECD-MA weiche allerdings der Wortlaut des Artikels 13 Abs. 1 DBA Frankreich insoweit ab, als S. 2 ausdrücklich auf die zahlende Person abstelle und für die Zuordnung auf den Ort der persönlichen Tätigkeit verweise „aus der die Einkünfte herrühren”. Danach sei ein lediglich kausaler Zusammenhang (Anlasszusammenhang) zwischen einem Arbeitsverhältnis und der Zahlung durch einen Arbeitgeber ausreichend. Entsprechend der Aufteilung der laufenden Arbeitslöhne nach dem Tätigkeitsort sei deshalb auch die Abfindungszahlung anteilig zwischen dem In- und Ausland aufzuteilen gewesen.
Die Sonderregelung des Artikels 13 Abs. 4 DBA Frankreich komme vorliegend nicht zur Anwendung. Denn auch wenn sich der Kläger im Jahr 2015 weniger als 183 Tage im Inland aufgehalten habe (Art. 13 Abs. 4 Nr. 1 DBA Frankreich), sei die Vergütung von einer deutschen Arbeitgeberin gezahlt worden und nicht von einem oder für einen Arbeitgeber, der nicht im Tätigkeitsstaat (Deutschland) ansässig sei (Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 DBA Frankreich).
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass es sich bei der vermeintlichen „Abfindungszahlung” tatsächlich gar nicht um eine solche handele: Zwar heiße es in Punkt 3 der Aufhebungsvereinbarung, dass die Abfindung „für den Verlust des Anstellungsverhältnisses” gezahlt werde. Angesichts der kurzen Dauer des Arbeitsverhältnisses von etwas über 3,5 Jahren und des Alters des Klägers sei es aber eindeutig, dass die Zahlung tatsächlich nicht als Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern zur Überbrückung des etwa vierjährigen Zeitraums bis zum Beginn der Rentenzahlung gedacht gewesen sei. Die Abfindung habe insoweit einem Jahresbruttogehalt von knapp 140.000 EUR entsprochen.
Nach neuerer Rechtsprechung des BFH komme in Art. 13 Abs. 1 des DBA Frankreich dem Relativsatz „aus der die Einkünfte herrühren” keine Bedeutung zu (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 16.01.2019, I R 66/17). Unzutreffend unterstelle der Beklagte das Vorliegen eines „Wegzugsfalls” bei dem der doppelte Inlandsbezug (§§ 8, 9 Abgabenordnung) aufgegeben werde. Er, der Kläger, sei nicht aus Deutschland weggezogen.
Abgesehen davon sei zum Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung, die mit Gehaltsabrechnung vom März 2015 ausgezahlt worden sei, Frankreich sowohl Ansässigkeits- als auch Tätigkeitsstaat gewesen. Der Kläger habe sich bis zum Vertragsende (31. März 2015) noch zur Verfügung seines Arbeitgebers halten müssen. Anhand seiner im Klageverfahren eingereichten Kreditkartenabrechnungen sei erkennbar, dass der Kläger sich von Januar bis März 2015 in Frankreich aufgehalten habe.
Auch wenn die Tätigkeit des Klägers bis Ende 2014 gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich zeitanteilig dem inländischen Besteuerungsrecht unterlegen habe, sei die Abfindung erst im Jahr 2015 zugeflossen. Es sei nicht sachgerecht, eine Aufteilung der Besteuerung gemäß den Verhältnissen der letzten Kalenderjahre der aktiven Beschäftigung heranzuziehen, wenn es möglich sei, diese dem konkreten Veranlagungszeitraum zuzuordnen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehöre die Entgeltzahlung bei einer Arbeitsfreistellung zum laufenden Arbeitseinkommen und der Arbeitsort bestimme sich danach, wo sich der Arbeitnehmer tatsächlich während der Freistellung aufhalte.
Dementsprechend habe er, der Kläger, die Einkünfte aus der Abfindung in seiner französischen Steuererklärung angegeben. Der daraufhin ergangene Steuerbescheid sei mit Ablauf des Jahres 2019 bestandskräftig geworden.
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 27.04.2017 in Form des Änderungsbescheides vom 08.04.2019 und der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2019 aufzuheben
sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, der dem Urteil des BFH vom 16.01.2019 (I R 66/17) zugrundeliegende Sachverhalt sei mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Da der Kläger seit dem 01.01.2015 bis zur Beendigung seines Anstellungsverhältnisses von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt gewesen sei, sei es vielmehr sachgerecht, für die Bestimmung des Tätigkeitsstaats die Grundsätze der BFH-Entscheidungen vom 12.01.2011 (I R 49/10) und vom 24.07.2013 (I R 8/13) heranzuziehen.
Dem Vorbringen des Klägers, dass die Abfindung Versorgungscharakter gehabt habe, widersprächen der Wortlaut der Aufhebungsvereinbarung sowie die darin geregelte Aufhebung des Wettbewerbsverbots und die Beibehaltung der erworbenen Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung.
Der Senat nimmt wegen der Einzelheiten auf die von den Klägern zur Gerichtsakte gereichte Aufstellung über den Kreditkarteneinsatz in den Monaten Januar bis März 2015 (Bl. 54 d.A.) sowie die diesen Zeitraum betreffenden Kontoauszüge (Bl. 58 bis 71 d.A., Bl. 138 bis 140 d.A.) Bezug.